Bella Ciao im iranischen Kontext, angebliche Kopftuchpflicht und Zubehör

Eine weitere Interpretationsmöglichkeit für den Song "Bella Ciao", der an den italienischen Partisanenkampf im Zweiten Weltkrieg erinnert, ist im iranischen Kontext, in dem er neuerlich wieder aufgetaucht ist, folgende:

Im ursprünglichen Song geht es darum, dass ein (oftmals kommunistischer, atheistischer oder radikal-atheistischer) Mann sich von seiner Frau verabschiedet, um gewaltsame Revolution, Guerillakrieg oder Krieg zu machen gegen den "Faschismus", aber auch in der Hoffnung, das zu überleben und zurückzukehren zu seiner Frau.

Das Bella-Ciao der kommunistischen italienischen Partisanen aus dem Zweiten Weltkrieg enthält übrigens ein gerüttelt Maß an Sexismus und Geschlechterdiskriminierung: die Männer entscheiden, wann und wofür sie in den Krieg oder Partisanenkampf ziehen, und die Frauen haben die Pflicht, zuhause zu bleiben und zu hoffen und zu warten, bis der Mann vielleicht lebendig aus dem Krieg zurückkommt. Und falls nicht, wohl die Pflicht, in italienisch-lauten Stil seinen Tod zu beklagen. So gesehen verwunderlich, dass dieses Lied bei Frauen nun auf einmal so beliebt ist.

Wenn also heute iranische Frauen dasselbe Lied singen, dann kann das auch verstanden werden als eine Art "Eheversprechen", so nach dem Motto "Befreie mich von der islamofaschistischen Diktatur, und wenn das funktioniert und Du das überlebst, dann werde ich hinterher Deine Frau sein".

In dieser Interpretation besteht auch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem radikal-islamistischen "Versprechen", nach einem dschihadistischen Selbstmord-Attentat im Jenseits 7 bis 50 Jungfrauen zu erhalten, wobei der islamische Märtyrerbegriff im Sinne des Selbstmordattentats sich vom gewaltlosen christlichen Märtyrerbegriff unterscheidet.

Es stellt sich allerdings die Frage, wie ernst solche Andeutungen und Eheversprechen von Frauen sind. Popstar Madonna versprach ja im 2016-Wahlkampf jedem Mann, der Hillary Clinton wählt, einen Blow Job - dass sie ihr Versprechen auch nur in einem einzigen Fall erfüllt hätte, ist nicht bestätigt. Mit dieser extremen Auslegung der US-amerikanischen Redefreiheit rechtfertigte sie eher Trumps diesbezügliche Exzesse, statt sie zu bekämpfen, wie von ihr angeblich beabsichtigt.

Heiratsschwindel ist übrigens vielfach illegal und oftmals integriert in den Betrugs-Paragraphen, allerdings lesen sich diese Heiratsschwindel- oder Betrugsparagraphen mit der Formulierung "der Täter" oder "er" so, als müssten die Täter immer Männer sein, und so, als könnten Frauen gar keinen Heiratsschwindel oder gar keinen Betrug begehen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Heiratsschwindler

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__263.html

Aber völlig egal, ob das nun tatsächlich als Eheversprechen gemeint ist, oder nicht, und völlig egal, ob dieses etwaige Eheversprechen nun eingelöst wird, das iranische Mullah-Regime ist seit vielen Jahrzehnten ein Herd von Problemen, Kriegen, Terrorismus und Flüchtlingswellen (die iranischen Revolutionsgarden beteiligten sich auch am Syrienkrieg und lösten damit die Flüchtlingswellen der Jahre 2015 ff. mit aus), sodass sich die Frage eines militärischen Sturzes, eines Regime Change dieses als klerikalfaschistisch betrachtbaren Regimes durchaus stellt.

Dass islamische Regierung dieses Lied als gewissermaßen "feindlich" betrachten, ist übrigens nichts Neues. In der Türkei wurde im Jahr 2020 derselbe Song als "regierungsfeindlich", "kulturfeindlich" und "islamfeindlich" oder "religionsfeindlich" oder so verboten.

