Der heutige Blogeintrag handelt von einem Menschen, der zu denen gehört, die mich in meinem Leben am meisten positiv beeinflusst haben. Oder vielleicht besser - einen besonders positiven Eindruck hinterlassen haben. Hm, wobei mich andererseits einige seiner Lehren durchaus bis heute nachhaltig beeinflussen... Und die ich auch der geneigten Leserschaft mitgeben möchte, quasi als kleines Service ähnlich zu meinem Schanigarteregel*-Blog... Tja. Wie jetzt auch immer, fangen wir einfach einmal an.

Nennen wir ihn Herrn H., wobei ich diesen Buchstaben jetzt beliebig gewählt habe. Jedenfalls war er Anfang der 80er Jahre mein Fahrlehrer in der Fahrschule Hernals. Eine rundum beeindruckende und vor allem nur so von augenzwinkerndem Humor strotzende Persönlichkeit. Ich hatte das Vergnügen ihn gleich zweimal als Vortragenden zu genießen. Da ich nämlich zuerst mit 17 den Kleinmotorrad-Führerschein machte (meine Eltern bestanden darauf, auch wenn ich nur mit einem führerscheinfreien KTM-Duo unterwegs war - ich musst diese Prüfung übrigens zwei Mal ablegen, weil ich sie irrtümlicherweise als unbedeutend ein- und somit unterschätzt hatte) und ein Jahr darauf der gleiche Kurs, diesmal für den B-Schein, den ich dann durch mein Vorwissen problemlos bestand. Aber ich schweife ab.

Fahrlehrer H. war groß, schlank und trug wie damals üblich immer einen Kittel. Er unterrichtete die oft doch recht trockene Materie witzig, voller origineller Tipps - dazu weiter unter, - gespickt mit Anekdoten und Eselsbrücken. Eigentlich hätte sein Vortrag eins zu eins auf einer Kabarettbühne gepasst. Seminarkabaretts zum Thema Wirtschaft, Sex oder Medizin kamen erst später in Mode, sonst hätte er locker auf einer Kleinkunstbühne unter dem Titel „Verkehrskabarett“ auftreten können. Was allerdings bei näherer Überlegung vermutlich falsche Erwartungen geweckt hätte.

An eine Geschichte erinnere ich mich besonders gern. Herr H. hatte gerade der Klasse die Frage gestellt, wann man damit rechnen musste auf der Straße einem von rechts kommenden Fahrzeug zu begegnen. Die üblichen Antworten - Kreuzung, Nebenstraße, Ausfahrt, Feldweg und so weiter - waren bereits gegeben. Da blickte der Lehrer kurz ins Leere und fragte, ob man auch damit rechnen müsse, dass ein Auto von rechts käme, wenn da gar keine Straße wäre? Schweigen im Auditorium. Naja, ihm sei da nämlich einmal was passiert... Herr H. war damals gerade nachts in der Stadt mit dem Auto unterwegs und fuhr an einem Park entlang. Plötzlich brach ein kleines Auto rechts aus den Büschen hervor und kam vor ihm quer auf der Straße zu stehen! Herr H. hielt ebenfalls an, stieg aus und ging zu dem Wagen vor ihm. Er sah ins Auto und erblickte dort einen betagten Pfarrer am Lenkrad. Herr H. klopfte und der Pfarrer kurbelte das Fenster herunter und lächelte ihn an. In aller Ruhe fragte mein Fahrlehrer „Hochwürden, wohin wollen Sie denn eigentlich?“ Der Pfarrer blickt milde zu ihm auf, deutete mit der flachen Hand in eine ungefähre Richtung irgendwo vor ihm und sagte in einem feierlichen Tonfall, als würde er zu seiner Gemeinde sprechen: „Dooorthin...“ Herr H. zog vor dieses Gespräch nicht zu vertiefen und wünschte dem Herren Pfarrer auf seinem weiteren Weg noch Gottes Segen.

Eine andere, weitaus praktischere Sache ist mir ebenfalls von Herrn H. in Erinnerung geblieben und ich muss jedes Mal daran denken, wenn ich auf einer Autobahn unterwegs bin. Von ihm hab ich nämlich gelernt, dass die ideale Reisegeschwindigkeit auf einer Autobahn 110 km/h ist. Der Fahrlehrer hat uns das damals mathematisch bewiesen: bei dieser Geschwindigkeit ist der Benzinverbrauch am geringsten, soll heißen darüber hinaus steigt er exponentiell an. Aber nicht nur der, auch der Bremsweg wächst darüber hinaus mit jedem weiteren Stundenkilometer sprunghaft an. Heißt, bei bis zu 110 dabremst man noch ziemlich jedes plötzliche Hindernis. Darüber hinaus eher nicht mehr so ganz.

Und noch eine weiter Merkregel hab ich von ihm, die auch als Titel dieses Blogs dient. Dabei geht es um die (Prüfungs-)Frage, wann man beim Autofahren unbedingt das Licht einschalten muss. Und was man einem Prüfer bei der Fahrprüfung im Falle dieser Frage antworten sollte. Der Gesetzestext gab darüber klare Auskunft und die lautete, dass man das Licht einschalten müsse „bei durch Dämmerung, Dunkelheit oder Witterung bedingter schlechte Sicht.“ Etwas sperrig, aber es fasst alle Möglichkeiten inklusive Nebel, Schnee, Regen und Tunnel zusammen. Und die meisten Prüfer waren sehr zufrieden, wenn Sie diesen Satz wörtlich hörten. Von unserem Fahrlehrer H. wurde dieses Satzungetüm, erraten, auf die leichter merkbare Formel “Däduwischlesi“ reduziert: „bei durch mmerung, Dunkelheit oder Witterung bedingter schlechte Sicht“.

Wobei er uns einschärfte, nicht nur das Wort selbst sondern auch seine Bedeutung gut zu erlernen. Denn, so erzählte er, eine seiner Schülerinnen hätte auf die Frage bei einer Prüfung „Wann müssn's denn das Licht einschalten, Fräulein?“ stolz und voller Überzeugung „Bei Däduwischlesi!“ geantwortet. Ohne jedoch die Bedeutung im Details wiedergeben zu können. Das wäre bei der Prüfung nicht so gut gekommen.

Ich jedenfalls merk mir diese Eselsbrücke, jetzt schon seit 30 Jahren. Und Sie vermutlich ab jetzt auch. Bis an ihr Lebensende.

*https://www.fischundfleisch.at/kraut-rueben-jetzt-ich-2/die-schanigartenregel.html

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fischundfleisch

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