Blog-Bild: "LightInRoom"

Wie ist das so, wenn ich irgendwo neu hinkomme? Ich betrete den Raum, sehe mich kurz um, sondiere ein wenig die Lage und suche mir einen passenden Platz. Dann warte ich gespannt ab, welche Menschen sich noch hinzu gesellen. Die Aufgabe in diesem Raum ist grob vorgegeben: Blog schreiben. Gut. Ich habe zu diesem Zeitpunkt in dieser Hinsicht schon einige Versuche hinter mich gebracht. Geschrieben habe ich schon Zeit meines Lebens. Viele Jahre ganz persönlich für mich, und dann ein paar Jahre auch für den www-Raum. Wer oder wie viele Menschen diese Geschichten gelesen haben, blieb mir mehr oder weniger verborgen. Es gab zwar auch Angaben über die Anzahl der Aufrufe, aber ich wusste nie wirklich, wer denn eigentlich meine Beiträge tatsächlich liest. Äußerst selten gab es Reaktionen oder Kommentare. Bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich auch, dass sei eben so üblich.

Doch da war dann dieser für mich völlig neue Platz. Wo innerhalb von kürzester Zeit, nachdem ich den ersten Beitrag veröffentlicht hatte, es plötzlich zu einer Reaktion kam. Ganz individuell und persönlich auf meine Worte eingehend. Wow! Ich war baff. Abgesehen davon, dass ich mich natürlich riesig gefreut habe spornte es an, weiter zu machen. Von Mal zu Mal kamen dann obendrein noch viele Menschen hinzu, die meinen Blog abonnierten. Für mich persönlich jedoch das allerschönste an der Sache, es kam sehr bald zu einem persönlichen Treffen mit einigen dieser schreibenden Menschen. Plötzlich gab es, zu der meist mit einem Künstlernamen versehenen Person, reale Gesichter und Persönlichkeiten. Mit dem einen oder anderen dieser Menschen blieb ich  auch privat in Kontakt.

Natürlich war ich aber selbstverständlich ebenso  an den unterschiedlichsten geschriebenen Zeilen der Mitblogger interessiert. Mit der Zeit habe auch ich mir sozusagen meine bevorzugten Beiträge heraus gefischt.

Mittlerweile bin ich 201 Tage bei Fisch und Fleisch angemeldet und schreibe hier regelmäßig meine Gedanken nieder. Es hat sich sehr viel getan, seit dieser Zeit. Etliche neue Menschen sind hinzu gekommen. Die Anzahl der Mitglieder hat sich um ein Vielfaches erhöht. Es ist einfach unmöglich, wirklich alles zu lesen, zu kommentieren oder sich überhaupt ernsthaft Gedanken dazu zu machen.

Aber da gibt es einige Beiträge von dieser Zeit der Beginnphase, die mir noch sehr gut in Erinnerung geblieben sind. Und da gibt es Menschen, an die ich ab und an denke, die ich hier nicht mehr treffe. Sie sind einfach nicht mehr aktiv. Die Profile gibt es noch, doch keine neuen Beiträge mehr, auch keinerlei Kommentare. Seltsam denke ich mir. Was ist mit diesen Menschen? Wo sind sie abgeblieben? So spannende, interessante für mich lesenswerte Beiträge haben sie geschrieben und jetzt keine Zeile mehr. Wie geht es diesen Menschen? Haben sie keine Zeit mehr zu schreiben? Macht es ihnen keine Freude mehr? Welche Gründe gibt es? War es lediglich ein kurzes vorbei Schauen? Gab es einen konkreten Anlass, dass sie von einem Tag auf den anderen nicht mehr da waren? Sind sie krank, oder ist gar schlimmeres geschehen?

Die, mit denen ich auch persönlich in Kontakt bin, bei denen habe ich direkt nach gefragt.

