Wenn wir etwas tun dann hat das Folgen. Oftmals tun wir gute Dinge aber auch diese haben schlechte Folgen. Aber wo beginnt und wo endet unsere Verantwortung?

Wenn ich im Supermarkt zufällig ein Päckchen Brot kaufe und die Dame hinter mir deswegen zu dem Päckchen dahinter greift das zufällig mit irgendeinem Schadstoff konterminiert ist der dann in weiterer Folge ihren schwerkranken Sohn umbringt, trage ich dann einen Teil der Verantwortung?

Wie steht es mit Husten in der U-Bahn mit dem man jemanden ansteckt, der jemanden ansteckt, der jemanden ansteckt der dann am Husten stirbt?

Was ist, wenn ich Geld an ein Waisenhaus in der dritten Welt spende welche einem Jungen das Überleben sichert der dann der nächste Idi Amin wird. Trage ich dann Verantwortung?

Wie steht es mit Investments in EFTs? Wenn ich Geld dort anlege und die Investitionsbude woke Politik in die Industrie presst, habe ich dann eine Teilschuld daran, dass die Marvelfilme jetzt alle Mist sind?

Die Antwort ist immer ja und nein.

Das Problem ist, dass kleinste Änderungen gewaltige Auswirkungen haben können. Im Film „Lola rennt“ von 1998 demonstriert ironischerweise den Schmetterlingseffekt besser als der Film „The Butterfly Effekt“ von 2004: eine winzige Änderung in der Startsituation führt zu dramatischen Unterschieden im Ausgang.

Aber wer trägt die Verantwortung und wie lang?

Wenn ich einen Stein im Wald umdrehe dann beeinflusst diese Handlung das Universum bis ans Ende seiner Existenz und neben den Trilliarden unbedeutenden Dingen, die damit verändert werden, sind auch einige recht bedeutsame dabei.

Der Grund warum die Frage praktisch relevant ist, ist der kulturelle Shift den wir in den letzten hundert Jahren vollzogen haben. Früher wurde dieser ganze Themenkomplex in das Reich der Götter verschoben. Was später passiert sei eben Schicksal oder dergleichen. Der Konsens in den meisten Kulturen ist, dass man Verantwortung für unmittelbare Dinge hat, aber sobald ein wenig Gras über die Sache gewachsen ist, ist es die Verantwortung von übernatürlichen Kräften.

Da sich unsere Kultur von der Übernatürlichkeit verabschiedet hat drängt sich plötzlich die Frage nach Verantwortung leider auf. Wenn der Schmetterling schuld am Sturm ist, dann muss man aufpassen was der Schmetterling tut, denn wenn man das nicht tut sterben ja Menschen. Und das will ja keiner.

Das Problem ist, dass wir keine Maschine haben die uns sagt welche Handlung zu welchen Folgen führen wird. Wir können unsere Handlungen nicht im Bezug auf die Zukunft optimieren und selbst wenn wir es könnten: was würden wir optimieren? Die nächsten 10 Jahre, 100 Jahre, 1 Million Jahre? Nach welcher Metrik? Optimieren wir Biomasse, Lebensqualität, Lebensqualität der Menschen oder optimieren wir die Anzahl von lila Steinen im Universum?

Die Frage wo unsere Verantwortung beginnt und endet wirkt trivial und unwichtig, faktisch treibt sie aktuell die ganze Politik.

Jede bedeutende Frage dreht sich um abstrakte Verantwortung von Klima über Entwicklungshilfe bis hin zur gendergerechten Sprache. Der Grund warum diese Frage an allen Ecken und Enden auftaucht ist, dass wir sie schlicht nicht beantworten können, weil die Frage in sich nicht zu beantworten ist. Jede Änderung beeinflusst das Universum bis in die Unendlichkeit und daher am Ende das quasi das ganze beobachtbare Universum.

Es gilt daher in Betracht zu ziehen, dass die Nichtlösung unserer Vorfahren eventuell besser war. Eventuell ist es klüger sich über Nachwirkungen von Handlungen immer weniger Gedanken zu machen je weiter sie weg sind und nachdem das Problem um die zweite oder dritte Ecke gegangen ist einfach so zu tun als hätte man damit nichts zu tun. Faktisch ist das falsch aber praktisch ist es richtig.

Die Verantwortungsdebatte ist ironischerweise keine rationale Frage, sondern eine fast schon spirituelle. Einer Welt in der der Mensch das Wesen ist das das Schicksal der Welt lenkt hat der Mensch alle Verantwortung für alles und für immer. Das Problem ist, dass wir schlicht nicht fähig sind mit dieser Verantwortung umzugehen oder sie gar zu erfassen.

Die Verantwortungsdebatte lähmt uns als Gesellschaft. Und diese Lähmung wird zum Problem wenn plötzlich echte Probleme auftauchen. Entsprechend muss sie beendet werden und wenn die Lösung nicht möglich ist, muss man mit dem Problem anders umgehen.

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