Warum Regenbogenfamilien nicht prioritär in Österreichs Schulbücher müssen

Wie jedes Jahr hat es auch 2016 Mitte Juni wieder eine Regenbogenparade gegeben. Rund um diesen Event(davor war natürlich noch der Marsch für Jesus) forderte die Initiative Familie Andersrum Österreich(Famos) eine Verankerung der Regenbogenfamilie in die Ausbildung der späteren Pädagogen und eine vermehrte Vermittlung von Wissen über Themen rund um schwule und lesbische Lebensformen im Unterricht, bzw. Verankerung dieser Themen auch in den Schulbüchern unseres Landes.

Der Wunsch nach dieser Gleichstellung(obwohl es wie der Verein selber sagt keinerlei Statistiken über die tatsächliche Anzahl von gleichgeschlechtlichen Paaren in Familienhaushalten mit Kindern gibt) mag zwar berechtigt sein, aber das größte Reformthema unserer Tage im Bereich Bildung in unserem Lande ist es leider bei weitem nicht.

Denn aktuell sind nun nach einer längeren Nachdenkpause die Ergebnisse der Zentralmatura 2016 veröffentlicht worden. Die neue Unterrichtsministerin mag sich zwar öffentlichkeitswirksam darin ergehen, wie toll doch die Resultate seien - die Realität schaut aber doch sehr anders aus: Die Zahl der negativ beurteilten schriftlichen Mathematik-Prüfungen hat sich an den österreichischen AHS seit dem Vorjahr verdoppelt - Spitzenreiter dabei Vorarlberg, wo ungefähr ein Drittel der Antretenden ein Nicht Genügend auf ihre schriftliche Arbeit bekamen. Wien und NÖ folgten mit um die 25% negativ bewerteter schriftlicher Prüfungen, der Österreich-Schnitt lag bei ca 22.%(Vorjahr 10,5%).

Auch wenn jetzt einige Vertreter des österreichischen Schulwesens argumentierten, dass man ja weit unter der von den Schüler- und Elternvertretern befürchteten 50% Quoten entfernt wäre, so sollte man die Kirche im Dorf lassen: Es gibt in Österreich 112 Klassen in welchen kein einziges Nicht Genügend vergeben wurde. Demgegenüber stehen aber 107 Klassen die mehr als 50% Nicht Genügend aufwiesen.

Die Kompensationsprüfungen haben das Bild schlussendlich für das Ministerium einigermassen gerettet - aber auch hier steckt der Teufel im Detail: Denn das Endergebnis von 6,9% ist noch immer ein Anstieg von über 50% zum Vorjahr(4,1%). Und auch hier zeigt sich die Fratze des österreichischen Bundesländer-Wahnsinns: Denn während in Salzburg nicht einmal die Hälfte der Antretenden die Kompensationsprüfung schafften, so gab es in einigen Bundesländern Durchkommens-Quoten von bis zu 80%, was auf Seiten der Eltern und Schüler berechtigterweise die Frage aufwarf, ob man hier eine Zentralmatura oder eine Abschlusszeugnis-Lotterie absolviert hätte.

Interessant übrigens auch zu wissen, dass z.B. in Englisch in der AHS-Langform die Durchfallquote niedriger ausfiel als in der Muttersprache Deutsch.

Die Ergebnisse selbst bieten außer statistischen Vergleichswerten zu den Vorjahren nicht wirklich einen Realits-Check des vermittelten Wissens ab. Zwar gibt es Empfehlungen welche Sprachkenntnis-Level bei Abschluss der Reifeprüfung in z.B. Englisch erreicht werden sollen, die Beurteilung/Benotung erfolgt aber nach wie vor im fünfteiligen Noten-Spektrum und nicht in den Kategorien des Europäischen Referenzrahmens. Was in Konsequenz heißt, dass z.B. spätere Studenten die ein ERASMUS-Semester absolvieren wollen, oft gegen Bezahlung nicht geringer Gebühren Sprachkurse zur Zertifizierung ihrer Sprachkenntnisse absolvieren müssen.