Aber was ist mit den Anderen? Ich erinnere mich z.B. an einen Mann, der damals gerade die Nachricht erhalten hat, dass er Krebs hat. Er hat beschrieben, wie es ihm damit geht und was ihn nun erwartet. Gerade bei einer derartigen Diagnose, frage ich mich ganz besonders, wie geht es diesen Menschen? Auch wenn ich ihn nie persönlich getroffen habe, auch nicht schriftlich mit ihm in Kontakt war, es beschäftigt mich.

Nun, aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man in extremen Lebenssituationen an vieles denkt, aber sicherlich nicht unbedingt an ein Forum wo man seine Gedanken niederschreibt. Wenn sich Prioritäten völlig verschieben. Wenn sich plötzlich Wertigkeiten und Wichtigkeiten auf ganz alltägliche Dinge konzentrieren. Gerade schwere Krankheiten belasten Körper und Seele derart, dass man froh sein kann, wenn ein Tag z.B. schmerzfrei ist. Wahrscheinlich ist da auch jeder unterschiedlich gestrickt, wie er mit seiner Situation umgeht. Das nach außen gehen mit dem persönlichen Schicksalsschlägen ist sicherlich auch nicht jedermanns Sache. Es gibt sicherlich eine Vielzahl von Menschen, die niemals ihre privaten Angelegenheiten an die Öffentlichkeit bringen würden. Das ist auch gut so, weil es eben eine ganz intime Angelegenheit ist, wie und was jeder einzelne von sich preis geben möchte.

Es ist keineswegs die Neugier, die mich zu dieser Frage bringt: Wo sind diese Menschen ab geblieben?

Vielmehr ist es dieses um sich greifende Phänomen des Tempos, wo meiner Meinung nach kein Mensch mithalten kann, wenn er ein halbwegs entspanntes Leben führen möchte. In einer Zeit, wo wir schon x-mal überholt werden, bevor wir noch einen Gedanken überhaupt fertig gedacht haben. Wo das Jetzt im Augenblick, eine Sekunde später schon uralt ist. Wo ich für einen Moment Sieger bin, und in der nächsten Sekunde der Buhmann der Nation. Aber unser Leben besteht nicht aus einer aneinander Reihung derartiger im Sekundentakt geschehener Geschehnisse. Vielmehr ist es ein Gesamtbild aus vielen länger andauernden Etappen.

Die komprimierten Einblicke in diese Lebensabschnitte zeigen mir nur einen winzig kleinen Teil von den jeweiligen Menschen. In einem Beitrag kann ich mir eine Momentaufnahme ansehen und mir Gedanken dazu machen. Ein Puzzleteilchen von dem, was dem Schreiber im Moment bewegt. Vielleicht im Ansatz erahnen, welcher Mensch dahinter steckt. Das aber auch nur dann, wenn ich davon ausgehe, das der Verfasser ehrlich ist. Und dies ist ohnehin wieder eine ganz persönliche Angelegenheit, wie wahrheitsgetreu jeder für sich ist. Unabhängig davon, kann es mir persönlich relativ egal sein, na außer vielleicht wenn es um Fakten geht. Da kann ich den Schreiber vielleicht darauf hinweisen, dass er da einem Irrtum erlegen ist. Aber auch das scheint mir nicht so wichtig.

Viel mehr in den Vordergrund stellt sich für mich die Frage: Wo sind die Blogger, die unvermittelt verschwunden sind?

Die, die sich mitteilten und nun keinerlei Mitteilung mehr vorkommt. Die Menschen, nach denen vielleicht kaum ein (Knurr)Hahn mehr kräht, weil sie in der Masse untergegangen, abgesoffen oder sonst wo entwichen sind.

Dieser Beitrag ist all denjenigen Menschen gewidmet, die mir persönlich von der Anfangszeit in Erinnerung geblieben sind. Vielleicht kommen sie ja eines Tages wieder, die vermissten Blogger.

©Bluesanne bedankt sich fürs Lesen!

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