Ich habe gestern einen Brief abgeschickt an den Österreichischen Verfassungsgerichtshof, in dem ich geschildert habe, wie ich mir Verfassungsgerichtshofklagen zu Demokratisierung Österreichs vorgestellt hätte, die ich aber nicht machen konnte, weil ich trotz jahrelangem Bemühen und vielen Dutzenden Anfragen keinen Anwalt finden konnte und beim österreichischen Verfassungsgerichtshof Rechtsanwaltspflicht herrscht.

Dabei ginge es um die Aufhebung der Volksbegehrengesetzes und die Aufhebung des Volksbefragungsgesetzes als verfassungswidrig.

Hier der Text:

"An den

Verfassungsgerichtshof Dieter Knoflach

Freyung 8 derzeit wohnungslos

1010 Wien Email: d.knoflach@gmx.at

Wien, 9.7.2019

Betrifft: Normenkontrolle Volksbefragungsgesetz 1989; Volksbegehrensgesetz 2018; Berufsheer-Zivildienst-Volksbefragung 2013; Koppelungsverbot nach dem Muster deutscher Landesverfassungsgerichtsjudikaturlinien

Sehr geehrte Damen und Herren !

.) Ich ersuche darum, entweder die Volksbefragung zu Berufsheer und Zivildienst aus dem Jahr 2013 für verfassungswidrig und ungültig zu erklären oder das Volksbefragungsgesetz 1989, auf dessen Grundlage diese Volksbefragung durchgeführt wurde, für verfassungswidrig zu erklären, und zwar deswegen, weil diese Volksbefragung mit dem Text „a) Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres oder b) Sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes?“ eine unsachliche Verknüpfung und Überlagerung von zwei Fragen darstellt, erstens der Frage Wehrpflicht-versus-Berufsheer, zweitens der Frage Zivildienst-versus-freiwilligesSozialjahr.

.) Für die Älteren war die Beibehaltung des billigen Zivildienstes ausschlaggebend, für die Jungen eben die Abschaffung desselben. Weil Österreich ein neutrales Land ist und sich an Kriegen prinzipiell nicht beteiligt und weil für Österreich keine Gefahr besteht, angegriffen zu werden, weil die NATO in den letzten 30 Jahren um Österreich herumgewachsen ist, spielte die Frage des Berufsheer keine Rolle: Argumente wie „Die traditionelle Ortskenntnis der Wehrpflichtigen ist kein Vorteil mehr, wenn man die EU an ihren Außengrenzen verteidigen muss“ oder „Die Komplexität moderner Waffensysteme erfordert ein Berufsheer“ kamen in der Debatte nicht vor.

Die deutschen Landesverfassungsgerichte haben für diese Problematik die Judikaturlinie des Koppelungsverbots entwickelt, laut dem es verboten ist, in einer direktdemokratischen Frage Sachen zu koppeln und zu Paketen zu bündeln, die keinen Zusammenhang haben.

.) Die Antwortmöglichkeitskombination „Вerufsheer plus Zivildienst“, die wahrscheinlich die besten Erfolgschancen gehabt hätte, wurde als Antwortmöglichkeit nicht angeboten.

.) Angenommen, 40% sind für die Kombination Berufsheer und Zivildienst und 20% sind für die Kombination Berufsheer und Sozialjahr und 20% sind für die Kombination Wehrpflicht und Zivildienst und 20% sind für die Kombination Wehrpflicht und Sozialjahr, und für Alle hat die Zivildienst-Sozialjahr-Frage Priorität gegenüber der Berufsheer-versus-Wehrpflicht-Frage, dann hat das Berufsheer eine 60%-Mehrheit gegenüber der Wehrpflicht, aber weil es die sub-dominante Sache ist, wird eine Mehrheit von 60% für die Kombination von Wehrpflicht und Zivildienst stimmen und gegen die Kombination Berufsheer-Sozialjahr, woraus zumindest weite Teile von Politik und Medien in Österreich den Schluss zogen, dass das Berufsheer abgelehnt werde, was aber gar nicht der Fall sein muss, wie das 60%-Mehrheit für das Berufsheer beweist. D.h. Durch das Fehlen eines Koppelungsverbots wird der Volkswille in sein Gegenteil verkehrt, was §1 B-VG, Demokratieprinzip, widerspricht.