Es war daher naheliegend, dass das iranische Regime ähnlich darauf reagieren würde. Was man als Argument für die Provokationsabsicht betrachten kann.

Und in Anbetracht dessen, dass kommunistische Bewegungen manchmal eine Tendenz zum Radikalatheismus haben, ist es nicht völlig unverständlich. dass islamische Regierungen diesen Song sehr kritisch sehen.

De facto gibt es auch große Unklarheiten darüber, was die wirkliche Absicht der iranischen Frauen ist, diesen Sing mit dieser Geschichte zu singen, oder zu spielen:

.) die Absicht, eine gewalttätige Revolution auszulösen, ist eine Möglichkeit.

.) die Absicht, das iranische Mullah-System zu einer Überreaktion zu provozieren, ist eine weitere Möglichkeit. Allerdings ist das mit der Provokation eine heikle Sache. Auch völkerrechtlich: so sah das "Geneva Statement on Ukraine" vor, dass alle Seiten auf Provokationen verzichten.

Und mit der etwaigen Provokationsabsicht einher geht auch die Frage einer etwaigen moralischen Mitverantwortung für etwaige Opfer.

Hier ein Link zum Wikipedia-Artikel zu "Bella Ciao", der auch die italienische Textversion und die deutsche Übersetzung in der Version des Zweiten Weltkriegs enthält:

https://de.wikipedia.org/wiki/Bella_ciao

Manche arabische Medien oder Nahostmedien, die diesen Song vorstellen, und behaupten, in diesem Song ginge es mehr um Hoffnung als um Befürchtung, verschweigen den Zusammenhang dieses Songs mit dem Kampf der (oft kommunistischen und radikal-atheistischen) italienischen Partisanen gegen den "Faschismus".

So gesehen enthält der Song auch eine Gleichsetzung des iranischen Regimes mit dem "Faschismus", wofür es durchaus Argumente gibt, die man hier im freien Westen zwar bringen kann, die zu bringen in islamischen Staaten aber gefährlich sein kann.

In Zusammenhang mit dem Italien des Zweiten Weltkrieges ist zu sagen, dass der Faschismus in Italien anders war als der Nationalsozialismus, neben Mussolini gab es mit König Viktor Emanuel und dem sogenannten "faschistischen Großrat" weitere Machtinstanzen, zu denen es in Nazideutschland keine Entprechung gab. In Italien gab es vergleichsweise geringfügige Diskriminierung von Juden, aber keinen organisierten Massenmord. Mussolini wurde auch parteiintern heftig kritisiert, erst teilentmachtet als Oberbefehlshaber und dann auch als Staatschef und Ministerpräsident abgesetzt, wurde dann inhaftiert und von den Nazis wieder befreit und als Herrscher des restlichen Norditalien wiederinstalliert.

Bei der Auslösung all dieser Prozesse schienen die (kommunistischen) italienischen Partisanen eine sehr geringe Rolle zu spielen, und eher die West-Alliierten Kriegserfolge und auch die west-alliierten Bombardements eine größere und wesentlichere.

Die italienischen, oftmals kommunistischen Partisanen können auch in einem ideologisch-politischen Naheverhältnis gesehen werden zu den "Republikanern" im spanischen Bürgerkrieg 1936-1939, der trotz der "No pasaran!" (" Wir werden sie nicht durchlassen!" )-Parolen der Republikaner mit einer Niederlage endete und mit einem Sieg von General Franco und dem von ihm geführten Bündnis aus Falange, konservativen Militärs, kirchenorientierten Kreisen und anderen Gruppen.

Der starke radikal-atheistische Aspekt der spanischen Republikaner mag dazu beigetragen haben, Religiöse in Francos Arme zu treiben und den Bürgerkrieg (aus Sicht der Republikaner) zu verlieren.

Republikanerinterne Konflikte zum Beispiel zwischen Gemäßigteren und Stalinisten sowie die mangelnde militärische und kriegerische Erfahrung taten ein übriges, damit die Republikaner verlieren und die sogenannten "Franco-Faschisten" gewinnen; die Aussage von General, Wiener Bürgermeister und späterem österreichischen Bundespräsidenten Theodor Körner (SPÖ) in Bezug auf den "republikanischen Schutzbund" (ebenfalls SPÖ): "Mit einer Armee von Pazifisten kann man keinen Krieg führen, geschweige denn, gewinnen", kann man so gesehen auch für die "linken" spanischen Republikaner oder die italienischen Partisanen gelten lassen.

