Fiasko - digitale Urheberrechtsreform (Öttinger fehlt der Plan)

Infolge der Digitalisierung artet das alte UrhR zu einem Fiasko aus und ist mit der Internetwelt kaum mehr verträglich. Es ist ein Recht zugunsten der Verleger und Verwertungsgesellschaften, für den eigentlichen Urheber bleibt oft kaum mehr etwas übrig, Autoren müssen teilweise schon selbst dazuzahlen.

Das Urheberrecht ist ein völlig anachronistisches Recht mit 70-jährigen Schutzfristen bei Komponisten, Autoren,etc... völlig verrückt. 20 Jahre wie im Patentrecht würden völlig ausreichen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muß sogar seine eigenen Inhalte nach 7 Tagen entfernen unter "Sendung verpasst" entfernen, weil dies der Marktkapitalisierung des Privatrundfunk im Weg steht.

Das UrhR ist mit unbestimmten Gesetzesbegriffen übersät und birgt daher eine große Rechtsunsicherheit. Wer sich als Beklagter in einen Urheberrechtsprozess einlässt, wird höchstwahrscheinlich verlieren verbunden mit hohen Prozess-und Anwaltskosten, weil es ein unausgewogen assymetrisches Recht zugunsten der Verwertungsindustrie ist. Auf ein Abmahnschreiben nicht zu reagieren und nicht Lehrgeld zu zahlen, wäre daher äußerst unvernüftig. Wer sich auf einen Prozess einlässt, hat mit einer Kostenlawine zu rechnen.

Auch das Teilen von Wissen in der Wissengesellschaft wird unheimlich erschwert und oft sind auch Urheber schwer ausfindig zu machen.

Mit dem amerikanischen "Fair Use"- Prinzip könnte man einige der aktuellen Probleme viel vernünftiger lösen. Dabei wird nicht das Ideele an sich geschützt, sondern nur wenn der Nutzer diese fremde Idee als eigene Idee ausgibt und zu Geld, also eigenen Profit mit Raubkopien macht. Das urheberrechtlich zu sanktionieren, versteht jeder wirtschaftlich denkende Mensch.

Jedoch Jugendliche im Facebook mit Abmahnschreiben (... zahlen Sie 1.500 €, oder wir klagen) abzuzocken ist reinstes Raubrittertum und hat mit dem "fair use" - Prinzip gar nichts zu tun. Deutsche Anwälte haben Facebookseiten gecheckt und sind zur Erkenntnis gekommen, das urheberrechtlich fast jede Facebookseite ein Abmahnpotentail von 1000 bis 10.000 € aufweist. Das kanns doch nicht sein, einfach grotesk dieses UrhR. Sehr gefährlich sind Bilderraubkopien.

Ein Künstler, der eine Kollage aus 50 Bildern anderer Urheber erstellt, dies fällt nicht unter die künstlerische Freiheit, denn wenn er das heute mit digitalisierten Werken tut, bekommt er von der Hälfte der Urheber kostenintensive Abmahnungen.

Vernünftig im UrhR wären "Kulturflat-Tarife", das wird auch kommen und sie geben Rechtssicherheit und sind für alle Beteiligten am gscheitesten.

Zu den UrhR-Raubrittern gehören vor allem die Verwertungsgesellschaften, wenn sie Lizenzen für Werke eintreiben, deren Urheber sie gar nicht vertreten und denen sie die eingetriebenen Lizenzen nicht überweisen. Die Nichtverfolgung dieses Verhaltens unterminiert auch die Akzeptanz des aktuellen Systems. Auch fällt für den eigentlichen Urheber, der sein Werk der Verwertungsgesellschaft zur Nutzung abtritt, viel zu wenig ab.

Schon 2 Jahrzehnte kann man von Krisenjahren im digitalen UrhR sprechen ohne befriedigende Lösungen. Kürzlich hat deswegen im deutschen Justizministerium eine Debatte stattgefunden über UrhR und WIPO-Verträge (= World Intellectuell Property Organization).

Das Leistungsschutzrecht (= Google lukriert mit Inhalten von Medien selber Werbeeinnahmen und will ihnen vom Werbeerlös nichts abgeben) ist teilweise totes Recht geworden, weil sich die Verleger gegen Google nicht durchsetzen konnten und Google ihre Websites gesperrt hätte, eine kaufmännische Katastrophe für ein Medium. In Österreich liegt es auf Eis bzw. zur Begutachtung beim EMRGH infolge der negativen, deutschen Erfahrungen.

Die viel zu langen Schutzfristen von 70 Jahren schaufeln den Verlagen Millionen zu, völlig ungerechtfertigt. Wenn Werke nicht genutzt und verwertet werden, sollte die Schutzfrist überhaupt noch viel früher enden.

Das Problem ist auch hier, dass die übermächtige Verwertungslobby auch Druck auf das Ministerium macht und die sich verkaufen lassen. Eine Wissensgesellschaft kann nur dann blühen, wenn das UrhR die Verbreitung von Wissen nicht dauernd blockiert.

