Die klassische Erklärung warum Bücher immer besser sind als die Filme, ist der Umstand, dass wir die Lücken in einer Geschichte mit unserer Phantasie ausfüllen. Ein Buch ohne jede Illustration erzwingt also, dass wir uns die Bilder der Figuren selber ausmalen und ist damit immer uns näher als ein Film der Dinge auf eine spezifische Weise darstellt.

Natürlich ist das wahr, aber was, wenn man das Buch liest nachdem man den Film gesehen hat?

In so einem Fall ist zumindest eine Beeinflussung mehr als Wahrscheinlich. Bilder des Films ziehen sich wie ein Echo durch das Buch. Warum sind die Bücher dann trotzdem fast immer besser? Ist da mehr dran?

Die Antwort ist vermutlich ja und etwas das wir früher mit „Seele“ beschreiben hätten. Die Idee war, dass in Meisterwerken ein Stück der Seele des Meisters eingeflossen ist. Ein Meisterwerk kann also nur ein Meisterwerk sein, wenn man ein Stück seines reinsten selbst einbringt und mit dem Ding verbindet.

Diese romantische Erklärung ist attraktiv aber befriedigt nicht die Neugier von Menschen die sich mit Begriffen wie „Seele“ nicht zufrieden geben sondern etwas handfesteres haben wollen. Also beschwören wir die Ökonomie und Mathematik um die Thematik kalt, seelen- und gefühlslos zu analysieren.

Ein Buch zu produzieren ist einfach, alles was es kostet ist Zeit. Jeder der möchte kann sich hinsetzen und ein Buch schreiben. Ein Buch zu schreiben kommt also mit Aufwand aber ohne jedes Risiko, sofern man es aus Leidenschaft macht und nicht, weil man es verkaufen möchte.

So ein Buch ist dann eben der Schnittpunkt aus dem was man will und aus dem was man produzieren kann. Schreibt man ohne Gewinnmotiv sondern, mehr oder weniger nur für sich um eine Welt zu schaffen die man sich erträumt hat, ist das Buch zwangsläufig kompromisslos eine Spiegelung der eigenen Leidenschaften und das beschreibt der Romantiker eben mit „Seele“.

Wirtschaftlicher ausgedrückt ist es ein Produkt das nicht für die breite Masse geschaffen wurde, sondern in einer extrem engen Nische existiert (zb: für den Autor selber).

Frank Herberts Dune etwa wurde von großen Verlagshäusern aus genau dem Grund zurückgewiesen, es sei zu spezifisch, zu dicht, zu komplex. Aber genau das machte das Buch zum Klassiker. Hätte Herbert versucht für den Markt zu schreiben, hätte er Dune nicht erschaffen.

Einen Film zu machen kommt, im Gegensatz zum Buch, mit erheblichen Kosten und damit mit Risiko verbunden. Das Ziel eines Films ist es Kinos zu füllen und um das zu erreichen muss man Kompromisse eingehen. Die Ironie an der Sache ist, dass diese Binsenweisheit eventuell nicht stimmt.

Star Trek 1 etwa versuchte stärker eine breitere Menschenmasse anzusprechen und versagte auf ganzer Linie, Star Trek 2 hingegen war sehr spezifisch Star Trek und damit mehr Nische als sein Vorgänger und wurde zum Klassiker, praktisch jeder kennt Kirks verzerrtes Gesicht, wenn er „Khaaaaah“ schreit.

Die Ironie ist also, dass Dinge interessanter sind die ein gewisses Riskio eingehen und nicht versuchen so viele Menschen wie möglich anzusprechen. Dinge die für jeden sind, sind für keinen interessant. Eine Mischung aus Winnie the Pooh, Bridget Jones Diary, 50 Shades of Grey, 2001 a Space Odyssey und Nightmare on Elm Street wäre kein Film für alle, sondern ein Film für keinen.

Bücher können sehr einfach so sein und die guten Bücher sind so.

Lord oft he Rings ist kein Buch das toll ist, weil es jeden anspricht, sondern weil es eine Universalität in seiner Geschichte hat auf die jeder reagieren kann, wenn er sich darauf einlässt.

Die Trilogie von Jackson setzt diese Universalität gut um aber eben nicht so gut wie das Buch, die Hobbitfilme hingegen versuchen Breitenwirksam zu sein und schneiden schlechter ab, Amazons Ringe der Macht versuchen rezente Politik einzuweben (und es jedem recht zu machen, "für alle zu sein" ) und produzierten so ein künstlerisches wie finanzielles Desaster.

Jacksons Filme hatten Seele, Ringe der Macht nicht, würde der Künstler sagen. Nüchtern betrachtet war Jacksons Version schlicht kompromissloser bereit in der Nische zu bleiben anstatt etwas zu werden das größer ist als es sein soll. Diese kompromisslose Bereitschaft zu sein was man ist machte die Trilogie zu einem modernen Klassiker. Amazons Serie hingegen ist an allen Ecken und Enden kompromittiert mit Kompromissen und daher völlig uninteressant.

Kunst ist also am besten, wenn sie sich nicht nach dem Markt richtet.

Das bedeutet aber auch dass Kunst die sich nach einem Förderapparat richtet (denn auch das ist ein Markt) zwangsläufig genauso wertlos ist. Künstler verfallen bei dieser Aussage üblicherweise in Schnappatmung und meinen, dass die Sicherheit der Kunstförderung einem Künstler ermöglicht echte Kunst zu schaffen die eben vom Markt unabhängig ist.

Kunstförderung wäre gut für die Kunst sagen sie.

Ich widerspreche dem. Energisch.

Tatsächlich entstanden die Klassiker die die Gesellschaft wirklich beeinflussten in der Freizeit neben dem Brotjob des Autors als ein Produkt seiner Leidenschaft oder haben zumindest ihre Wurzeln in besagter Leidenschaft. Keine staatlich finanzierte ORF Produktion schuf einen echten Klassiker.

Echte Kunstwerke existieren nicht um zu gefallen, sondern um ihrer selbst wegen und haben deswegen ihren eigenen Charakter und ihre eigene Seele. Und auf jedes Kunstwerk kommen eine Million Dinge die um ihretwegen existieren aber keinem gefallen. Viele davon wurden mit Steuergeld finanziert.

Was uns diese Meisterwerke sagen ist emergent, es entsteht aus dem Kontext und dem Sein selber und deswegen ist es profund. Im Gegensatz dazu ist ein Werk dessen Fundament das Ziel Geld zu verdienen ist (egal ob das eine Förderung oder Verkaufszahlen bedeutet) oder das verbreiten einer Message ist immer irgendwie leer und unattraktiv.

Bücher sind also besser als Filme weil sie ohne Risiko produziert werden können, Blockbuster die hunderte Millionen kosten hingegen müssen „sicher“ sein und je sicherer und breitenwirksamer man versucht sie zu machen, desto uninteressanter werden sie.

Die Kunst ist am besten wenn sie frei. Kunstförderung ist hierbei nichts das die Kunst frei macht, im Gegenteil: es ist eine Fessel die der echte Künstler verachtet und dem nur die möchtegern Künstler nachjagen.

Wenn Europa wieder relevante Kunst produzieren möchte (was es seit Jahrzehnten nicht tut) müssen wir die staatlichen Förderungen beenden und aufhören so zu tun als ob das geförderte Zeug irgendeinen Wert hätte.

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Aron Sperber

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