50 shades of grey: Das Buch ist Mist und die Autorin jetzt reich. Und ich: bin immer noch neidig. Denn mal ehrlich: das könnte ich auch.

Haben wir das also auch überlebt: Der Filmstart von „50 Shades of Grey" in Kombination mit dem Valentinstag. Zu Ersterem habe ich nicht sonderlich viel zu sagen, da ich mich bereits an der Diskussion zur Erscheinung des Buches rege beteiligt habe. Und immer wieder zum gleichen Schluß gekommen bin: Ich empfinde Neid, aus reinstem Herzen und im ganz großen Stil, und zwar auf die Autorin E. L. James aka Erika Leonard, einer TV-Produktionsleiterin aus London, deren Erstling sich allein in den USA und Kanada 15 Millionen Mal verkaufte. Der S/M-Erguss sei ihrer Midlife-Crisis zu verdanken gewesen, sagte die Autorin damals. Ihr wäre langweilig gewesen. Dabei ist nicht nur die Story lachhaft simpel (Jungfrau verfällt Ritter), auch der angewandte Wortschatz ist ähnlich begrenzt wie der einer 16-Jährigen, die ihr Tagebuch mit Sehnsüchten aus dem Schulalltag füllt. Die ausführenden Organe werden nicht benamnst, im Original ist fast nur von sex die Rede, also Geschlecht, von "da unten" oder "jener Stelle, an der sich meine Beine begegnen". Dauernd "erschüttern" die junge Dame ihre Orgasmen, lassen sie "explodieren", sie wird von ihnen "verschlungen" oder "hinweggespült." Arme Sau.

Der Held der Gesichte, der trotz seines zarten Alters unermesslich reiche und mächtige Mr. Grey wird hingegen mit Hingabe beschrieben, seine Leinenhosen und seine Unterlippe scheinen dabei eine besonders wichtige Rolle zu spielen. Die Moral von der Geschicht? Mann und Frau domestizieren und depotenzieren sich schlussendlich gegenseitig und heiraten. Auf gut deutsch: Das Buch ist Mist und die Autorin jetzt Milliardärin. Und ich: bin immer noch neidig. Denn mal ehrlich: das könnte ich auch. Würde ich mich trauen, so einen naiven Mist abzusondern, müsste ich ihn jetzt nicht missgünstig kommentieren. Weil Brad und Angelina gleich mit ihren Kindern auf Besuch kommen, weil meine Poollandschaft einfach die Coolste ist. Aber ich traue mich nicht. Die Angst vor dem dem Hype, dem Label, das man mir umhängen würde, ist einfach zu groß. Mommy Porn oder Hausfrauen-Sex oder was auch immer.

Mit ungefähr 18 Jahren habe ich fieberhaft die Abenteuer eines guten Mädchens, das einem Outlaw verfällt, in den Homecomputer getippt. Sex, Crime, Drogen, Gewalt - alles dabei. Die Disketten müssen immer noch irgendwo herumkugeln, vielleicht krame ich sie hervor und werde Superstar. Der Valentinstag erscheint mir im Vergleich zu diesem Dilemma das geringere Übel. Die Timeline meines Facebook Accounts ist mit Fotos von Blumen und Herzerl-Anhänger gefüllt und das empfinde ich als angenehme Abwechslung zu verstümmelten Tieren und geköpften Menschen. Gut, ab und an lehnt sich einer gegen den Romantik-Terror auf und hinterfragt ganz abgebrüht die Geschäfte-Macherei - aber irgendwie ist das noch lahmer als zum Holland Blumenmarkt zu pilgern. Die Sehnsucht danach, etwas besonders zu sein, steht uns offenbar oft im Weg. Wir sind dagegen, wenn etwas oder jemand zu erfolgreich, zu populär wird. In der Opposition fühlt man sich wohler. Seht her, ich bin anders. Ich glaube nicht. Ich mach da nicht mit. Ich verweigere mich. Das Problem ist: An irgendetwas müssen wir glauben. Und wenn schon nicht an dürftig beschriebene SM-Spielchen oder an einen Strauss Tulpen, dann bitte an etwas anders, das uns Freude bereitet. Sonst ist das zwanghafte Sich-Verweigern nichts anders als ein so intensiv gefürchteter Hype.

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Herbert Erregger

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ipaipa

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Silvia Jelincic

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