Auch mit der eBook-Buchdigitalisierung seitens der öffentlichen Bibliotheken gabs massive Rechtsprobleme, Urheber waren nicht ausfindig machbar, etc... so geht Wissen durch ein unsinniges Gesetz verloren. Bibliotheken sollen mehr Werke verfügbar haben und der öffentlich-rechtliche Rundfunk Inhalte unter freien Lizenzen wie "Creative Commons" ins Netz stelle.

Die vielen neuen Verbreitungsmöglichkeiten des Internets kann man in kein viel zu enges, rechtliches Korsett stecken, das ist kontraproduktiv. Statt noch strengere Gesetze solle man lieber alternative, pauschale Vergütungsmodelle andenken, nämlich günstige Flattarife insb. für Streaming, wo aber ohnedies kein Download (also keine Kopie) stattfindet und somit urheberrechtlich noch nicht fassbar ist.

Studien besagen, dass die Innovation auf digitalen Märkten durch das rigide Urheberrecht dzt. massiv behindert wird.

Startups, die ihre Geschäftsmodelle auf Inhalte von Dritten oder von Nutzern aufbauen wollen, stoßen demnach häufig auf Schwierigkeiten, Rechteinhaber ausfindig zu machen oder sich die benötigten Lizenzen einräumen zu lassen. Oft sei den Firmen dabei nicht klar, welchen Haftungsrisiken sie sich selbst aussetzten.

EU-Digitalkommissar Günther Oettinger beklagte auf einer Konferenz der "europäischen Initiative Urheberrechtsreform", dass der Zeitgeist jüngst "eher in Richtung Piraterie ging". Nun müsse geistige Arbeit wieder besser geschützt und wertgeschätzt werden. Öttinger hat das Problem, dass seine digitalen Kenntnisse sich auf dem Niveau seiner Englischkenntnisse bewegen und er immer seinen Sohn fragen muss.

Auch das Thema "Geoblogging" (Ländersperren für TV-Programme) kommt nicht vom Fleck. Man gewinnt auch hier wieder den Eindruck einer gewissen Konzernehörigkeit der Eurokraten in Brüssel.

Von der EU erwarte ich mir eine Liberalsisierung und nicht wie es den Anschein hat Verschärfung des UrhR. Sogar die "Linksetzungs"-Freiheit soll bedroht sein, obwohl der EUGH im Linssetzen keinen Copyright-Verstoß sah.

EU-Abgeordente Julia Reda (= "Initiativentwurf" erstellt für einheitliche EU-VO) mit Durchblick hat vorgeschlagen, dass das Urheberrecht flexibler werden soll, und die Schutzfrist wieder auf 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers beschränkt werde. Auch sollen E-Books künftig kopiert und von Bibliotheken verliehen werden dürfen.

Die Panoramafreiheit soll, wie in Deutschland oder Österreich, unionsweit gleich normiert werden. Ohne Normierung der Panoramafreiheit wäre es verboten, ein urheberrechtlich geschützte Werk (zum Beispiel Gebäude), die von öffentlichen Verkehrswegen aus zu sehen sind, zu fotografieren und zu veröffentlichen, wenn dafür nicht zuvor die Genehmigung des Urhebers des Werkes vorliegt. Den Eiffelturm am Tag fotografieren ist rechtlich o.k., eine Nachtaufnahme ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht zB. im Facebook veröffentlicht werden (=grotesk)."Fotografieren o.k., Veröffentlichen nein", ein Unternehmen hat sich die Rechte an der Beleuchtung des Bauwerks bei Nacht gesichert. Wer ein Foto vom Eiffelturm bei Nacht kommerziell veröffentlicht, muss sich daher die Genehmigung von SETE illuminations besorgen. http://www.welt.de/finanzen/verbraucher/article130853217/Nachtfotos-vom-Eiffelturm-koennen-teuer-werden.html

Selbst das Fotografieren zB. in Museen (Hausordnung) oder von Personen nach dem Persönlichkeitsschutzrecht kann verboten sein. Werden Museumsbilder im Facebook gepostet, kann es schnell rechtlichen Ärger geben. Das gilt vor allem für neuere Kunstwerke, wo die 70-Jahresschutzfrist noch gilt (zB. bei Andy Warhol haben Erben noch Urheberrechtsansprüche und teure Abmahnung wegen Verletzung von Urheberrecht können die Folge sein).

Das "Zitaterecht" (=Copy&Paste von Teilen fremder Medien-Inhalte) sollte auch auf audiovisuelle Medien erweitert werden.

Eine Kurzfassung zum komplexen Urheberrecht gibts unter:https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/digitaloekonomie-ii-e-commerce-webshops-it-recht-urhr-tipps-12313

Von den schon weit über 10 EU-Richtlinien ist die 11. EU-RL - sog. "Infosoc-RL" (RL 2001/19/EG) die wichtigste, weil sie das

in nationales Recht transformierte Verwertungs-Vervielfältigung- und Verbreitungsrecht (§§ 14 bis 16 UrhG) von urheberrechtlich geschützten Werken regelt. Der Urheberrechtschutz gilt ex lege automatisch bei jedem Werk, das C (=Copyright) muss nicht dabeistehen. Jede "eigentümliche geistige Schöpfung" gilt schon als Werk ohne besondere Ansprüche zB) gewöhnliches Urlaubsfoto oder ein Text.

1
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 27.04.2016 22:20:30

7 Kommentare

Mehr von EBgraz