Aus dem Tagebuch eines Fußgängers......

Heute: "Vermischtes"

Otto Schenk und seine "Netsch"

Er hat mich wohl am meisten von allen beeindruckt: Otto Schenk.  Schenk ist nicht nur auf der Bühne, sondern auch abseits davon ein virtuoser Schauspieler, dem der sprichwörtliche "Schalk" im Nacken sitzt. Trotzdem bin ich nur mehr 2-3x in meinem Leben einer derartigen Persönlichkeit begegnet, die Wissen, Ruhe, Kompetenz, Menschenkenntnis und Charme ausstrahlt.

Schenk kam vor knapp 20 Jahren zu einem Galaabend nach Klagenfurt und wie es in Künstlerkreisen auch heute noch üblich ist, musste die Gage vor dem Auftritt bar bezahlt werden. Nachdem ich ihm den Betrag (in Eintausend-Schilling-Noten) vorgezählt hatte, steckte er diese (es handelte sich um einen sechsstelligen Schilling-Betrag!) achtlos in die Tasche seines schwarzen Jackets und brummte: "Morgen muss ich dann wieder durch die Stadt laufen, um meine paar Netsch (!!!) bei der Bank einzahlen zu können. Wissen Sie, ich hatte im 1. Bezirk wo ich wohne, gleich um die Ecke eine Filiale der Ersten Bank. Die haben sie (empörtes Anschwellen des Tonfalls, Anm.) einfach zugemacht. Da hab' ich sofort den Andi angerufen (Andreas Treichl, Generaldirektor der Ersten Bank, Anm.), und stellen Sie sich vor: der hat das nicht einmal gewusst!"

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Kunst liegt im Auge des Betrachters

Über viele Jahre war ich in Klagenfurt auch in Kulturprojekte involviert. Mein Arbeitgeber war als Sponsor und Mäzen eine fixe Größe im Land und so gab es immer wieder interessante Projekte.

An einem schönen Tag, es muß Mai gewesen sein, läutete am Nachmittag das Telefon. Am Apparat war eine Dame des Vorstandssekretrariates. Diese Türhüterinnen der Macht zeichneten sich in der Regel durch stoische Ruhe und überlegenes Auftreten aus; diesmalaber war die Aufgeregtheit aus den Worten zu hören. Mir wurde mitgeteilt, daß das "so nicht gehe", man keine "Rumpelkammer" sei und jemand von der Abteilung sofort erscheinen sollte. Da meine Kollegen alle auswärts waren, trabte ich los und fand im Vorstandssekretariat nicht nur zwei aufgeregte Sekretärinnen, sondern auch zwei verschwitzte Speditionsmitarbeiter, die mit sichtlichem Unwillen eine große, rostige Badewanne mit Duschaufsatz in den Vorraum gewuchtet hatten.

Es stellte sich heraus, daß das Altmetall Teil einer Kunstinstallation war, das für einen der Preise, die jedes Jahr vergeben wurden, an die Firma eingeschickt worden war. Da das Ding für den Lift zu groß war, mussten die Männer das schwere Teil über die Stiegen befördern und landeten im Allerheiligsten......

Die Wanne wurde dann noch weiter in den Sitzungssaal befördert, wo sie zwei Tage später von einer gestrengen Jury begutachtet wurde - und nichts gewann.

Das wieder scheint den jungen Künstler verärgert zu haben, denn er ließ sich mit dem Abholen seines Werks Zeit; so stand die Wanne einige Tage in einem der wichtigsten Räume des Hauses und sorgte für so manch lustige Bemerkung.....

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Nikolaus Harnoncourt und der Radetzykmarsch.....

Großes Konzert des Musikvereins Kärnten in der Domkirche Maria Saal. Nikolaus Harnoncourt spielt mit seinem "Concentus Musicus" vor ausverkauftem Haus. Am Ende des Konzerts frenetischer Jubel und tosender Beifall. Ich warte gemeinsam mit einer Kollegin in der Sakristei, die zur Garderobe für den Maestro umfunktioniert wurde, auf den Stardirigenten, um ihn dann zum Empfang des Vorstands zu bringen.

Der Beifall ebbt nicht ab und Harnoncourt geht mehrmals wieder "on stage" um sich zu verbeugen. Dann, nach dem dritten Mal, bleibt er im Raum. Weiterhin tosender Beifall. Er sieht unsere fragenden Gesichter und meint: "Ich MUSS hierbleiben. Wenn ich noch einmal rausgeh', erwarten die doch von mir, daß ich den Radetzkymarsch spiele....." (wie bei den Neujahrskonzerten als Zugabe üblich, Anm.)

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Bernhard Juranek

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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