In irgendeinem Buch der politischen Kommunikation ist der Satz sicher festgeschrieben, denn Polit-Berater zitieren ihn immer gerne: Die Botschaft muss mindestens drei Mal wiederholt werden bis sie die Zuhörer/Zuseher auch erreicht – bei jedem öffentlichen Auftritt wohlgemerkt!

Gemessen an dieser Regel müssen wir Österreicher ein Volk von Schwerhörigen oder geistig minderbemittelten sein, politisch korrekt auch als „geistig herausgefordert“ bekannt. Seit Monaten verwenden Vertreter von Regierung und Opposition – dieseits und jenseits des „Zauns“, knapp unter der Obergrenze oder am Richtwert vorbei – im Zusammenhang mit der Asylkrise die immer gleichen Worte; erheben die immer gleichen Forderungen und stellen die immer gleichen „Lösungen“ in Aussicht, von denen sie wissen, dass sie so simpel dargestellt gar keine sein können.

In Österreich selbst nehme man nur den Satz von der „gerechten Aufteilung der Flüchtlinge“ in den Gemeinden her – mit oder ohne Durchgriffsrecht des Bundes. Und noch immer gibt es Gemeinden ohne Quartiere; noch immer stehen Bundesgebäude leer, wie es erst dieser Tage in Kärnten beklagt wurde. Noch immer wird von privaten Quartieren berichtet, in denen überzogene bürokratische Auflagen die Aufnahme von Flüchtlingen behindern, ganz so als wäre die Bereitstellung von Unterbringungsmöglichkeiten gar nicht erwünscht. Wozu also dann die endlose Wiederholung der immer gleichen Aussagen?

Oder auf europäischer Ebene: Nicht drei Mal, hundert Mal wurde der Satz von der „europäischen Lösung“ in Wort und Ton verbreitet. Ebenso oft jener „Griechenland muss die EU-Außengrenze schützen“, seine „Hausaufgaben“ machen, Hotspots müssen errichtet werden. Nun, es ist möglich, dass diese akustische Endlosschleife an wortidenten Forderderungen weder bis Brüssel noch Athen reicht, aber wozu dann dieses Repetieren?

Das Ganze erinnert sehr stark an einen Spruch des US-amerikanischen Kabarettisten Tom Lehrer aus einem seiner Programme vor vielen Jahren: „I think if people can’t communicate the very least they can do is to shut up.“ Ich denke, wenn die Leute nicht miteinander kommunizieren können, könnten sie wenigstens den Mund halten.

Gewiss, damit lässt sich nicht Politik machen, aber für wie begriffstützig werden wir denn gehalten, dass die immer gleichen Botschaften mit den immer selben Worten fast täglich ausgesendet werden? Wir haben verstanden – Verteilung der Asylberechtigten und Asylwerber im ganzen Land, europäische Lösung, Griechenland und so weiter.

Ganz konkret wäre es konstruktiver und zeiteffizienter, Mitglieder der Regierung würden in die europäischen Hauptstädte ausschwärmen, um dort ihre Gegenüber direkt davon zu überzeugen, dass die europäische Solidarität, die sie für sich eingefordert haben und einfordern, gelebt werden muss. Denn eines fällt jetzt auch schon jenen Österreichern auf, die den Kopf bereits voll mit Asyl-Stehsätzen haben: Wir sind Zeugen einer europäischen Krise und einer Existenzkrise der EU, aber die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten tut so, als ginge sie das alles nichts an? Sie vom Gegenteil zu überzeugen, wäre Aufgabe der Diplomatie. Vielleicht sollte Außenminister Sebastian Kurz seinen Blick weniger auf die nächste TV-Kamera und das nächste Mikrofon und mehr auf seine Gegenüber in den Hauptstädten – in der Zeit zwischen den ohnehin nicht häufigen EU-Gipfeln zur Flüchtlingskrise - richten.

Dann hätte er mehr zu bieten als auch nur die ewig gleichen Worte. Dann würden die Österreicher wieder hellhörig werden.

shutterstock/Istvan Csak

5
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Da Z

Da Z bewertete diesen Eintrag 31.01.2016 11:21:01

Andreas Dolezal

Andreas Dolezal bewertete diesen Eintrag 29.01.2016 22:33:31

Achim Zahaby

Achim Zahaby bewertete diesen Eintrag 29.01.2016 21:50:52

wolfgangsafrika

wolfgangsafrika bewertete diesen Eintrag 29.01.2016 11:57:52

hpummer

hpummer bewertete diesen Eintrag 29.01.2016 04:40:43

8 Kommentare

Mehr von Anneliese Rohrer