Blog-Bild: "BankOfLife"

„Na ich weiß nicht, wann sie Geburtstag hat; hab´ ihr eh schon tausendmal gesagt, sie soll sich endlich bei Facebook anmelden“, sagte das junge Mädchen in der U-Bahn. Ich starrte weiter in die schwarze Scheibe des fahrenden Zuges. Am liebsten hätte ich ihr eine Tachtel über den Schädel gegeben. Was soll diese blöde Ausrede, dachte ich mir. Hast Du keinen Stift zum Schreiben? Kannst du überhaupt noch schreiben, blödes Ding? Ihre Sitznachbarin meinte dazu: „Meiner Oma, bring ich immer Kaffee, sonst braucht die eh nichts mehr“

Ja, alte Leute sitzen Daheim vor dem Fernseher bei Kaffee und Kuchen. Genau und Bedürfnisse haben sie auch keine mehr. So ein Schwachsinn.

Welches Bild hat ein heute junger Mensch von alten Menschen? Wobei alt schon bei 40+ oder drunter beginnt. Welche Vorstellung hat überhaupt die Gesellschaft von Senioren? Besser gesagt, wie wird diese Gruppe Menschen in den Medien dargestellt?

Ich gebe zu, das Bild hat sich ein wenig geändert. Nicht mehr strickende Omas mit dicker Brille sitzen auf den Plakaten, es sind die vitalen, kurzhaarigen strahlenden Frauen, die irgendwo in der Ferne ihre wohlverdiente Pension genießen. Und der Opa raucht auch nicht mehr seine Pfeife auf dem Sofa vor dem Kamin, sondern strampelt in engen Radlerhosen durch die grüne Landschaft.

Doch wieso entwickeln sich derartige im wahrsten Sinne des Wortes, plakative Eindrücke und Bilder? Selbst wenn ich gezwungen sein würde, ich würde keines dieser beiden Bilder wählen. Sie sind mir persönlich zu eintönig und extrem langweilig.

Eigenartig, gerade heutzutage, wo alle denken, wir können alles machen, tun es die wenigsten. Zumindest habe ich den Eindruck, immer mehr Menschen kasteien sich und verzichten auf Dinge, die sie aber gerne hätten. Sicherlich auch alles eine Frage von den Finanzen. Doch auch da beobachte ich seltsames Verhalten. Umso mehr Geld manche Leute zur Verfügung haben, desto mehr geben sie es für Dinge aus, die sie gar nicht wirklich brauchen. Natürlich bleibt es jedem überlassen, wofür er sein Geld ausgibt, doch eigenartig ist es schon ein wenig.

Meine Lebenssituation ist vordergründig nicht die allerrosigste. Da aber rosa ohnehin nicht zu meinen Lieblingsfarben zählt, ist das nicht so dramatisch, wie es vielleicht aussieht. Klar finanziell könnte einiges besser laufen, aber selbst da finde ich meine Lösungen. Es ist ohnehin gleichgültig, ob ich auf noch mehr „verzichte“, weil etwa € 900,-- /monatliche Kosten für Miete, Heizung, Strom, Gas, Telefon, Kredit, minimale Haushaltsversicherung für meine Bilder und Radio+TV-Kosten mein Einkommen sowieso um einige Prozente übersteigen. Es bleibt mir ein einstelliger Minusbetrag zum Leben, sprich Essen, Trinken, Tierversorgung, Hygiene, Bekleidung usw. übrig. Wenn mein Sohn nicht auch etwas dazu beitragen würde, wäre ich in den letzten Jahren schon des Öfteren auf der Straße gelandet, weil die Delogierungen ins Haus flatterten.

Irgendwie habe ich es sogar geschafft, meine Ausgaben von 2014 gegenüber 2013 um 39 % zu reduzieren. Dennoch lasse ich mich nicht weiter durch diese monetäre Zwangssituation terrorisieren. Die guten Ratschläge, sind gut gemeint. Mein Ziel ist es ohnehin, mich aus diesem Abhängigkeitsverhältnis zu lösen.

Ich habe mir meine Krankheiten nicht bewusst ausgesucht. Damit leben und damit zurechtkommen ist ohnehin meine ganz persönliche Angelegenheit.

Am 27.12.2014 war ich das letzte Mal außerhalb meiner Wohnung, auch nicht wirklich in freier Natur, fast 10 Stunden im AKH.Üblicherweise erledige ich meine Einkäufe persönlich und ich habe auch nichts gegen einen kurzen Spaziergang selbst bei kalten Temperaturen. Meinen letzten Termin bei der Psychologin musste ich absagen, weil ich nicht wirklich gehen kann. Zu Hause habe ich schon in den letzten Jahren kaum etwas erledigen können und jetzt geht so gut wie Garnichts mehr.

Aber auch das ist für mich kein Grund, mich von den höllischen Schmerzen drangsalieren zu lassen. Diese Lebensituation gibt mir im Augenblick die Möglichkeit, mich auf meine Vorhaben in der Zukunft vor zubereiten. Eine Kreativklausur à la Bluesanne. Für das (Über)Leben da draußen in der großen weiten Welt braucht es jede Menge Energie und Zuversicht.

Die unerträglichen Horrormeldungen, die 24 Stunden über die Medien tickern sind allgegenwärtig und scheinen immer näher zu kommen. Die Toten geben sich stündlich die Hand. So nahe, dass wir definitiv Angsthaben.

Ich kenne diese Angst schon lange. Angst lähmt dich, Angst zwingt dich in die Knie, Angst schwächt dich, Angst lässt dich irrational handeln, Angst macht dich zur Geisel.

