Ausbildungspflicht für alle bis 18 – das neue Heilmittel gegen Jugendarbeitslosigkeit?

Unser Parlament will eine "Ausbildungspflicht für alle bis 18" beschließen, um damit die Chancen der Jugend zu erhöhen, bzw. die Jugendarbeitslosigkeit zu reduzieren, weil viele Jugendliche nach der Pflichtschule aus dem Ausbildungsbereich herausfallen und dann irgendwo im AMS versanden, bzw. mit 18 dort auf einmal aufschlagen.

Klingt ja ganz gut und schön - auch in einer einschlägigen ORF-Diskussion ("60 Min. Politik", ORF III) wurde das von den Bildungssprechern der verschiedenen Parteien als eine hervorragende Idee und "Chance" für die Jugendlichen angepriesen.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diejenigen, die diese Ausbildungspflicht letztendlich trifft, diese Chance aber nicht als solche erkennen. Denn sonst hätten sie diese Chance wohl in den vorangegangenen 9 Jahren Pflichtschule auch als eine solche begriffen und sie genützt.

Schön langsam frage ich mich, was wir unwilligen Menschen – und dazu zähle ich nicht nur lernunwillige Jugendliche – nicht noch alles "nachtragen" bzw. am sprichwörtlichen Silbertablett servieren? Es gibt doch wohl noch so etwas wie "Selbstverantwortung", oder?

Jedes Kind, bzw. dessen Familie, hat es selbst in der Hand, ob es diese Pflicht jetzt nützt, oder aber diese Chance ohne nennenswerten Effekt an sich vorüberstreichen lässt. Und ob ich lerne - oder eben nicht - ist noch immer die ureigenste Entscheidung des Individuums.

Auch ich stamme aus keiner Akademiker- oder gar reichen Familie, meine Mutter war einfache Gastwirtin. Aber ich kann mich noch sehr gut an die Legionen von Rechnungen (in dem Fall Divisionen) erinnern, die sie mir als Aufgabe stellte, weil ich nicht gut im Rechnen war. Und auch meine Aufsätze hat sie immer überwacht und, wenn nötig, ausgebessert. Später, als ich dann ein Gymnasium besuchte, hatte ich eine Zeitlang Nachhilfe in Mathematik.

Was ich damit sagen will - auch aus mir ist etwas geworden, obwohl wir finanziell alles andere als auf Rosen gebettet waren, und die Vorbildung meiner Eltern auch nicht akademisch war.

Genau aus diesem Grund habe ich überhaupt kein Verständnis dafür, dass Jugendliche diese Chancen des Schulbesuchs nicht nützen - und leider vermisse ich dieses Argument in allen Diskussionen. Junge Menschen sind keine Opfer, sie sind selbst diejenigen, die die Dinge entweder gut - oder eben schlecht absolvieren. Dass der Staat sich dann bemüßigt fühlt, diese - Verzeihung! - "Früchtchen" auch noch zu hofieren mit einem Coaching, in dem sie ihre Fähigkeiten erkennen können, find ich irgendwie seltsam.

Zudem frage ich mich, wie diese "Ausbildungspflicht" eigentlich in der Praxis ausschauen soll? Wie will man jemanden, der das im Grunde gar nicht will (sonst würd´ er es ja von selbst tun), dazu bringen, jetzt eine Lehre oder gar weiterführende Schule zu besuchen?

Jetzt einmal ganz abgesehen davon, dass die Plätze in diesen Schulen ja ziemlich rar sind und man sich nicht irgendeinen unwilligen Jugendlichen, der vermutlich auch ein dementsprechendes Zeugnis haben wird, aussuchen wird - wie will man etwaige Lehrherren dazu bringen, sich diese Auszubildenden ans Bein zu binden?

Und - wie will man die Jugendlichen dazu bringen, einen möglicherweise völlig ungeeigneten Beruf zu erlernen?

Denn es sind ja jetzt nicht alle Lehrplätze in diversen Lehrberufen in der Zahl vorhanden, wie die jungen Menschen das vielleicht brauchen würden.

Und die Sache, dass man die Eltern dazu beauftragt, ihre lern- und lehrunwilligen Sprösslinge praktisch zu "denunzieren", ist ja wohl auch mehr als absurd, denn diejenigen, die sich um ihren hoffnungsvollen Nachwuchs kümmern, haben diese Probleme vermutlich in den überwiegenden Fällen sowieso nicht, und die anderen kümmerts vermutlich nicht wirklich.

Andererseits - wieso dann wieder die Eltern abgestraft werden sollen, ist mir auch nicht ganz begreiflich:

WIE soll man einen Jugendlichen, der nicht will, dazu bringen, in die Schule oder zur Ausbildung zu gehen?

Das funktioniert so nicht - Sanktionen müssten diejenigen, die es betrifft, am eigenen Leib erfahren.

Fazit:

Eine Idee, die zwar gut klingt, aber vermutlich außer eine Menge Geld zu kosten, nicht viel bringen wird. Gut gemeint ist meistens das Gegenteil von gut...

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Margaretha G

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Silvia Jelincic

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