Gerade die geringe realpolitische Bedeutung, die die italienischen Partisanen im Zweiten Weltkrieg hatten, kann man vielleicht als Argument dafür betrachten, dass es den iranischen Frauen, die diesen Song wiederbeleben, eher um Provokation einer Überreaktion durch das Regime gehen könnte, als um wirkliche Auslösung einer gewalttätigen Revolution. Aber alleine schon das rhetorische oder gesangliche Liebäugeln mit gewaltsamen, radikal-atheistischen Partisanenkampf kann Konflikte schaffen, die auch langfristig, auch für einen Nach-Mullah-System-Iran, Probleme bedeuten können, ebenso wie die verfälschende Glorifizierung des österreichischen "Bürgerkrieges" 1934 durch die SPÖ sie eher in Richtung gewalttätigen Antifaschismus und weg von normaldemokratischem Verhalten trieb, was sie auch im "spezialdemokratischen" (Copyright Norbert Leser) Verhalten des Jahres 2000 äußerte, als die SPÖ es nicht schaffte, sich von "Widerstand, Widerstand, Schüssel-Haider an die Wand!"-Parolen zu distanzieren. (Das An-die-Wand-Stellen ist eine Metapher für kriegsrechtliche Erschiessungskommandos)

Ich möchte hinzufügen, dass ich keineswegs ein Befürworter des iranischen Mullah-System bin, sondern dieses oft kritisiert habe, allerdings aus einer sicheren westlichen Position heraus.

Und dass ich vielfach den Koran völlig anders interpretiere, als viele islamische Strömungen. Z.B. in der Kopftuchfrage, die auch im Falle der Tötung von Jina Mahsa Amini eine Rolle spielte (sie hatte sich Berichten zufolge geweigert , eines zu tragen), neben dem Aspekt, dass sie eine Kurdin war, und keine Perserin.

Ich bin erst kürzlich über ein Youtube-Video gestolpert, das die Koranstellen zum Kopftuch völlig anders interpretiert als z.B. ich:

der Satz aus der erwähnten KoranSure 24,31 bei Minute 1.06 lautet "Und sie sollen ihre Kopftücher auf den Brustschlitz ihres Kleides schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen".

Das muss ganz und gar nicht eine Pflicht zum Tragen eines Kopftuches bedeuten, sondern kann auch folgendermaßen interpretiert werden:

Die Hauptsache sind die Brüste und die Anziehungskraft der weiblichen Brüste auf die (heterosexuellen) Männer. Damals zu Zeiten Mohammeds waren weder hochgeschlossene Kleidungsstücke wie Rollkragenpullover noch Schals bekannt, sondern nur jackenähnliche Oberbekleidungsstücke, die eben einen tiefen Blick in das Dekollete zuliessen. Und es ging eigentlich nur darum, den männlichen Blick auf die weiblichen Brüste zu verhindern, der gesellschafts- und ehedestabilisierende Effekte haben konnte: das Kopftuch ist nur deswegen erwähnt, weil es das damals einzige Kopfbekleidungsstück war, eigentlich gedacht für die Sandstürme in der arabischen Wüste.

