Aus dem Tagebuch eines Fußgängers......

Am Faschingdienstag des Jahres 1984, ich war gerade mal ein paar Monate im Berufsleben, besuchte der damalige Finanzminister Herbert Salcher die Hauptanstalt meines damaligen Arbeitgebers. Nun ist Faschingdienstag einer jener Tage, an denen es auch in Banken lustiger zugeht, es wird nur nicht im Keller gelacht, und ich war, mit einer Kamera bewaffnet, gemeinsam mit einem Kollegen ausersehen, die kreativen Verkleidungseinfälle der Kollegen bildlichfür die Betriebszeitung festzuhalten.Salcher betrat also den Schalterraum und wurde vom Filialleiter sofort erkannt und begrüßt. Wie Politiker in solchen Situationen sind, bewegte er sich danach jovial auf einen der Kassenschalter zu, an dem eine ältere Dame gerade mit dem Sparbuch etwas einzahlen wollte. Als sie des Finanzministers ansichtig wurde (die "Zinsertragssteuer" war noch jung und schmerzte sehr), klappte sie das Sparbuch hektisch zu und rief dem veduzten Salcher zu: "Sie schauen mir da nicht hinein!"

Danach ging es zur Direktion. Mein Kollege hatte mir aufgeregt "Geh mit, geh mit!" zugeflüstert und so trabte ich der kleinen Gruppe hinterher. Die Damen des Sekretariats waren natürlich ob des überraschenden hohen Besuchs entsprechend aufgeregt und eine von ihnen stürzte zum damaligen Vorstandsvorsitzenden, um ihm hastig durch die Türe zuzuflüstern: "Herr Direktor, der Herr Finanzminister steht draußen!"

Sie hatte allerdings nicht mit der trockenen Reaktion ihres Chefs - er war ein 'Sir' vom Scheitel bis zur Sohle - gerechnet, der ihr relativ laut antwortete: "Jaja, Frau N, schon gut, ich weiß, es ist Fasching!" In dem Moment tauchte Salcher heiter winkend hinter der aufgeregten Kollegin auf und rief fröhlich: "Nein, ich bin's wirklich!"........

Natürlich wollte mein oberster Chef danach den Herrn Finanzminister auch mit seinen Vorstandskollegen bekannt machen und klopfte an die benachbarte Türe. Er öffnete diese, aber der Kollege schien nicht im Raum zu sein. „Bist Du da?“ fragte der Herr Vorstandsvorsitzende, als er mit dem staatlichen Säckelwart den Raum betrat. Daraufhin hörte man ein dumpfes Geräusch, ein wütendes „Au weh!“ und ein weiteres, klassisches Zitat von Weltmeister Goethe. Der Herr Kollege war nämlich unter seinen Schreibtisch geklettert, weil ihm etwas runtergefallen war und hatte sich vor Schreck den Kopf gestoßen, als sein Name gerufen wurde…….

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:02

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