Auch die Frage, wie weit der glückliche Maturant mit seiner Reifeprüfung auf einer weiterführenden FH/Universität bestehen wird, bleibt das österreichische Bildungssystem schuldig.

Und hier kratzen wir nur an der obersten Schicht der Problem: Denn das Thema Reifeprüfung ist ein Luxusthema, wenn man aktuell die Situation z.B. an den Pflichtschulen beobachtet. Entgegen der ersten Versprechungen sind mittlerweile annähernd bundesweit die im österreichischen Schulsystem integrierten Flüchtlingskinder mittlerweile in eigenen Flüchtlingsklassen zusammengefasst worden - nicht wirklich überraschend, wenn man weiß, dass seit letztem Jahr 14.000 Flüchtlingskinder in das österreichische Schulsystem eingeschult wurden. Die vollmundigen Versprechungen speziell der Wiener Schulpolitiker haben nicht wirklich lange gehalten, die Realität hat sie wieder einmal brutal überholt.

Doch auch schon vor dem Flüchtlingsstrom 2015 war die Situation in vielen Großstädten Österreichs im Bereich Pflichtschule nicht wirklich berauschend. Besorgte Eltern reagierten, und haben durch ihren Zug zum Gymnasium für ihre Sprösslinge dafür gesorgt das Hauptschule/Neue Mittelschule mittlerweile zum Teil in Ghetto-Situationen verkommen. Was sich wohl auch daran ablesen lässt, dass aktuell österreichweit Probleme mit der Verfügbarkeit von AHS-LehrerInnen für das eigentlich bundesweit in der NMS vorgesehene Team-teaching(gemeinsamer Unterricht zweier Lehrer in einer Klasse) gibt.

Seitens der österreichischen Bildungspolitik hat man die Herausforderungen, welche zum Teil schon seit Jahrzehnten bekannt sind bis jetzt nonchalant negiert, bzw. wollte/konnte man sich nicht gegen die scheinbar übermächtige Lehrergewerkschaft durchsetzen.

Was man auch schon in den letzten Jahren gerne aufgegriffen hat, waren jedoch kosmetische und ideologische Veränderungen wenn es darum geht Kinder- und Jugendbücher genderkonform auszurichten, bzw. unliebsame Inhalte zu kürzen bzw. zu entfernen. Auch wenn es darum ging ideologisch geprägte Vorstellungen bezüglich erwünschter Lebensformen(sei es auf der einen Seite Mama am Herd, oder auf der anderen Seite die Patchwork-Idylle vielleicht noch angereichert um Homosexualität) unter die Schüler zu bringen war man sehr rührig und umtriebig. Wie überhaupt doch ein sehr massiver Zug der Aktivitäten des Bildungsministeriums in Richtung Kontrollübernahme der Schule von den Eltern im Bereich Sexualerziehung festzustellen war - wobei die hier vom Ministerium propagierten Inhalte zum Teil mehr als hinterfragenswert waren.

Bei allem Verständnis für die Wünsche von Minderheiten(und sorry, speziell die Gruppe der Regenbogenfamilien ist verschwindend klein im Vergleich zur Restbevölkerung) muß man einfach festhalten, dass die österreichische Bildungspolitik sich vorerst einmal damit begnügen sollte ihre primären Ziele, nämlich die österreichischen Schulabgänger zukunftsfit zu machen zu erreichen - da ist es noch ein langer Weg hin. Parallel dazu vielleicht einmal eine Qualitätssteigerung im Bereich Auswahl und Ausbildung der an den österreichischen Schulen tätigen Pädagogen - wird wohl auch nicht so schnell passieren.

Und bis dahin gibt es für mich auch keine Priorität einer verstärkten Publizität oder Bewusstseinsförderung in Richtung gleichgeschlechtlicher Beziehungen - dies vor dem Hintergrund, dass der österreichische rechtliche/gesellschaftliche Status von gleichgeschlechtlichen Paaren im Europavergleich sehr gut ausgeformt ist.

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Lauter Beobachter bewertete diesen Eintrag 29.06.2016 00:01:41

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