Das Schuljahr neigt sich zur Hälfte, und die Maturanten der heurigen Abschlussklassen werden wohl die Weihnachtsferien schon nutzen, um entweder ihre Semesternoten zu optimieren oder sich bereits auf den Angstgegner Zentralmatura vorzubereiten.

Schon bald werden die meisten Antretenden wissen,wie gut sie von ihren LehrerInnen auf die Reifeprüfung vorbereitet wurden. Wenn man die Ereignisse des Schuljahres 2014/15 retrospektiv betrachtet, konnte man bei einigen Schulen schon das Gefühl bekommen, das hier frei nach dem Motto "das haben wir schon immer so gemacht" gearbeitet wurde - entsprechend schlecht waren dann auch teilweise die Ergebnisse der Vorklausuren und der Zentralmatura selbst.

Doch auch wenn diese (im Nachhinein dann oft doch nicht mehr als überlebensgross empfundene) Hürde überwunden wird - was bedeutet der Erhalt des Reifeprüfungszeugnisses für den/die einzelne SchülerIn?

Abhängig vom Schultyp ist die Kompatibilität des Absolventen zum Arbeitsmarkt zu sehen - berufsbildende Schulen produzieren (trotz des Irrsinns der ministerial verordneten Reduktion der berufsbildenden Gegenstände zu Gunsten der MINT-Gegenstände(Biologie, Physik, Mathematik) noch immer Abgänger die zumeist arbeitsmarkttauglich sind. Dem gegenüber stehen die Abgänger der Gymnasien, welche auch im 21. Jahrhundert noch immer den "Elite-Nimbus" vor sich her tragen, jedoch lehrplanmässig annähernd zwangsweise zum Studium getrieben werden.

Für alle Absolventen, welche sich in Richtung Arbeitsmarkt orientieren ist jedoch auch bald klar ersichtlich: Die Tendenz geht in Richtung Höherqualifizierte - wo früher Handelsschüler eingestellt wurden ist heute Matura gefragt. Jobs die einst Maturanten entsprachen werden bereits mit Bachelor-Abgänger von Fachhochschulen besetzt. Verlierer sind die Berufsbildenden mittleren Schulen und all jene Schüler, die ihre Schullaufbahn in der Oberstufe abbrechen.

Doch auch für alle potentiellen Jungstudenten ist das Leben nicht zuckerlrosa: Bedingt durch chronische Unterfinanzierung und wohl auch als Umgehungsinstrument Richtung freier Universitätszugang entwickelt, sind heute Aufnahmeprüfungen, Studieneingangsphasen mit entsprechenden Prüfungen oder gar ganze Aufnahmeverfahren bereits annähernd flächendeckend als Standard vorzufinden. Das sich die österreichischen Universitäten gegenüber ihren Jungstudenten als Stätten akademischen Ungustltums positionieren("eine Hälfte von Ihnen wird dieses Studium nicht schaffen, von der anderen Hälfte werden auch noch 50% arbeitslos sein";) ist im 21. Jahrhundert denn doch auch etwas überraschend.

Trotzdem hat man als Jungstudent noch aufrechte Chancen, wenn man ein Studium anstrebt, das als Weiterführung der bisherigen Schullaufbahn gesehen werden kann: Handelsakademie - Wirtschaftsuniversität ok - aber Vorsicht: Handelsakademie/Modeschule zu Technischer Universität ist wohl von den Verantwortlichen einfach nicht vorgesehen, oder wird wohl unter der Würde der Universität gesehen. Anders sind glaubhafte Berichte mir bekannter Schulabgänger und Neustudenten nicht zu bewerten.

Grundsätzlich ist es aber auch die logische Konsequenz des bisherigen Schulsystems: Österreich produziert laufend Abgänger einzelner Schulstufen(Volksschule, Neue Mittelschule/Gymnasium Unterstufe, Oberstufe) welche qualitätsmässig nicht miteinander vergleichbar sind. Wer z.B. am Ende der Volksschule ins Gymnasium wechseln darf, entscheidet letztlich der Lehrer der vierten Klasse und wohl auch die Region in der man wohnhaft ist. Je kleiner die Stadt, desto wahrscheinlicher sind auch die Berufe der Eltern der Kinder mitausschlaggebend für die weitere Schullaufbahn - Wenn Papa Mediziner oder Rechtsanwalt ist, kann das für den Nachwuchs nur hilfreich sein. Niemand zwischen Bregenz und Wien kann übrigens qualifiziert Aussagen tätigen, welche Volksschulen besonders gut und welche weniger qualifiziert ihren Auftrag der initialen Grundschulausbildung abdecken.

In der Unterstufe dasselbe Bild: Auf der einen Seite die "Elite-Schule" Gymnasium mit ihrer noch immer oft vorhandenen Absenz jeglicher pädagogischer Unterstützung ihrer Schüler - auf der anderen Seite das Konstrukt "Neue Mittelschule", geboren aus ideologischen Überlegungen und wohl auch zum Teil dem Koalitionsfrieden geschuldet.

Beide Schultypen sollen in gleicher Weise zum weiterführenden Besuch einer Oberstufen-Schulform qualifizieren. Das die Realität nicht so rosa ist, kann wohl jeder Vater/Mutter eines betroffenen Kindes bestätigen. Egal ob Mathematik, Englisch oder Deutsch - was in der einen Schulform in abstrakte Höchstlevel-Niveaus getrieben wird, wird in der anderen Schulform auf einen Mittelwert im unteren Qualifikationslevel geschraubt.

Und so ist es auch keine Überraschung, das auch das Universitätssystem nicht darauf vorbereitet ist, dass es eben kein allgemein vergleichbares Niveau der Neustudenten gibt - das österreichische Universitätssystem hat es auch nie geschafft, Vorbereitungssysteme(wie es sie z.B. in Frankreich gibt) auf die Beine zu stellen. Lieber frustriert man jedes Semester aufs Neue Jungstudenten, als das man die Wurzel des Übels bekämpft.

Den potentiellen Jungstudenten des Wintersemesters 2016 sei daher ins Stammbuch geschrieben: Sich sehr gut informieren, besser drei Mal als einmal die Universität seiner Wahl besuchen und versuchen möglichst viele Stimmen aktiver Studenten zu bekommen.

Wo man schlussendlich landet, ist dann oft noch immer ein Glücksfall - aber das sollte in Zeiten wie diesen ja auch keine Überraschung sein!

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 28.12.2015 18:09:12

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