Blickdichte Politik?

Der Vorwurf ist nicht neu. Einflussreiche europäische Unternehmen versuchen in Brüssel eine wichtige Beratungsgruppe zur Industriepolitik zu kontrollieren. Konkret geht es dieses Mal um das Europäische Wissenschafts- und Technologienetzwerk zur unkonventionellen Kohlenwasserstoffgewinnung, auch als Fracking bekannt.

Das Netzwerk soll bestehende Frackingprojekte bewerten. Statt eines objektiven Wissenschaftsdienstes sei dieses Netzwerk aber die „kommissionsinterne Schiefergaslobby für die Energiestrategie der EU. Das Hauptziel sei die Förderung und der Ausbau des umstrittenen Frackings in Europa", kritisiert Friends of the Earth. Die Nichtregierungsorganisation verließ das Gremium bereits.

Anschuldigungen, die der Fracking-Verband Shale Gas Europe und die EU-Kommission zurückweisen. Die Kommission bedauert den Rückzug von Friends of the Earth, "die Teilnahme der Zivilgesellschaft an diesem Netzwerk" sei „ entscheidend, um einen ausgeglichenen Meinungsaustausch sicherzustellen. Die Industrie liefere standortspezifische technische Daten und Umweltdaten."

Friends of the Earth Europe und die Anti-Lobbying-Gruppe Corporate Europe Observatory veröffentlichen nun Zug um Zug Details: Nur  14 der 74 Mitglieder würden für die Kommission arbeiten. Von den übrigen 60 vertreten mehr als 70 Prozent die Frackingindustrie oder haben finanzielle Verbindungen zu ihr. Weniger als zehn Prozent vertreten die Zivilgesellschaft. Die Vorsitzenden arbeiten entweder für die Frackingindustrie, sind von Regierungen, die Fracking befürworten oder von industriefreundlichen Institutionen. Fracking-Giganten wie Cuadrilla, ConocoPhillips, Shell, Total, ExxonMobil und GDF Suez sind in der Gruppe vertreten

Das Unbehagen sitzt tief. Denn die EU-Kommission beaufsichtigt Hunderte dieser Beratungsgruppen. Mächtige Lobbyinggruppen gehen bei der EU-Kommission und beim EU-Parlament ein und aus. Doch robuste Regeln fehlen. Es ist erst drei Jahre her, als der maltesische Gesundheitskommissar John Dallli über angebliche Bestechungsgelder der Tabakindustrie gestolpert ist. Der Beweis wurde nie erbracht, die Optik bleibt schief.

Korruption, blickdichte Politik? - gemessen an internationalen Lobbystandards schaut es da für die EU nicht gut aus, meint Transparency International. Für einen Bericht hat das Anti-Korruptionsnetzwerk 19 europäische Länder und drei EU-Institutionen untersucht: Resultat nur 31 von 100 möglichen Punkten. Die Kommission selbst erreichte 53, der Rat nur 19, das Europaparlament 37 Punkte.

Europas Gesetzgebung sollte sich besser nicht hinter einem blickdichten Zaun verstecken, stattdessen lieber einen Blick mehr riskieren.

4
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
5 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Bernhard Juranek

Bernhard Juranek bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:06

Herbert Erregger

Herbert Erregger bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:06

Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:06

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:06

1 Kommentare

Mehr von Barbara Herbst