Doch will ich weiter eine Gefangene sein? Nein, 34 Jahre reichen. Jetzt, habe ich wahrscheinlich noch 34 Jahre, die könnten das ausgleichen. Die Freiheit und vor allem das Leben zu atmen, spüren, riechen, kosten und angreifen. Fassen, nicht unfassbar daneben stehen oder liegen.

Will ich mich als gläserner Mensch an elektronische Geräte anschließen lassen? Maschinen die meine Mobilität prüfen, mir sagen, was ich Essen soll, ob ich ausreichend schlafe, ob mein Kühlschrank leer ist, wann ich aufs Klo gehe, wo der nächste freie Parkplatz ist. Ich habe doch Augen, Ohren und hoffentlich noch lange ein Hirn zum Denken. Und ich habe so etwas wie menschliche Anlagen, die derzeit noch kein Roboter und keine Maschine ersetzen können.

Gibt es eine App für Philosophie? Gibt es eine App für Pazifismus? Gibt es eine App für Kreativität? Gibt es eine App die Gedanken denkt, wie ein Mensch? Ohne unserem Zutun und Algorithmus wohl nicht.  Gibt es eine App, die dich liebt? Gibt es eine App für Philanthropen? Gibt es eine App für Frieden? Gibt es eine App, die dich umarmt?Appsolut No!

Natürlich lehne ich die technischen Errungenschaften nicht gänzlich ab. Das wäre Schwachsinn. Doch ich habe auch gerne alternative Möglichkeiten. Statt Navigationsgerät im Auto einen Plan. Statt im Internet recherchieren zusätzlich auch in Büchern nach zu lesen. Statt online im Geschäft persönlich einkaufen. Statt mit Karte auch bar zahlen. Statt Fastfood auch selbst kochen. Statt mp3 vom PC, Platten auflegen oder Konzerte besuchen. Statt Mail auch ab und an einen Brief zu schreiben Statt chatten oder SMS schreiben ein persönliches Gespräch führen. Ja und meine kreativen Buchstabenkonstellationen mit Feder auf ein Blatt Papier verewigen statt im PC auf die Festplatte zu fixieren. Die Liste ist um ein vielfaches erweiterbar.

Angeblich schenken uns fast alle Maschinen Zeit. Zeit für die schönen Dinge. Zeit für sich selbst. Das tun sie offensichtlich nicht, wie oft höre ich: „Keine Zeit, Stress …noch so viel zu tun“ Vielleicht würden SIE uns Zeit schenken, wenn wir SIE anders nützen würden. Stellt euch vor, der Strom fällt aus.

Ich denke, solange wir NEIN sagen können und dürfen ist nichts verloren. Dieses NEIN aber auch umsetzen ist wohl die große Herausforderung. Ich sage lieber ja ich möchte weiter selbstständig denken, Entscheidungen treffen, die Wahl haben. Mensch mit all meinen Dellen und Kratzern sein. Angeschlagen aber nicht niedergeprügelt, eingekreist von: „Das kannst Du nicht, das darfst Du nicht, das geht nicht, das schaffst Du nie, Du musst, Du sollst und und und!“

Ich bin eben eine in die Jahre gekommene kranke Rentnerin. Stur und gleichzeitig offen für Neues und etwas andere Wege. Zumal ich gerne durch Wälder wandere. Das Wiener Schnitzel im Beisl, über den Tellerrand ragend, genieße ich (einmal bis zweimal im Jahr) ebenso wie meine selbstgekochte Gemüsesuppe. Stecke genüsslich meine Mehlspeisgabel in den Gugelhupf und tanz mir die Kalorien vom Bäucherl. Dröhne mich mit Drums and Beats zu und fliege auf den klassischen Noten durch den musikalischen Himmel. Die Farbe die an meiner Haut vom Malen klebt, bleibt so lange dran, bis sie von alleine abfällt. Ich lasse mir sicherlich nicht meine Haare abschneiden, weil es dann "praktischer" ist. Ich werde die Menschen weiterhin achten und sie mit Respekt behandeln. Ich werde Sex so oft und mit wem ich will haben, egal was andere oder das "Match" im www dazu meint. Und vorallem lasse ich mir von keinem Amt oder irgendjemand  vorschreiben, wofür ich  Geld ausgebe. Deshalb werde ich alles dafür tun, wirklich MEIN Leben selbst zu finanzieren und zu gestalten. Gleichwohl ich für die Gesamtheit auch gerne was tun möchte, und das sehr gerne.

Eine allesumfassende Lösung und Antwort, auf die Frage:"Wie werde ich glücklich, wie lebe ich richtig"?, die habe ich nicht, aber Apps und Internet sicherlich auch nicht. Es sind wir Menschen, die das können und dürfen, was wir können und dürfen wollen.

Liebendgerne dürfen mir meine zukünftigen Enkerl Kaffee bringen. Aber bitte „ganze Bohne“! Ich brauche kein Pulver in Kapseln gepresst, das ich nicht riechen und nicht sehen kann und obendrein Müll produziert. Und meinen Geburtstag habt ihr gefälligst zu wissen, auch ohne Facebook, App oder sonstiger elektronischer SubHirne.

Mag sein, dass meine Visionen vielleicht einsam werden, doch ich werde Vorsorge mit einer Wohngemeinschaft treffen. Die Menschen dafür werden sich finden. Die, die mit mir am Lebensende auf einem gemütlichen Bankerl sitzen.

Bevor "Ruhe in Frieden" auf meinem Grabstein steht, möchte ich doch noch gerne in Frieden leben!

Einer meiner ersten Einträge, meiner kleinen papierenen Geheimnisträger:

Ich weiß nicht genau, was ich will; aber, ich weiß, was ich nicht will!

…mich knechten und unter oder einordnen lassen!

Love + Peace and Fisch! ♥©Bluesanne

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