Die Überlegung, dass es eine EU der zwei Geschwindigkeiten gibt, ist krass untertrieben. Möglicherweise haben wir es mit einer EU von 28 verschiedenen Zivilisations-Stadien zu tun. Und das ist gut so. Schließlich sind wir ja kein homogener Staatenverbund wie die USA. Die Entscheidungsblockaden der EU-Bürokratie fußen vielleicht auf der irrigen Illusion des Wunschbildes, dass alle Mitglieder doch eine einzige Wertegemeinschaft bilden. Dem ist nicht so und wahrscheinlich dauert es noch Jahrzehnte, bis ein gemeinsamer Kultur-Status definiert, akkordiert, akzeptiert und schließlich gelebt werden kann.

Eben ist etwas bewältigt worden, das für die Differenziertheit der Union spricht: Großbritanien wurde sein Sonderstatus in Bezug auf mehrere Eigenheiten durch Ausnahmegenehmigungen eingeräumt. Das kann als zivilisatorisch reifer Erkenntnis-Schritt gewertet werden. Nur so weiter: Die Akzeptanz der Verschiedenheit als Usus in einem Miteinander, das erst allmählich aus Heterogenität die angestrebte Homogenität emergieren läßt.

Ein grelleres Bild zeigt sich durch die unsolidarische und viel kritisierte Haltung der Visegrad-Staaten bei der Ablehnung von Verteilquoten von Flüchtlingen. Polen, die tschechische Republik, Slowakei und vor allem Ungarn lehnen es ab, überhaupt Fliehende aufzunehmen. Apelle und gutes Zureden werden nichts fruchten. Sie wollen einfach keine so sehr Fremden in ihren Ländern beherbergen. Wahrscheinlich können sie auch nicht ihre eigene Xenophobie ausblenden. Sie verfügen einfach nicht über den solidarischen Reifegrad, den Angela Merkel vorlegt. Welchen Sinn soll es haben, jemanden zur Gastfreundschaft zu zwingen, die nicht gewollt und daher auch nicht erbracht wird. Das ist ja auch im Hinblick auf die Asylsuchenden unverantwortlich. Die bei mir untergebrachten syrischen Familien aus Aleppo berichten mir, dass die Unterbringung in der Slowakei entsetzlich war und wie sehr sie es genießen hier menschenwürdig beherbergt und respektvoll behandelt zu werden.

Wir sollten auch Verständnis aufbringen mit abweisenden Ländern und Regionen - etwa mit Sachsen - wo die interkulturelle Unreife und xenophobe Angstmache dominiert. In deren Sinne und auch auf Rücksicht auf Flüchtlingsgruppen.

Es wird allerdings unvermeidlich sein, einen Ausgleich zu schaffen für die Bürden der Willigen und dem Unvermögen der Unfähigen. Wertschätzung lässt sich in unserer materialistischen Welt am leichtesten mit Geld darstellen. Unreife und ignorante Länder - damit sind auch Frankreich und England gemeint - müssten über EU-Beiträge mindestens jenen Aufwand begleichen, die andere wie Schweden, Deutschland und Österreich für Beherbergung, Verpflegung, Ausbildung und Arbeitsmarktintegration ausgeben. Ebenso müssten jenen unfähigen östlichen Beitragsempfängern die Zuschüsse gekürzt werden, die ihre Abwehr bei den Anderen als Aufwand auslöst. Als besondere Wertschätzung der EU-Autoritäten könnte auch noch ein zusätzlicher Solidaritäts-Zuschuß (ähnlich dem Soli in Deutschland) hinzu gezahlt werden.

Man soll ja die Hoffnung auf Besserung nicht aufgeben... Daher wäre es wünschenswert, dass eine spezielle Integrations-Kommission der EU jährlich eine Bewertung über den gesellschaftlichen und politischen Reifegrad aller Mitglieds-Länder erhebt und darnach auch die Option von Asylaufnahmen eröffnet bei gleichzeitiger Beitragsanpassung.

Aber auch die Säumigkeit der EU-Proponenten eine gerechte Lösung zu erarbeiten muss man verstehen. Da stehen viele unter Schock und es dürfte noch Monate, wenn nicht Jahre daueren, bis die Union zu reifen und gerechten Lösungen kommt. In der Zeit sollte die Republik Österreich all die entstandenen Kosten aus der Flüchtlingsfrage einstweilen von den EU-Beiträgen zurück behalten, bis die allseits mantra-artig angerufene Wertegemeinschaft zur Verteilungsgerechtigkeit findet.

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