Die Presse titelt groß auf Facebook, „Gabalier: ‚Wir leben in einer genderverseuchten Welt.’“ Eine kurze, prägnante Schlagzeile, von der ich meinte, das sagt doch schon alles. Außerdem passt es zu dem Bild, das einem vom Herrn Andreas Gabalier vermittelt wird, ein bäriger Typ in Lederhose und Teddybärblick, der den Frauen zeigt wo es lang geht. Eben noch ein richtiger Mann, volksverbunden und erdig. Ein Image, das annehmen lässt, dass er Frauen an den Herd will und Schwule verabscheut. Dann habe ich das ganze Interview gelesen, auf www.merkur.de, und da wurde mir zunächst bewusst, der Journalist, der den Artikel schrieb, holte sich für seine Schlagzeile den provokantesten Teil heraus, was auch durchaus legitim ist, aber er tat es nicht um die Menschen wissen zu lassen, Herr Gabalier sei gegen Gleichberechtigung, sondern um einzuladen, den ganzen Artikel zu lesen.

Wenn er das nicht gewollt hätte, hätte er sich das Schreiben sparen können. Durchaus sollten Artikel gelesen werden. Es wäre angebracht dann weiterzureden, und nicht ausgehend von dem, was man sich so selbst zusammenreimt. Das nur mal ganz allgemein, oder um mit Ferdinand Ebner zu fragen: Warum sollte sich ein Autor die Mühe machen ein ganzes Buch zu schreiben, wenn es sich dann auf einen einzigen Satz dezimieren ließe? Nicht, dass ich mich jetzt zur Anwälten des urigen Volksrockenrollers in Lederhosen aufspielen möchte oder einer Diktion folge, die Frauen generell zurück an den Herd wünscht, aber was mir schon zu denken gab, und das nicht nur in diesem Zusammenhang, sondern schon seit einigen Jahren, also seit eingefordert wurde die Halbe-Halbe bei der Hausarbeit gesetzlich festzulegen.

Danach kam die sog. Quotenregelung, und ich fühlte mich immer unwohler. Und zwar aus einem einzigen Grund: Weil ich keine Veranlassung sehe mir vom Gesetzgeber in meine privaten Entscheidungen pfuschen zu lassen. Frauen haben mittlerweile bei uns Zugang zu allen Bildungsmöglichkeiten und allen Berufen. Es gibt nichts, wovon sie ausgeschlossen sind (außer bei Berufen, die tatsächlich vom Geschlecht abhängig sind, wie z.B. Callboy). Wesentlich daran ist, dass die Möglichkeit besteht. Ich kann als Frau Karriere machen, mir einen Hausmann halten und ihm die Kinder überlassen (kriegen kann er sie nicht, und das nicht, weil ich gegen Arbeitsteilung bin, sondern weil es aus rein biologischen Gründen nicht geht). Ich kann genauso alles teilen, den Karenz, die Kindererziehung und den Haushalt, aber auch die außerhäusliche Erwerbsarbeit.

Aber ich kann mich auch dafür entscheiden die ersten Jahre bei meinen Kindern zu Hause zu bleiben. Damit will ich nicht negieren, dass es Frauen gibt, die aus sozialen oder materiellen Gründen keine Wahl haben, aber es gibt genug, die sie haben – und verdammt, ich will mir auch nicht dreinreden lassen wer bei uns wann die Wäsche aufhängt oder die Waschmaschine betätigt, wer wie oft den Geschirrspüler ausräumt oder die Kinder ins Bett bringt. Und wenn ich mich dazu entschließe das alles alleine zu machen, wenn ich mich dafür entscheide Mutter und Hausfrau zu sein, einfach, weil ich es will, dann hat niemand das Recht da reinzureden oder das gar schlecht zu machen. In meinen privaten Entscheidungen hat kein Außenstehender was verloren.

Damit meine ich nicht nur den Gesetzgeber, sondern auch die selbsternannten Sittenwächterinnen, die nicht glauben können, dass sich Frauen freiwillig für eben jenen Weg entscheiden. Genauso wenig, wie ich dann das Recht habe mich über die sog. Karrierefrauen zu echauffieren. In einer ach so liberalen, weltoffenen Gesellschaft ist das mindeste, was ich fordern kann, Respekt vor meinen persönlichen, privaten Entscheidungen, ohne mich ständig dafür rechtfertigen zu müssen. Ich will meinen Lebensweg gehen, ohne verurteilt zu werden, so wie ich es andere lasse. Natürlich kann ich sagen, dass ein anderer für mich nicht das richtige wäre, aber das soll kein Urteil sein, sondern eine reine Feststellung. So individuell wie die Lebenswege, so individuell die Entscheidungen. Der Respekt gegenüber diesen Entscheidungen ist für mich nicht verhandelbar. Wenn nun Herr Gabalier dafür eintritt, dass es nichts Verwerfliches ist, dass sich Frauen von sich aus um die Kinder kümmern, dann kann ich ihm nur beipflichten. Das alles hätte ich allerdings nicht gewusst, hätte ich den Artikel nicht zu Ende gelesen.

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