Marc Aurel's "Selbstbetrachtungen" - Helmut Schmidt's Lieblingsbuch der stoischen Gelassenheit.

“Die Bewahrung der inneren Gelassenheit”. Die Vernunft muss die Einflüsse des Körpers auf die Seele (=Triebe) zurückdrängen” (Emotionales Handeln muss durch die Vernunft kontrolliert werden). Vernunft und Logik sind wichtig für ein gelingendes Leben und schützen vor falschen Urteilen. Von der platonischen Ideenlehre (Dualismus) wollten die Stoiker nichts wissen. ...Schmidt:“Ich war 100 x bewusstlos, es hinderte mich aber nicht, als Regierungschef meine Pflicht zu tun...”Auch Willy Brand soll immer wieder Opfer depressiver Episoden gewesen sein und verschwand dann immer wieder für einige Tage...Krankheit wurde bei Politikern geheimgehalten.

(Schmidt war übrigens Fan von Mark Aurel’s “Selbstbetrachtungen”) …..siehe 5min.Video mit Schmidt (ex ZEIT http://www.zeit.de/video/2014-11/3914645148001/hamburg-helmut-schmidt-ich-bin-nie-ganz-gesund-gewesen#autoplaySchmidt:

Während seiner letzten zehn Lebensjahre, in Feldlagern am Rand der römischen Zivilisation entstehen Marc Aurel's

“Selbstbetrachtungen”.

Das philosophische Tagebuch, das nicht zur Veröffentlichung bestimmt war, stellt ein außerordentlich intimes und ehrliches Zeugnis eines königlichen Denkers dar. Die meditativen Gedanken und Aphorismen zeugen von einem edlen Menschenbild und großer Lebensweisheit.

Marc Aurel legt angesichts der Kriegswirren und des sich abzeichnenden Niedergangs des Reiches ein unermüdliches Streben nach Selbstbesinnung und die sprichwörtliche Gelassenheit an den Tag.

“Vergiß nicht - man benötigt nur wenig,um ein glückliches Leben zu führen”.

“Nicht unglücklich sein gegenüber dem Fehlenden, glücklich sein gegenüber den eigenen Fähigkeiten ist seine Maxime”.

“Wäge deine Worte und zeige eine großzügige Denkweise”.

“Die einzige Möglichkeit , ein gelungenes Leben zu führen, liegt in der Selbstbeherrschung und im produktiven Handeln zum Wohl der Gemeinschaft”.

“Verlust ist nichts anderes als Verwandlung”

“Statt ich Unglücklicher, dass gerade mir das passieren musste sollen wir vielmehr denken: Ich Glücklicher, dass ich unbekümmert bleibe trotzdem mir das passiert ist.”

“Mache dich selbst weder zum Herrn, noch zum Sklaven eines Menschen”

“Tue das Notwendige und nicht das Überflüssige”

“Den Durst nach Büchern wirf ab damit du nicht murrend sterben musst”

“Immer eilen die einen Dinge ins Dasein, die anderen beeilen sich zu vergehen und von dem, was entsteht, ist bereits etwas vergangen.”

Lebensqualität ist Teil der kosmischen Ordnung als ein Leben in Tugend und Harmonie mit dem ganzen, von dem der Mensch ein Teil davon ist. Alle Dinge sind mit dem Kosmos nach einem Ordnungsprinzip verkettet. Es ist der Kosmos, der alle Dinge lenkt.

Denk oft daran, wie rasch die Dinge sich ändern. Sie sind wie ein Strom im dauernden Fluß (Flow), ihre Auswirkungen in ständiger Wandlung und ihre Ursachen in tausendfachem Wechsel begriffen und so gut wie nichts ist dauernd. Unendlich ist die Vergangenheit, grenzenlos die Zukunft.

Ein Mensch, der eine gute Tat vollbracht hat, macht nicht viel Aufhebens davon, sondern er schreitet zu einer neuen. Wie der

Weinstock sich rüsttet, zu seiner Zeit wieder Trauben zu tragen.

"Selbstbetrachtungen" Marc Aurel steht in meinem Bücherregal: Wiederholt kommt Schmidt in seinen Büchern auf Marc Aurel zu sprechen und erwähnt, das ihm die Selbstbetrachtungen Aurels oft ein besserer Ratgeber waren als die Bibel

Im zweiten Jahrhundert nach Christus wird Platons Wunsch Wirklichkeit: Ein Philosoph besteigt den (römischen) Kaiserthron. Marcus Aurelius bleibt allerdings wenig Zeit fürs Philosophieren, schon bald muss er sein Reich an allen Fronten gegen einfallende Barbaren verteidigen. Die gebildeten Römer hatten eine große Affinität zur Stoa, die sich von Zenon, Seneca und Epiktet, Lehrer und freigelassener Sklave von Marc Aurel verbreitete.

Seine praktischen, philosophischen Gedanken folgen im wesentlichen der Stoa und wurden von Epikur, Epiktet, Heraklit, Sokrates, Platon, Poseidonios und Seneca beeinflußt.

Als Tugenden empfiehlt er Gerechtigkeit, Güte, Menschlichkeit, Toleranz, Bescheidenheit, Besonnenheit, Vernunft und Respekt.

Die Welt erkannte er ein harmonisches Ganzes, wie einen Organismus, dessen Teile sinnvoll aufeinander bezogen sind. Die Menschheit gleiche danach einem Baum, dessen Blätter wir sind.

Aurels Selbstbetrachtungen umfassen 12 Bücher, darin Briefe, Aphorismen und eben insbesondere seine Weise der stoischen Weltauffassung. Gleich seinen Vorgängern und auch den Epikureern ist seine Botschaft, angstfrei sich dem Schicksal des Todes hinzugeben.