Und auch wenn eine Frau ein Kopftuch bei Nichtsandsturm als Schal trägt, also nur um den Hals gewickelt, aber die Kopfhaare freilassend, aber den vorhandenen Brustschlitz bedeckend, dann sind damit die koranischen Vorgaben erfüllt. Auch wenn eine Frau einen Schal trägt, anstelle eines Kopftuchs, und mit diesem Schal ihren Brustschlitz bedeckt, dann sind die koranischen Bedingungen erfüllt. Auch wenn eine Frau einen hochgeschlossenen Rollkragenpullover trägt, und eben deswegen gar keinen Brustschlitz eines jackenähnlichen Oberbekleidungsstücks hat, dann können sowohl Kopftuch als auch Schal wegfallen, weil der Rollkragenpullover die Koran-Erfordernis, die Brüste komplett zu bedecken, und männliche Blicke darauf zu verhindern, komplett und ausreichend erfüllt. Das Absurde (auch an den westlichen Medien) ist, dass keines davon laut meiner Beobachtung darüber berichtete, ob Amini, der die sogenannte "Sittenpolizei" das Ablegen des Kopftuchs zum Vorwurf machte, was dann in ihrer Tötung endete, die Pflicht zur Bedeckung der Brüste anders als durch das Kopftuch erledigte, oder ob sie das Kopftuch als Schal trug, und damit wie vorgesehen den Brustschlitz bedeckte. Ebenfalls kein Medium schrieb oder sendete, dass unbekannt sei, ob Amini die Brustschlitzbedeckungspflicht anders erfüllte als durch Kopftuch oder ob sie die Brustschlitzbedeckungspflicht nicht erfüllte.

Das (christlich-ländliche) Bekleidungsstück Dirndl ist zwar, was das Zeigen der weiblichen Brust betrifft, sehr freizügig, aber der potenzielle ehe- und gesellschaftsdestabilisierende oder männerrivalität-provozierende Effekt dieser Freizügigkeit wird durch eine praktisch verpflichtende Schleifentragordnung eingedämmt: je nachdem, ob eine Frau die Dirndl-Schleife links oder rechts trägt, signalisiert sie, auf der Suche nach einem Mann zu sein und diesbezüglich angesprochen werden zu wollen, oder eben bereits vergeben zu sein und bzgl. Verpartnerung nicht mehr angesprochen werden zu wollen. Sodass die Pflicht-Schleife beim Dirndl eine Art Funktionaläquivalent der islamischen Brustschlitzbedeckungspflicht ist.

Womit wir beim weiteren Mißbrauch des Kopftuchthemas durch zahlreiche islamische Kleriker wären.

Das Kopftuch steht in Zusammenhang mit zahlreichen anderen pseudo-islamischen Regeln, bzw. Koranverfälschungen. Insbesondere mit der angeblichen islamischen Endogamie (Muslimas dürfen angeblich nur Muslimische Männer heiraten, für Männer hingegen existiert eine ähnliche Einschränkung nicht). Oder von den angeblich islamisch-verpflichtenden Ehrenmorden. Das leitet sich ab von Koranstellen, die besagen, dass die islamische Gemeinde Muslimas, die flüchten (vermutlich aus Beziehungen mit Nichtmuslimen) genau auf ihren Glauben prüfen soll, und wenn sie der Meinung ist, ihr Glaube sei ernst, sie nicht zurücklassen sollen. Der sudanesische Politiker und Rechtsgelehrte Hassan al-Turabi vertrat in seiner späten Phase die Meinung, dass Muslimas christliche und jüdische Männer heiraten dürfen, oder Beziehungen mit ihnen haben dürfen. Er hat dadurch (und durch ähnliche Interpretationen) sich zwar Morddrohungen von den konservativen Islaminterpreten bzw. Islamverfälschern eingehandelt, aber andererseits bei Vielen den Ruf eines "islamischen Martin Luther" eingehandelt.

Dass man die Brustschlitzbedeckungspflicht auch als Pflicht zum Tragen von hochgeschlossenen Pullovern interpretieren kann, wurde übrigens durch "meine" Muslima-Attentäterin bestätigt, die mich in einem genau solchen Outfit mit hochgeschlossenem Pulli und ohne Kopftuch überfiel. Und es stellt sich die Frage, ob der Raubüberfallsversuch von ihr auf mich die einzige übrige ihr erlaubte Kommunikationsmöglichkeit war, nachdem der Mufti der IGGÖ (islamische Glaubensgemeinschaft Österreichs) im Frühjahr 2017 eine Kopftuchpflichtfatwa erlassen hatte. Es wurde übrigens nur die Veröffentlichung dieser Kopftuchpflicht des Muftis der IGGÖ zurückgezogen, aber inhaltlich wurde diese Kopftuchpflicht nie zurückgenommen.

Hier eine "Bella, Ciao"-Version, die sich mehr am Drum&Base orientiert.

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