Teil 1: Ausgeliefert und abhängig

In die Falle getappt! Rückblickend muss ich zugeben, dass ich vollkommen blauäugig und voller Vertrauen in das österreichische Sozialsystem um Unterstützung in einer beruflichen Notlage bat. Nachdem ich viele Jahre in der Security-Branche gearbeitet und Steuern und Abgaben bezahlt hatte, machten es mir gleich zwei Krankheiten unmöglich, meinen Arbeitsplatz zu behalten: Gehen und Stehen bereitet mir aufgrund einer chronischen Fußsohlenentzündung unsägliche Schmerzen – eine Berufskrankheit. Zudem beeinträchtigt mich seit meiner Geburt ein Hörschaden. Also musste ich vor einiger Zeit schweren Herzens meinen alten Job an den Nagel hängen – ganz im Vertrauen, dass der viel gelobte "Sozialstaat" mir einen Umstieg in einen anderen, für mich besser geeigneten Beruf möglich machen wird.

Vorweggenommen: Es wäre besser gewesen, alle Schmerzen in meiner alten Tätigkeit zu ertragen, als jene Irrfahrt zu beginnen, die mich bis heute nicht zur Ruhe kommen lässt. Und sie drängte mich weit unter die Armutsgrenze, um nicht zu sagen: Ich bin seit etlichen Monaten de facto mittellos.

Das ist meine Geschichte, die mit einem Besuch vor etwa eineinhalb Jahren beim AMS begann.

Nach unzähligen Krankenständen und Therapien wollte ich meinen „Nebenjob“ als Hundetrainer, den ich seit bald mehr als 25 Jahren als Hobby ausübe, zum Brotberuf zu machen. Im Hinterkopf hatte ich die ständigen Beteuerungen des AMS die versprachen, bei einer Umschulung tatkräftig und finanziell zu helfen. Auch beim Umstieg in die Selbstständigkeit würde man mit Rat und Tat dem Klienten zur Seite zu stehen – das beteuert man zumindest in Hochglanzwerbung des AMS. Das ist aber nur die teuer bezahlte Scheinrealität, die mit dem Alltag als Arbeitsloser absolut nichts gemein hat.

Natürlich bereitete ich mich auf den ersten Termin beim AMS sorgfältig vor. Ich fand rasch einen etablierten Hundetrainer der bereit war, mich auszubilden. Auch die Kosten waren schnell überschlagen: Zweieinhalbtausend Euro schienen für mich nicht besonders viel zu sein, wenn ich es mit den Kosten anderer Kurse vergleiche, die das AMS seinen Kunden „ans Herz legt“ – um nicht zu sagen: Zu denen das Arbeitsamt Hilfesuchende zwangsweise verpflichtet, Sinnhaftigkeit hin oder her. Weitere zweieinhalbtausend Euro hätten mir sogar den Sprung in eine „echte“ Selbständigkeit ermöglicht. Denn dafür brauche ich die Utensilien für das Training der Hunde und Spezialfutter (in Kommission), das manchmal benötig wird, da ich auch Ernährungsberatung anbiete.

Von den Kosten, die für die etwa ein bis eineinhalb Jahre dauernde Ausbildung zum Hundetrainer anfallen, hätte ich übrigens nichts bekommen. Ich wäre als Auszubildender zudem 24 Stunden für Notfälle in Bereitschaft gewesen, denn Probleme – wie z.B. Hundebisse – treten nicht unbedingt immer zu „normalen“ Arbeitszeiten auf.

Voller Zuversicht und mit allen erdenklichen Unterlagen, einem Businessmodell und einem detaillierten Konzept für meinen Berufsumstieg ausgestattet, freute ich mich bereits auf eine Zukunft in meinem Traumberuf. Doch es sollte alles ganz anders kommen. Das AMS erklärte mir, sie würden meine Jobambitionen nicht unterstützen – wer braucht schon einen Hundetrainer?

Das AMS unterstützt nur, was es selbst für gut befindet, ob es jene Branchen sind, die unsere Wirtschaft braucht, ist dabei egal. Denn das AMS macht, was es seit Jahren macht, ob es den Anforderungen der Zeit entspricht, spielt ganz offensichtlich keine Rolle. Das war also der Beginn eines bitteren, schmerzhaften Weges.

Das AMS schickte mich mit meinen Berufswünschen in die Wüste. In meinem nächsten Beitrag möchte ich Euch Details erzählen und offen über meinen Weg in die Armut schreiben. Ja, auch bei uns gibt es viel Armut, auch wenn es viele nicht sehen wollen.

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