Die Idee zu diesem Blogpost habe ich schon seit ein paar Jahren, seit mir im Italienurlaub auf einer Fähre einmal dieses Schild ins Auge sprang: „Mann über Bord“, darauf Anweisungen, was in so einem Fall zu tun sei. Ob denn wohl Frauen nie über Bord fallen, fragte ich mich, halb im Scherz. Natürlich fallen sie. Aber dann ruft man eben auch „Mann über Bord“. Frauen sind mitgemeint.

Und mal im Ernst: Wenn ein Mensch von einem Schiff ins Wasser fällt, dann wäre es doch wirklich albern, zu rufen: „Mann oder Frau über Bord.“ Feminismus gut und schön, aber hier geht es um Leben und Tod!

Neuerdings wird ja gerne behauptet, Feministinnen würden sexuelle Gewalt verschweigen, die von Flüchtlingen und Migranten ausgeht, und zwar aus „Political Correctness“, weil sie naiv sind und von linken Ideologien verblendet. Aber ich glaube nicht, dass das der Grund ist. Sondern Frauen sind es eben seit langem gewohnt, ihre Belange nicht ganz so wichtig zu nehmen. Nur auf ihrem Recht zu bestehen, wenn gerade ein wirklich guter Zeitpunkt dafür ist. Und zu schweigen, es runterzuschlucken, wenn nicht.

„Hast du denn keine wichtigeren Probleme?“ Diese Frage, hat wohl jede Feministin schon einmal zu hören bekommen; sie wird standardmäßig vorgebracht, sobald man sich einem Thema widmet, das nicht grade der allergrößte offensichtliche Skandal ist. Zurzeit läuft im Kino der Film „Suffragetten“ über den Kampf englischer Feministinnen für das allgemeine Wahlrecht. Was darin nicht gezeigt wird: 1914, als England in den Krieg zog, haben die Suffragetten mit ihrem Kampf aufgehört – selbstverständlich! Die Nation ist schließlich wichtiger als das Wahlrecht der Frauen!

Geschlechterfragen, so sind wir es halt gewohnt, sind Luxusfragen. Kapazitäten für „Frauenbelange“ werden eingerichtet, wenn genug Geld da ist, aber sobald es dann Sparrunden gibt, fallen sie ihnen verlässlich als erstes zum Opfer. Und diese Maxime – dass Geschlechterfragen Luxusfragen sind, die hinten anzustehen haben, wenn es „Wichtigeres“ gibt – haben alle im Kopf, auch die Frauen selber, also auch zum Beispiel ehrenamtliche Flüchtlingshelferinnen: Schließlich ist die Versorgung so vieler Neuankömmlinge eine Mammutaufgabe. Darf man die Sache noch komplizierter machen, indem man auch noch Frauengedöns mit ins Spiel bringt?

Es sind Feministinnen, die hier schon immer klar mit „Ja“ antworten. Und die das auch weiterhin tun. Während beim deutschen „Asylpaket II“ die Belange von Frauen schon wieder hinten runterfallen.

Die Frage nach dem Verhältnis der Geschlechter ist zentral, sie ist keine Nebensächlichkeit, niemals. Sie gehört immer diskutiert, wenn es konkret wird: Nicht mit abgehobenen Leitartikeln, die darüber spekulieren, ob männliche Flüchtlinge schlimmer sind als männliche Einheimische und wie viel schlimmer genau gegebenenfalls. Sondern mit Diskussionen überall da, wo es notwendig ist: In einem konkreten Fall, in einer jeweiligen Situation, mit denen, die jeweils daran beteiligt sind.

In Flüchtlingsunterkünften gilt selbstverständlich genau dasselbe wie in Büros oder Schulen oder Aufsichtsräten oder bei Oktoberfesten: Die Belange von Frauen zählen, #ausnahmslos. Und niemand soll uns einreden – weder hier noch da – es gäbe doch nun wirklich Wichtigeres.

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Livia

Livia bewertete diesen Eintrag 21.02.2016 14:43:57

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