In jeder fünften Debatte stolpern wir über die Ansicht dass das die Wurzel des Problems (über das wir gerade sprechen) im Mitläufertum zu finden ist. Es gilt hierbei aber einige Dinge klar zu stellen.

Will man Menschen, in Bezug auf „führen und folgen“, grob in drei Kategorien einteilen dann gibt es jene die Führen, jene die folgen und jene die weder das eine noch das andere tun.

Nimmt man eine Gruppe von Menschen und setzt sie in einen Raum und gibt ihnen dann eine Aufgabe wird irgendwer aufstehen und sagen „ok, wir machen es so und so“.

Die führende Gruppe wird planen, Strategien entwickeln, administrieren und Micro managen.

Die zweite Gruppe wird (mehr oder weniger) warten bis jemand ihnen sagt was sie tun sollen und es dann tun und die dritte Gruppe wird sich nicht aktiv am Projekt beteiligen, oder eben nur so wenig wie möglich.

Die erste Gruppe ist nützlich weil sie koordiniert, die zweite weil sie tut und die dritte weil sie nicht im System ist und das Ganze von außen betrachten und kritisieren kann.

Üblicherweise umfasst die führende Gruppe etwa 1/6 der Personen. 2/3 tun brav was man ihnen sagt und das verbleibende 1/6 läuft, mehr oder weniger, unbeteiligt nebenher, jammernd und/oder kritisierend.

Nimmt man jetzt aber eine dieser Untergruppen und setzt sie in einen anderen Raum bleiben sie nicht was sie gerade waren.

Nimmt man etwa all die Führenden und gibt ihnen eine Aufgabe werden 2/3 von ihnen sofort zu braven Arbeitern. Jeder der schon einmal in einer Managementschulung war wird das kennen: knallharte Alphatiere werden rasch zu braven Betas wenn da jemand ist der noch besser kommandiert.

Die Gesellschaft braucht diese 2/3 Mitläufer. Eine Gesellschaft aus 100% Anführern könnte nicht funktionieren. Die Idee Menschen in Alphas, Betas und Omegas einzuteilen ist aber irreführend.

Wir werden nicht als Mitläufer geboren und verbringen unser Leben dann mit dem braven Ausführen von Tätigkeiten. Es ist viel mehr so dass jeder von uns jede dieser Funktionen erfüllen kann und wird.

Wir führen wenn wir müssen, wir gehen mit dem Strom wenn es nötig ist und wir nehmen uns aus der Sache wenn es die Situation eben zulässt.

Jeder ist ab und an Anführer, oftmals Mitläufer und gelegentlich der Wunderling der nicht mitmacht.

Menschen haben aber unterschiedliche Schwellen ab wann sie quasi „umschalten“. Menschen übernehmen Führungspositionen aus unterschiedlichen Gründen. Manche wollen führen, die nehmen die Gelegenheit rasch an. Wenn jemand aber ungern führt wird er die Zügel erst in die Hand nehmen wenn er das Gefühl hat dass die Alternative wäre schlecht geführt zu werden. In anderen Worten: erst wenn er die (potentielle) Führung als unfähiger als sich selber einschätzt wird er nach der Macht greifen.

Das führt dazu dass manche Menschen nicht nur im Job führen sondern auch ulkige Titel im Verein tragen und andere fast nie Macht haben. Das liegt nicht daran dass sie nicht die Möglichkeit hätten nach der Macht zu greifen sondern sie im Grunde kein Veranlagung zum führen haben.

Das Problem ist dass dieser Mechanismus nicht sonderlich komplex ist und Menschen schon vor Jahrtausenden herausgefunden haben wie man diese, an und für sich nützliche Eigenheit des Menschen in Gruppen zu funktionieren, manipulieren kann.

Will man die Masse manipulieren muss man ihnen das Gefühl gaben dass man ihre Probleme besser lösen kann als sie selber. Hierzu untergräbt man ihr eigenes Selbstvertrauen und stellt sich selber eindrucksvoll dar. Tut man das geschickt, lässt sich die Masse vor den eigenen Karren spannen und trabt dorthin wo man sie haben will und sagt auch noch danke.

Dieses geschickte Manipulieren der Massen ist das wahre Problem. Wenn man Menschenmassen mittels eines Stückes Papier davon überzeugen kann das Gegenteil von dem zu sagen (und evtl sogar zu glauben) was sie vorgestern geglaubt haben, hat man gefährliche Macht.

Menschen sind aber so und werden so bleiben.

Das Mitläufertum ist nicht zu überwinden, wir müssen lernen damit zu leben. Wer das Mitläufertum verachtet hat im Grunde nur zwei Möglichkeiten: man beginnt selber nach der Macht zu greifen oder aber man geht in die andere Richtung und wird Einsiedler am dritten Hügel hinter dem großen Baum.

Wer beides nicht tun möchte dem bleibt nur zu akzeptieren dass die letzte verbleibende Alternative eben ist selber in den Marsch mit einzusteigen und brav mitzumarschieren.

Nichtlustig nichtlustig.de

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