Ist SPD durch Nachrüstungsstreit schuld an Helmut Kohl´s Macht ?

Das als Qualitätsmedium geltende Magazin "Spiegel" brachte einen Artikel, der die Lobeshymnen für Helmut Kohl relativierte.

http://www.spiegel.de/spiegel/helmut-kohl-ein-grosser-kanzler-war-er-nicht-ein-widerspruch-a-1153425.html

Helmut Kohl (CDU) war von 1982 bis 1998 Kanzler und damit der am längsten "dienende" Kanzler des Nachkriegsdeutschland.

Kohl kam an die Macht, weil die SPD sich in der Nachrüstungsdebatte selbstzerfleischte und der Koalitionspartner FDP deswegen den Glauben an den Sinn der Koalition verloren hatte.

Und was die Skepsis gegenüber der Sowjetunion betraf, so hatten CDU/CSU und FDP eigentlich schon lange gut zusammengepasst.

Kohl sei provinziell, patriarchalisch, ausländerfeindlich und antiintellektuell gewesen, so der Spiegel.

Aber der springende Punkt ist: das wußte, bzw. diesen Eindruck hatte die SPD schon über Helmut Kohl, bevor sie sich in der NATO-Nachrüstungsfrage selbstzerlegte und in einem wüsten Richtungsstreit, speziell zwischen den Protagonisten Helmut Schmidt und Willy Brandt, als Regierungspartei quasi selbstvernichtete.

Hätte die SPD als Ganzes irgendein Verantwortungsbewußtsein, irgendeine Voraussicht gehabt, dann hätte sie den SPD-internen NATO-Nachrüstungsstreit um jeden Preis verhindern müssen, weil absehbar war, dass dieser dem laut Spiegel "provinziellen, patriarchalischen, ausländerfeindlichen und antiintellektuellen" Helmut Kohl den Weg zur Kanzlerschaft öffnet und ebnet.

Aber Verantwortungsethik und Voraussicht ist nicht die Stärke von - polemisch und übertrieben gesagt - gesinnungsethisch-vertrottelten Pazifisten, wie sie am linken Rand der SPD zu finden waren.

Auch die Möglichkeit einer vereinbarten Parteispaltung erkannten die beiden sich innig befetzenden SPD-Flügel nicht. (Für unsere bundesdeutschen Leser: "befetzen" ist wienerisch für "zerstreiten", "bekriegen" )

Also, bitte, lieber Spiegel, bitte, liebe SPD: erst einen blödsinnigen Streit liefern, der absehbar die Koalition beendet und die Wende zu Schwarz-Gelb einleiten muss, und dann hinterher jammern, wie "provinziell, patriarchalisch, ausländerfeindlich und antiintellektuell" Kanzler Helmut Kohl gewesen sei, ist schon ziemlich blöd für eine Partei, die behauptet, anders zu sein als der angeblich antiintellektuelle Kohl.

Genauso wie Jörg Haider in Österreich von der SPÖ an die Macht gewarnt wurde, genauso wurde in Deutschland Helmut Kohl an die Macht gestritten von der SPD.

SSKM-"Selbst Schuld, kein Mitleid".

Vielleicht war die SPD auch überheblich und dachte, der angeblich ach so "provinzielle, patriarchale, ausländerfeindliche und antiintellktuelle" Helmut Kohl würde sich sowieso nicht lange halten. So ähnlich wie die US-Demokraten dachten, die US-Amerikaner würden nie Trump wählen, weshalb die Fehler Hillary Clintons belanglos seien.

"Hochmut kommt vor dem Fall"

Die Art und Weise, wie die SPD sich durch den NATO-Nachrüstungsstreit als Regierungspartei selbst beerdigte, ist ein würdiges zusätzliches Kapitel für die Aufnahme in Barbara Tuchman´s Buch "Die Torheit der Regierenden".

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