Wie der spätere Spinoza verkündet bereits Marc Aurel die Allnatur, die Einheit von Gott und Welt und für die persönliche Reife empfiehlt er Selbstachtung als Grundlage der Achtung und dem Respekt gegenüber anderen Menschen.

So schliesst Marc Aurel im 12. Buch:

"..Sei darauf bedacht, nur die Zeit, die Du lebst, das heißt die Gegenwart, ganz zu durchleben, so wird es Dir möglich sein, den Rest Deiner Tage bis zum Tode ruhig, edel und dem Genius in Dir hold hinzubringen.“

Er kämpft gegen die negativen Affekte, wie Zorn, Missmut, Rachsucht , Eigensinn etc. und konstatiert: ” Wer sündigt, versündigt sich an sich selbst; wer Unrecht tut, schadet sich selbst, indem er sich selbst verschlimmert.”

Für mich persönlich klangen immer wieder Einsichten an, die mich an Vergänglichkeit, Tao, Karma, wechselseitig bedingtes Entstehen und Vergehen, Tugendhaftigkeit und Furchtlosigkeit erinnerten. Auch die Tatsache, dass nur du selber dir wirklich schaden kannst und niemand sonst. “Alles, was du siehst, wird sehr bald zerstört werden, und die , welche diesen Zerstörungen zuschauen , werden selbst auch bald zerstört, und durch den Tod wird der älteste Greis mit dem Frühverstorbenen in denselben Zustand versetzt werden.”

” Denke nicht an das, was dir fehlt, vielmehr an das, was jetzt noch für dich da ist, und wähle die unter den vorhandenen Gütern die ersprießlichsten aus und erinnere dich ihretwegen daran, wie du sie wohl aufsuchen würdest, wenn sie nicht vorhanden wären! Jedoch hüte dich zugleich, dass dieses Wohlgefallen daran dich nicht an ihre Überschätzung gewöhne; denn sonst müsste ihr einstiger Verlust dich nur beunruhigen.”

Nicht unglücklich sein gegenüber dem Fehlenden, glücklich sein gegenüber den eigenen Fähigkeiten ist seine Maxime. Das Irdische als vergänglich ansehen, hebt jede Bewertung einer Sache ins realistische. Sich selbst ernst und wahr nehmen in der vergänglichen Zeit ist seine Ich-Botschaft, sein Mantra für ein erfülltes Leben, der Grundstein praktischer Philosophie.

“Erinnere dich, daß alles nur Meinung ist und daß es in deiner Macht steht zu meinen, was du willst.” So ist die "praktische Philosophie" auch bei Nietzsche angelangt, der sich als den letzten Stoiker ansah mit der gleichen Botschaft: "Es gibt keine Tatsachen, es gibt nur Meinung". So schliesst Marc Aurel im 12. Buch: “…bist Du darauf bedacht, nur die Zeit, die Du lebst, das heißt die Gegenwart, ganz zu durchleben, so wird es Dir möglich sein, den Rest Deiner Tage bis zum Tode ruhig, edel und dem Genius in Dir hold hinzubringen.” “Streng’ dein Denken aufs äußerste an, das, was gesagt wird, zu erfassen. Versenke deinen Geist in das, was geschieht, und in das, was die Ursache davon ist.” (Buch VII, Aph. 30) . “Der Zeitpunkt ist nah, wo du alles vergessen hast, und nahe der Zeitpunkt, wo alle dich vergessen haben.” (Buch VII, Aph. 21) Marc Aurel wusste, wer immer sich strebend bemüht und sich von Leidenschaften freihält, erlangt Seelenfrieden. Empfehlenswert!

Die “Selbstbetrachtungen” sind eine unvergängliche Sammlung von Leitsätzen, bestimmt von menschlichen Werten und der Suche nach Überreinstimmung mit der Natur. Der junge Nietzsche hat Marc Aurels Buch als Stärkungsmittel empfohlen - und noch heute taugt es als erbauende Lektüre: ….eine zeitlose Wegleitung zum inneren Frieden durch die Abkehr vom Streben nach Luxus und Ansehen. Ein Großteil der heutigen Lebenshilfe-Literatur ist nur ein schwacher Abklatsch dieses Klassikers.

Zitate Marc Aurels:

Betrachte einmal die Dinge von einer anderen Seite, als du sie bisher sahst, denn das heißt ein neues Leben beginnen.

Das Glück deines Lebens hängt von der Beschaffenheit deiner Gedanken ab.

Denke lieber an das, was du hast, als an das, was dir fehlt!

Es ist dumm, sich über die Welt zu ärgern. Es kümmert sie nicht. Geh immer den kürzesten Weg. Der kürzeste Weg ist der naturgemäße, das heißt, in allen Reden und Handlungen der gesunden Vernunft folgen.Ein solcher Entschluß befreit dich von tausend Kümmernissen und Kämpfen, von jeder Verstellung und Eitelkeit.

Ich habe mich stets gewundert, warum jeder sich selbst am meisten liebt, aber seines Nachbarn Meinung über sich höher schätzt als seine eigene.

Man soll die Feinde lieben, nicht weil sie schon Brüder sind, sondern damit sie Brüder werden.

Nachsicht ist ein Teil der Gerechtigkeit.

So wie die Gedanken sind, ist auch der Charakter; denn die Seele wird von Gedanken geprägt.

Verzweiflung befällt zwangsläufig die, deren Seele aus dem Gleichgewicht ist.

Was du bekommst, nimm ohne Stolz an, was du verlierst, gib ohne Trauer auf.

Wie du beim Sterben gelebt zu haben wünschest, so solltest du jetzt schon leben.

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