Mit Lügen zum BREXIT -Lehren für den Umgang mit Populisten

Es dauerte nicht einmal 48 Stunden und die heftigsten Opponenten in der Pro-Exit-Bewegung Englands mußten bereits ihre medial massiv publizierten Versprechungen relativieren beziehungsweise zurücknehmen:

Schon Freitag, nur vier Stunden nach der Bekanntgabe des 51,9% Ergebnisses hatte Nigel Farage in einem Interview eingestanden, dass das Versprechen, die wöchentlichen Ausgaben der Briten für die EU in Höhe von € 350 Mio in Zukunft in die staatliche Gesundheitsversorgung NHS fließen zu lassen, wohl nicht so einfach funktionieren würde. Schon die Zahl € 350 Mio/Woche war von Beginn weg von Kritikern massiv ob ihrer Nicht-Nachvollziehbarkeit kritisiert worden. Jetzt zog sich Farage auf den Standpunkt zurück, wonach es ja nicht sein Versprechen gewesen sei, sondern die "Leave"-Kampagne der er ja nicht angehöre hätte das versprochen – nur bis zum Zeitpunkt des Referendums hatte Farage kein Wort des Widerspruchs zu diesem Thema geäußert.

Am Samstag dann die nächste Enttäuschung für die BREXIT-Wähler - hatte man ihnen bis zum Referendum ein annähernd sofortiges Ende des freien Zuzugs von EU-Bürgern nach Großbritannien versprochen, so mußte einer der konservativen BREXIT-Befürworter, Abgeordneter Hannan, einräumen, dass dem nicht so sein werde. Entgegen den Versprechungen der BREXIT-Kampagne wird es kurzfristig (und wahrscheinlich auch nicht langfristig) keine verschärften Zuzugsgesetze (ähnlich Australien) geben. Hannan meinte in einer Stellungnahme, dass Bürger welche sich diese Verschärfung gewunschen hätten, nun "wohl enttäuscht würden".

Auch bezüglich des BREXIT-Zeitplan hat man es nun seitens der Austritts-Befürworter nicht mehr so eilig – war bis zum Referendum noch die Rede von einem annähernd sofortigen Austritt nach Vorliegen des Ergebnisses, so gibt man sich jetzt selbst annähernd alle Zeit der Welt.

Die Reaktion der Briten auf diese Offenbarungen war zumindestens in den sozialen Medien von massiver Wut auf die wortbrüchigen Vertreter der BREXIT-Befürworter geprägt. Was wir zum Beispiel in Österreich aus diesem Referendum lernen können? Nun, zuerst einmal dass politische Vertreter, die massiv auf das Propagieren von einfachen Lösungen und pauschalen Mustern setzen, diese in Realität mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht liefern werden können. Auch das Argumentieren mit als besonders sorgfältig berechneten Zahlenwerten (wie in GB jetzt mit den € 350 Mio) ist hinsichtlich der Qualität des Aussagewerts massiv zu hinterfragen. Wenn jetzt Seitens der FPÖ schon darüber schwadroniert wird, dass bei Vorliegen schwerwiegender Gründe auch ein Referendum zum ÖXIT kommen könnte, dann muß man angesichts der aktuellen Situation in England schon glücklich sein, dass Hr. Strache/FPÖ noch immer nicht in die Größenordnung einer Mehrheitspartei aufgestiegen ist.

Für die restlichen Parteien im österreichischen Parlament sollte das Ergebnis eine eindrückliche Warnung vor populistischen Werkzeugen und Mechanismen in der politischen Arbeit sein. Das Vereinigte Königreich ist definitiv wirtschaftlich wesentlich besser aufgestellt als die Republik Österreich - und trotzdem ist das Referendums-Ergebnis eine Bürde dramatischen Ausmaßes für die englische Gesellschaft.

shutterstock/1000 Words

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