.) §1 B-VG lautet: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volke aus.“ Wenn die Eliten die Fragestellung, die Paketformulierung, damit das Ergebnis und hinterher die Interpretation des Ergebnisses der Paketabstimmung bestimmen, dann entscheiden praktisch die Eliten alleine und das Volk hat lediglich eine Bestätigungs- und Abnickfunktion, eine Grüßaugustfunktion, was dem Wesen der Demokratie widerspricht und Diktatur in Verkleidung ist.

.) Meine Antragslegitimation bzgl. des Volksbefragungsgesetzes bzw. der Wehrpflicht-Berufsheer-Volksbefragung besteht darin, dass ich Bundesparteivorstand einer Partei, nämlich der „realpolitischen Sozialdemokratie“ bin, die Krieg als Ultima ratio der Politik betrachtet, und dass zahlreiche der Konzepte, die ich in diesem Rahmen entwickelte, sinnlos sind mit Wehrpflichtigen, und dass die Volksbefragung 2013, deren Ausgang als gegen das Berufsheer gerichtet interpretiert wurde, mir bzw. meiner Partei diesbezüglich schadet.

.) Ich ersuche des weiteren darum, das Volksbegehrens-Gesetz 2018 aufzuheben, wegen Fehlens eines Koppelungsverbots. Wenn zehn verschiedene Themen und Anliegen in ein Volksbegehren verkoppelt werden, wie z.B. beim Bildungsvolksbegehren von Androsch & Co., dann findet fast jede/r Wahlberechtigte einen Punkt, wo er/sie nicht mitkann, auch wenn er/sie die anderen neun Punkte unterstützt. Durch die Nichtunterschrift trotz überwiegender Zustimmung entsteht der Eindruck, das Instrument des Volksbegehrens sei sinnlos, was wiederum sowohl Einleitung von als auch Beteiligung an den Volksbegehren verringert. Das Fehlen eines Koppelungsverbots nach deutschem Muster führt zur weitgehenden Unbrauchbarkeit des Instrument des Volksbegehrens. Dadurch wird dem Volk eine demokratische Mitbestimmungsmöglichkeit entzogen, was wiederum dem §1 B-VG „Österreich ist eine Demokratische Republik, ihr Recht geht vom Volke aus“ widerspricht.

.) Meine Antragslegitimation bzgl. Volksbegehrensgesetz besteht darin, dass ich schon seit längerem überlege, ein Volksbegehren einzuleiten (und zwar mit dem Ziel eines Reihungswahlrechts a la Schulze oder Borda bei der Bundespräsidentenwahl), dass ich dies aber nicht tat, weil das Volksbegehrens-Instrument beschädigt war, auch und sehr wesentlich durch Paketabstimmungen wie das Bildungsvolksbegehren von Hannes Androsch & Co., bei dem 10 Themen in ein Begehren gekoppelt wurden.

.) Bezüglich der Rechtsanwaltspflichtspflicht, die bei VfGH-Verfahren eigentlich vorgeschrieben ist, erkläre ich, in den letzten Jahren viele Dutzende Anfragen an Rechtsanwälte und -innen gerichtet zu haben, auf die aber ablehnend oder gar nicht reagiert wurde. Kurios war auch, dass Kanzleien, die laut Rechtsanwaltskammer „Verfassungsrecht“ als einen Bereich haben, mir mitteilen, dass Verfassungsrecht nicht ihr Schwerpunktgebiet sei. Ich berufe mich so gesehen hinsichtlich der Rechtsanwaltspflicht auf einen außergesetzlichen Notstand.

Mit freundlichen Grüßen und der Bitte um Antwort, wie Sie mit diesem Ausnahmezustand umzugehen gedenken

Dieter Knoflach"

Einer der Gründe, warum soviele Punkte in eine Volksbegehren hineinverkoppelt werden, ist der Kostenaspekt: ein Volksbegehren mit einem Punkt kostet - gemäß jetzigem Gesetz - genauso viel wie ein Volksbegehren mit 10 Punkten. Daher ist es auf KOstengründen günstig, zu verkoppeln, obwohl das auch Sicht der "Reinheit des Abstimmungsergebnisses", wie das der VfGH wohl ausdrücken würde, ungünstig ist, weil dann eben Priorisierungen eine Rolle spielen, weil man das gesamte Begehren wegen eines einzige Phnktes nicht unterschreibt, etc.

Eine Alternative wäre inhaltliches Splitting: bei gleichen Kosten wird vom Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt, separate Punkte separat zu unterschreiben oder auch nicht.

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Dieter Knoflach

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Margaretha G

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