Nachdem der Flüchtlingsnachschub in unserem Haus absolut nicht zu unserer Zufriedenheit ist – er kann nicht kochen und legt Wert auf höfliche Umgangsformen – sind wir doch ganz froh, dass nicht unweit von uns weitere Flüchtlinge in einem Haus wohnen, denn zumindest unter ihnen befindet sich ein Koch...

Als Gutmensch hat man es echt nicht leicht, denn wenn man nicht gerade auf seiner kleinen Wolke moralischer Überheblichkeit schwebt, umgeben von harfespielenden und halleluhjasingenden Engeln (ich wollte die schon abbestellen, aber der Herrgott sagt, das gehört zum Gesamtpaket), dann kümmert man sich um die Integration von Menschen fremder Herkunft. Allerdings müssen Sie wissen, dass sich die Gattung des Gutmenschen (Homo sapiens naivicus et moralus maximus) in zwei Unterarten aufteilt, die miteinander nur sehr schwer kompatibel sind und daher miteinander in der Regel auch keine Bastard-Nachkommen zeugen. Es handelt sich dabei um den Homo sapiens naivicus salvatoris (den naiven Retter) und den Homo sapiens heroicus maximus (zu der selbstredend ich mich zähle...)

Jedenfalls haben wir damit begonnen, ein wenig Zeit mit den Flüchtlingen im Ort zu verbringen. Aus zwei Gründen: erstens es sind wirklich sehr nette Menschen darunter, mit denen man richtig Spaß haben kann, und zweitens, weil wir der Meinung sind, dass Integration besser funktioniert, wenn die Flüchtlinge Kontakt mit halbwegs normalen Menschen haben. Ob wir jetzt solche sind, darf man wiederum ruhig bezweifeln, ohne dass ich dagegen großen Einspruch einlegen würde.

Unterhaltungen mit Flüchtlingen sind natürlich so eine Sache. Einen guten Teil der Zeit verbringen wir damit, uns die Namen unserer Gesprächspartner einzuprägen. Als sie mich fragen, ob ich die afghanischen oder die syrischen Namen besser finde muss, ich leider lachen und erkläre ihnen, dass ich da beim besten Willen keinen Unterschied erkennen kann. Ich finde echt, man sollte ihnen bei Antragstellung österreichische Vornamen zuteilen. Das würde vieles erleichtern. Gleichzeitig würden die (Gut)Menschen wahrscheinlich die Abschiebung eines Kevin auch leichter akzeptieren können... Aber das ist nur so ein Gedanke.

An dem Abend fühlt sich einer der Flüchtlinge krank. Sehr krank. In seiner Verzweiflung verlangt er nach einem Kreuz. Entweder ist er Christ oder er befürchtet einen Vampirangriff. Natürlich liegt nirgends spontan ein Kreuz herum und meinen Rosenkranz habe ich aus verständlichen Gründen nicht bei mir. Flugs basteln zwei (muslimische) Flüchtlinge aus Besteck ein Kreuz. Messer eigenen sich dafür ideal. Hätte es sich um Silberbesteck gehandelt, dann hätten die beiden Syrer auch gleich die ultimative Anti-Vampir-Waffe entwickelt. Mit Kriegsführung kennen sich die halt aus.

Immerhin habe ich eines erreicht. Moe 2.0 sagt jetzt nicht mehr "Herr Jochen" zu mir, sondern nur noch "Herr". Bei weitem angemessener wie ich finde. (natürlich sagt er Jochen, nur für die Ironielegastheniker). Ein echter Fortschritt, wie ich finde. Zusammen mit dem Nussbrand, der ihm sogar schmeckt, ein echter Durchbruch in unserer Beziehung.

Stay tuned ;)

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Alois Kocher

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