Was für ein Abenteuer, wenn sich der Großvater Zeit nahm und den Kindern die Verstecke im Wald zeigte, von Fuchs und Dachs, wenn der beste Standort für ein Baumhaus gesucht wurde und die Kinder die geheiligten Hallen der Werkstatt betreten durften, natürlich nur unter dem strengen Blick und der fachmännischen Anleitung des Großvaters. Vogelhäuschen bauen, den besten Tag zu finden die Tomatenpflanzen aus den Töpfen in den Garten zu übersiedeln, das kommende Wetter bestimmen, Pfeil und Bogen zu fabrizieren, das macht wohl den meisten Kindern Spaß. Die Väter haben dafür keine Zeit, zumeist, und deshalb wurde auch hier auf die Großväter zurückgegriffen. Nicht nur, weil sie wussten, wie es ging, sondern auch, weil sie die Zeit hatten.

Zeit, die gebraucht wurde, denn was man neu lernt, das gelingt nicht immer. Da gibt es Rückschläge und auch Fehlkonstruktionen. Doch wenn genügend Zeit vorhanden ist zu erklären, sich einzufühlen und das Kind dort abzuholen wo es steht, dann lernt es auch, völlig nebenbei und unbemerkt. Eine Weisheit, die heutzutage bereits Standard ist in jedem halbwegs guten Lehrbuch zur Pädagogik, musste den Großvätern nicht erst eingebläut werden. Sie verfügten über dieses intuitive Wissen. Sie folgten diesem einfach ohne weiters darüber nachzudenken.

Lernen das Leben zu meistern, aber vor allem, dass man es nicht alleine meistern muss. Menschen zu erleben, die füreinander da sind, von Anfang an, die einen auffangen. Auch wenn die meisten Großväter nicht die Angewohnheit hatten über Gefühle zu reden – das war nicht ihre Art, aber sie drückten sie aus, indem sie an der Hand nahmen und stützten. Man muss nicht immer über alles reden und es zerreden. Man kann es zeigen. Vielleicht oft viel besser. Momente, in denen man keine Worte findet, Sorgen, die man nicht benennen kann oder nicht benennen will. Es ist auch nicht immer notwendig. Es ist das Gemeinsam, das Kraft schenkt und aufbaut, das miteinander Tun. Das Holz zu stapeln hinterm Haus. Zum Beispiel. Späne zu hacken. Auch. Es ist das gemeinsame Erleben, das das Leben bereichert.

Heutzutage fahren Großväter Motorrad und gehen ins Fitnessstudio, oder sie hören gar nicht erst zu arbeiten auf, bis zum bitteren Ende. Der Kreis des Lebens wird zu einer ständigen Vorwärtsbewegung. Es gibt keinen Schluss mehr, weil wir Schlüsse nicht wollen, nur vorwärts und mehr. Großväter sollen auch das tun, aber eben auch und nicht nur. Und vor allem nicht unter Zwang, denn es gehen uns auch hier viele Fertigkeiten verloren. Fertigkeiten, Fähigkeiten und Wissen.

Und wer nun politisch sehr korrekt sein will, der kann sich gerne daran setzen und die Worte Großmütter und Großväter untereinander austauschen oder gänzlich durch Großeltern zu ersetzen. Es tut nichts zur Sache – das Entscheidende ist sich der Möglichkeiten zu besinnen, die dieser Lebensabschnitt zu bieten hat, für sich selbst und für die anderen.

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