Tierqual im Namen der Tradition?

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Die Empörung war vor wenigen Jahren groß: Wie bitte, Kuhglocken sollen abgeschafft werden? Weil Kühe laut einer Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich unter dem Lärm leiden? Geht gar nicht! Und zwar deshalb, weil wir immer Kuhglocken auf den Almen hatten und sie einfach Tradition und Bestandteil unserer Kultur sind.

Ersticken am eigenen Blut

Das Argument, dass etwas liebgewordene Tradition und daher unverzichtbar ist, lässt sich ganz wunderbar auf viele äußerst fragwürdige Fallbeispiele anwenden. Es gab einen Riesen-Aufschrei der Fans des Stierkampfes, als ein Verbot dieses tatsächlich unfassbar tierquälerischen Brauchs gefordert wurde. Bei Stierkämpfen nach „spanischem Modell“, wie sie auch in anderen Ländern stattfinden, werden Tiere schon vor dem Spektakel bewusst gereizt. Das kann von Schlägen gegen die Nieren über das Bohren von Nadeln in die Geschlechtsteile bis hin zur Verabreichung von Medikamenten, um die Tiere orientierungslos zu machen, reichen. Während des Kampfes wird der Stier oft mit Lanzen in die Seite gestochen. Höhepunkt ist die Tötung, wobei der Tod meistens durch Ersticken am eigenen Blut infolge des „Gnadenstoßes“ eintritt.

Auch beim Thema „Foie Gras“ (dt. Stopfleber oder Gänsestopfleber) wird vor allem in Frankreich immer wieder mit der lieben Tradition argumentiert. Hinter dieser hochpreisigen Delikatesse steckt unfassbares Tierleid. Denn für das "Luxus-Produkt" werden Enten und Gänse in der Stopfmast absichtlich gequält und sukzessive krankgemacht.

Dreimal täglich wird den Tieren ein Metallrohr in die Speiseröhre gerammt. Durch dieses Rohr wird ihnen ein Gemisch aus Mais und purem Fett verabreicht, dass zu einer raschen Gewichtszunahme und einer krankhaften Vergrößerung der Leber führen soll. Denn auf Dauer kann die Leber die großen Mengen Fett nicht mehr verarbeiten und wächst auf das bis zu 10-fache ihrer normalen Größe. Der gesamte Fettanteil steigt auf über 50 Prozent. Auf Grund ihrer Körperfülle können sich die Tiere am Ende ihres Lebens kaum mehr selbstständig fortbewegen; ihre dünnen Beine halten der Last des Schweren Körpers oftmals nicht mehr stand und brechen.

Außerdem führt die brutale Zwangsfütterung mittels Metallrohr zu schwerwiegenden Verletzungen z.B. auch in der Speiseröhre. Die negativen Folgen kann man auch sehen, wenn die Tiere nach Verabreichung ihres Futters schwer hechelnd zurückgelassen werden.

Hamma immer so g'macht

Aber wir müssen gar nicht ins Ausland schauen. Bleiben wir in Österreich. In Wien fahren trotz unzähliger Proteste nach wie vor Fiaker auf den Straßen. Die Pferdekutschen seien eine – erraten! – liebgewordene Tradition und gehörten einfach zu Wien. Die Touristen würden darauf nicht verzichten wollen. Da wird dann auch ignoriert, dass immer mehr Touristen Mitleid mit den Pferden haben und die Praxis nicht als Tradition, sondern schlicht als Anachronismus empfinden. Ist ja auch kein Wunder: Lärm, Menschenmassen, Auspuffgase, hektischer Innenstadtverkehr, und das bei jedem Wind und Wetter, sind Umstände, die alles andere als artgemäß für die sensiblen Tiere sind. Hamma immer so g’macht, bleibt auch so!

Ich möchte nicht missverstanden werden: Wir alle brauchen Traditionen. Die Pflege von Ritualen ist etwas zutiefst Menschliches und gibt unseren Leben Sinn und unserer Gesellschaft Zusammenhalt. Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht immer wieder unsere Traditionen überdenken sollten. Machen sie angesichts neu gewonnener wissenschaftlicher Erkenntnisse noch Sinn? Gibt es stichhaltige neue Argumente, angesichts derer eine Weiterführung bestimmter Traditionen nicht mehr zu rechtfertigen ist? Zum Beispiel, wenn menschliches Leid oder Tierleid damit einhergehen. Um es ganz plakativ zu sagen: Es war ja auch mal gang und gäbe, die eigenen Kinder zu schlagen. Ich glaube, wir sind alle sehr froh, dass diese Praxis mittlerweile geächtet und auch gesetzlich verboten ist.

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