23 Prozent beträgt der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen in Österreich. Das errechnete neulich Eurostat. Eine Kennzahl fällt dabei besonders auf: Der Anteil der Teilzeit arbeitenden Frauen mit und ohne Kindern. Aber nicht nur. Darum müssen wir reden, liebe Kollegen!

Der beträgt bei Frauen ohne Kinder unter 15 Jahren 32,9 Prozent. Bei jenen mit Kindern 70,6 Prozent. Auch beim Bruttostundenlohn wird drauf gezahlt. 11,88 Euro beträgt dieser bei Vollzeit, 10,21 bei Teilzeit (restliche Zahlen dazu sind einem Feature auf diestandard.at zu entnehmen). Im Vergleich zu den Männern betrug die Prozentverteilung 2013 laut Statistik Austria rund 80 Prozent. Sprich, nur jede*r fünfte Teilzeitbeschäftigte ist ein Mann. Das ist die andere Seite der Medaille der hohen Erwerbstätigenquote. Im Vergleich zu den EU-28 haben nur Finnland, Deutschland, die Niederlande, Dänemark und Schweden eine höhere Erwerbstätigenquote bei den 15-64-jährigen Frauen. 67,6 Prozent der Frauen in dieser Altersgruppe in Österreich arbeiten (und 77,1 Prozent der Männer), EU-weit „nur“ 58,8. Die Statistik Austria gibt auch Gründe für die Teilzeittätigkeit an. Wenig überraschend war dies bei 37,1 Prozent der Frauen Betreuungspflichten für Kinder oder pfegebedürftige Erwachsene – bei den Männern war dieser Grund nur für vier Prozent ausschlaggebend.

Diese Zahlen quergelesen zeichnet ein unbefriedigendes Bild. Nicht nur, dass Frauen in Teilzeit schlechter verdienen als jene in Vollzeit. Sie nehmen offenbar auch aus Pflichtbewusstsein der Familie gegenüber eher Teilzeitstellen an. Das bestätigt das klassische Rollenbild. Er, der voll arbeiten geht, sie, die bei den Kindern oder Angehörigen daheim bleibt. Natürlich sei es Familien unbenommen, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Niemandem soll vorgeschrieben werden, dass sie voll arbeiten soll und er daheim bleibt. Immerhin spuckt die Statistik ja handfeste Beweise dafür aus, dass das finanziell Sinn macht. Aber am Ende bleibt vor allem eines übrig: Dass sich Frauen in Abhängigkeiten begeben. Denn wer weniger verdient, hat weniger Geld.

Dass Politik und Wirtschaft plötzlich drauf kommen, schlecht bezahlte Teilzeitbeschäftigungen plötzlich besser zu bezahlen, davon ist wohl kaum auszugehen. Jene Berufe, in denen mehrheitlich Frauen engagiert sind, werden einfach schlecht bezahlt. Beispielsweise in der Kinderbetreuung oder im Sozialbereich. Das hat gesellschaftlich einfach keinen Wert. So traurig das klingt, es ist nun einmal so. Darum muss diese (R)Evolution von den Männern ausgehen. Sie müssen sich einfach ihrer Aufgabe bewusst sein und – auch wenn es finanziell hin und wieder der gesamten Familie weh tun sollte – ihren Aufgaben nachkommen.

Ich muss vielleicht ein bisschen einhaken: Ich habe keine Kinder, weiß aber aus dem Bekanntenkreis, dass es derzeit nicht so einfach ist, das Ganze zu finanzieren. Es scheint schon eine Mammutaufgabe zu sein, ein bisschen Zeit zu zweit mit dem Kind zu bekommen. Aber unsere Gesellschaft ist nun einmal leider so aufgebaut, dass man es billigend in Kauf nimmt, dass er arbeiten geht, sie daheim bleibt. Nur wenn die Sache in die Brüche geht oder sich die Väter ohnehin aus der Verantwortung ziehen, ist jene große Anzahl an Frauen, die nur Teilzeitarbeiten nachgeht, schon allein finanziell schlechter gestellt. Von dem Umstand, dass wir bei den sonstigen häuslichen Arbeiten, Stichwort care work, bei 50:50 wären, gar nicht zu reden. Die machen gemäß einer Untersuchung der Statistik Austria 2008/09 nämlich zu großem Teil die Frauen. In Zahlen 3 Stunden und 42 Minuten, die Männer hingegen nur knapp zwei Stunden.

Wichtig ist es hierbei auch, ein bisschen über Heteronormativität zu reden. Dem Mikrozensus 2013 ist beispielsweise zu entnehmen, dass bei Kindern unter 15 Jahren 104.000 Mütter als alleinerziehend gelten, aber nur 9.000 Väter. Abgesehen davon, dass Frauen finanziell nach wie vor eklatant schlechter gestellt sind, soll das aber über zwei Dinge nicht hinwegtäuschen: Auch in vielen, vielen Partnerschaften sind es die Frauen, die eben einen Großteil der Haushalts- und Betreuungsarbeit übernehmen. Sie sind vielleicht zwar durch eine antiquierte Versorgerehe finanziell besser gestellt, aber trotzdem für Kind und Kegel zuständig. Das hängt nun mit dem zweiten Punkt zusammen. Denn es braucht ja nicht unbedingt einen zweiten Erzieher am Papier, der sich um das gemeinsame Kind kümmert. Abgesehen von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften kann eine zweite Erzieher*innenrolle auch von Verwandten oder Bekannten eingenommen werden. Zudem sollte man auch echt einmal vom „Stigma“ der Alleinerzieherin wegkommen. Die bekommen das oftmals mindestens genau so gut hin, wie mit einem Partner. Vor allem einen, den die Kids maximal am Wochenende sehen, weil er seiner Arbeit nachgehen muss.

Zum Vatersein gehört nun einmal mehr, als am Wochenende da zu sein und Geld ran zu schaffen. Das muss endlich einmal in die Köpfe rein. Geld ist wirklich nicht alles und – Kinder hin oder her – es macht sehr wohl etwas aus, wenn er deutlich mehr verdient als sie. Macht ein Sabbatical, geht in Teilzeit, scheißt auf die Beförderung. Eine Partnerschaft ist keine Einbahnstraße, in der sie euch zuarbeitet. Auch wenn es finanziell „weh“ tut. Aber glaubt mir, der neueste Plasmabildschirm kann warten – und der steht hier stellvertretend für all den Schnickschnack, den man glaubt zu brauchen. Die Lebensgemeinschaft, die diese Statistiken nach wie vor für sehr weit verbreitet ansehen, gehören auf den Müllhaufen der Sozialgeschichte!

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