Lange blonde Haare, verruchtes Make-up, enges Top, das ihre wohlgeformten Brüste betont und ein Minirock, der sich an ihren Model-Hüften anschmiegt, als ob es eine zweite Haut wäre. Lange Fingernägel, Ferrari-rot lackiert. Dazu, nicht endend wollende Beine, perfekt rasiert und gepflegt- getragen von High Heels, die höher nicht sein könnten. Mit einem dezenten Lächeln im Gesicht, stolziert sie geschmeidig wie eine Katze durch die Gassen des Supermarktes. Alle paar Minuten packt sie ihren Lippenstift und Makeup-Spiegel aus der Handtasche, um nachzubessern. Männer gucken ihr mit offenem Mund und starrem Blick hinterher, als ob sie noch nie eine Frau gesehen hätten. Das Gemunkel geht los und die Fantasie nimmt ihren Lauf:

„Mann o Mann, hast du DIE gesehen? Was für eine Frau…WOW! Also DIE würde ich nicht von der Bettkannte stoßen! Was die heute wohl noch vorhat? Ein erotisches Date mit einem ihrer sicher zahlreichen Verehrer? Oder geht sie heute noch in den Swingerclub? Die ist sicher der helle Wahnsinn im Bett! Was die wohl für einen Job hat? Entweder Prostituierte oder Leiterin einer PR-Agentur…“

Doch der Schein trügt. In Wirklichkeit ist Julia (27) froh, wenn sie sich wieder nachhause in die eigenen vier Wände flüchten kann. Sie hat auch keinen Job- Nicht vermittelbar! Und wie schaut’s in der Liebe aus? Ihre Eltern sind schon lange tot, einen Mann oder eine Frau kennenzulernen, ist sie immer ausgewichen, sie hat keine Freunde oder Bekannte und kein Haustier. Sie ist auch noch immer Jungfrau. Nein, Julia hat keine Liebe, weder zu andern, noch zu sich selbst. Sie fühlt sich nicht wohl in ihrem eigentlich perfekten Körper. Sie findet ihn und ihr hübsches Gesicht sogar hässlich und findet immer einen kleinen Makel an sich, mit dem sie nicht zurecht kommt und der ihr ein normales Leben unmöglich macht. Konkret leidet Julia an einer seltenen Krankheit: Dysmorphophobie- Die Angst vor der eigenen Hässlichkeit.

Ein anderes Beispiel:Hans, ein erfolgreicher Unternehmer Mitte 40, Herr über 8500 Mitarbeiter eines namhaften Konzerns. Groß, durchtrainiert, selbstbewusst, immer perfekt gepflegt und gestylt. Zu seinen Hobbies zählen unter anderem Helikopterfliegen, Basejump, schnelle, teure Sportwagen und Motocross. Ein Alpha-Tier wie er im Buche steht! Auch ist Hans ein äußerst gern gesehener Gast bei vielen Events und in der Bussi-Bussi Gesellschaft mit jedem per Du. Selbstverständlich ist er verheiratet und stolzer Vater zweier Kinder. Melanie (10) und Lukas (12) sind die besten und beliebtesten Schüler in ihrer Klasse. Seine überdimensionale Luxusvilla, die keine Wünsche offen lässt und prunkvoll über der Vorstadt thront, ist das Werk eines Star-Architekten und einzigartig im Design. Die knappe Zeit, die Hans mit seiner Familie zur Verfügung hat, genießt er in vollen Zügen.

Natürlich hat Hans auch viele Neider, Leute, die ihm dieses Leben nicht vergönnt sind. Sie zerreißen sich regelrecht das Maul um den strebsamen Mann in den besten Jahren: „Ich habe gesehen, wie er mal mit einer andern Frau innig und vertraut gesprochen hat. Die haben doch sicher was miteinander.“ „Geh bitte, der kriegt doch sicher nicht mal einen Hoch, der braucht doch seinen Porsche Cayenne um seine Potenz zu kompensieren!“ „Also, ich glaube, dass er Stammgast bei Lady Lydia ist, sich dort nackt, mit einem Dildo im Arsch, zwei Stunden in einen engen Käfig sperren lässt, um sich danach winselnd und auf den Knien auspeitschen zu lassen.“ „Nix da, der hat doch gar keine Zeit für solche Spompernadln, bei DEM Stress? Seine Alte betrügt ihn sicher, die braucht’s doch und muss öfter rangenommen werden!“ „Die aaarmen Kinder. Die müssen was aushalten…“

Die tatsächliche Wahrheit im konkreten Fall, kennt freilich nur Hans, bzw. seine Frau alleine… Gerüchte entstehen schnell, Klischees sind ein oft gebräuchliches Werkzeug unserer Mitmenschen. Auch wenn so manches Vorurteil tatsächlich zutrifft, so darf es keineswegs verallgemeinert werden. Was für den einen gilt, kann auf den anderen nicht automatisch projiziert werden. Beispiele für Vorurteile, finden sich überall in der Gesellschaft. Und da wird meist die unterste Schublade herangezogen. Ich lasse mich jedoch in keine Schublade stecken, denn dazu bin ich zu Einzig…Artig ;)

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Herbert Erregger

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