Scheinheiligkeit hoch zehn: Zum Umgang mit Gina Lisa Lohfink

Da ich die vergangenen Tage nicht zum Bloggen und auch kaum zum Lesen kam, hab ich grad mal geschaut, wie auf Fisch und Fleisch wohl über den skandalösen Umgang mit Gina Lisa Lohfink diskutiert wird – und stelle mit Erstaunen fest: Gar nicht!

Dabei schreiben hier doch so viele Menschen, die angeblich sehr sensibel für die Freiheit der Frauen sind und sich engagiert um den Schutz von Frauen vor sexualisierter Gewalt bemühen. Ich erinner mich noch an die Debatten nach einer Vergewaltigung am Praterstern - da gab es hier gefühlt Zillionen entrüstete Artikel, die das Thema von allen Seiten bearbeiteten und sich vor allem in einem einig waren: dass die Täter allerstrengenstens bestraft werden müssen!

Dass Frauen sexualisierte Gewalt erleben müssen, dass sie vergewaltigt werden, dass ihr „Nein“ nichts zählt, ist ein Skandal. Immer, überall und ausnahmslos. Und ein noch größerer Skandal ist es, wenn sie versuchen, sich zu wehren, wenn sie die Täter anzeigen, wenn sie um Hilfe bitten – und niemand ihnen zuhört, niemand ihnen glaubt, ja wenn sie sogar auch noch selber beschuldigt, angegriffen und durch den Dreck gezogen werden.

Und genau das ist Gina Lisa Lohfink passiert. Dabei ist ihr Fall – was sehr ungewöhnlich für diese Art von Verbrechen ist – sogar auf Film dokumentiert. Die Männer, um die es hier geht, haben nämlich ein Video gedreht und es ohne ihr Einverständnis ins Netz gestellt. Darauf ist, so die übereinstimmende Aussage derer, die es sich angesehen haben (ich selber habe mir das nicht angetan), mehrfach deutlich zu hören, wie Lohfink „Hör auf“ sagt.

Sie selbst kann sich an die Nacht nicht mehr erinnern, sie hatte einen „Filmriss“ und vermutet, dass sie mit K.O.-Tropfen betäubt wurde. Als sie dann später aber das Video sah, tat sie genau das, was wir doch eigentlich allen raten sollten, die Opfer von Verbrechen werden: Sie ging zur Polizei. Doch das Gericht sprach die beiden frei, trotz Videobeweis, ja, es kam sogar noch schlimmer: Gina Lisa Lohfink wurde sogar selbst angeklagt, wegen Falschbeschuldigung!

Wie kann das sein? Ganz einfach: Gina Lisa Lohfink ist die falsche Frau. Sie ist Model, feiert gerne Parties, hat blondierte Haare und einen großen Busen. Auch im Jahr 2016 sind offenbar viele der Ansicht, dass „so jemand“ gar nicht vergewaltigt werden kann – sie macht so was doch gerne!

Besonders grauenhaft in dem Zusammenhang sind die vielen Medienberichte, die jedes Einfühlungsvermögen und jeden Respekt vor dem Opfer vermissen lassen: Sie schreiben über das „Sex-Video“, über Lohfinks Haare, ihren Körper, ihre Vergangenheit. Was hat das bitte schön alles mit irgendwas zu tun?

Jedenfalls wird an diesem Fall deutlich, dass die ganzen angeblich so besorgten Männer, die nach den Übergriffen der Kölner Silvesternacht plötzlich ihre Leidenschaft für die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen entdeckt haben, sich in Wirklichkeit einen feuchten Kehricht für das Problem an sich interessieren. Sie haben das Thema nur benutzt, um gegen Fremde, Ausländer, Flüchtlinge zu hetzen. Ihre Stummheit im Fall von Gina Lisa Lohfink spricht Bände.

Und so sind es wieder einmal die Feministinnen, die den Fall skandalisieren. Nachlesen könnt Ihr das zum Beispiel hier oder hier oder hier. Unter dem Hashtag #TeamGinaLisa rufen sie außerdem auf zu Unterstützungsaktionen am 27. Juni auf, wenn der „Fall“ vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin weiter verhandelt wird. Denn wie Gina Lisa Lohfink behandelt wird, das geht uns alle was an.

Youtube Screenshot / Promiflash https://www.youtube.com/watch?v=nhc09MFlA04

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