Hemmungsloser Fasching, trostloses Fasten und was das über Sie aussagt

Es ist ein Schwanken zwischen Extremen. Aber versuchen wir, unser Verhalten ein bisschen zu reflektieren, warum wir zuerst hemmungslos sind, nur um dann zu verzichten.

Das Verkleiden im Fasching ist sehr spannend. Es bietet einerseits an, dass man attraktiv ist. Aus meiner Haut kann ich nicht raus, aber durch das Tragen einer Verkleidung oder einer Maske kann ich dennoch sehr attraktiv sein. Das sehen wir bei kleinen Kindern. Sie wollen nicht lustig sein, sondern attraktiv und/oder stark sein. Sie verkleiden sich als Prinzessinnen oder Cowboys, um sich stark oder schön zu fühlen. Das ist das Ziel des Verkleidens. Nicht lustig sein, sondern schön. Lustig sind ja andere Dinge. Ein Pfau, der sein Rad schlägt, will ja auch nicht witzig, sondern attraktiv sein. Die andere Seite ist die Enthemmung. Wenn ich verkleidet bin, kann ich die Sau rauslassen. Man kann es mit den Perchtenläufen vergleichen: Die sind alles andere als lustig, aber die jungen Männer können so richtig Dampf ablassen. Ansonsten ist man ohnehin sehr an Normen gebunden. Indem ich so tue, als ob es lustig wäre und es zum Kulturgut erhebe wird das legitimiert.

Nach dem ausgelassenen Fasching folgt das Fasten. Sinnvoller wäre natürlich ein ausgewogener Lebenswandel im ganzen Jahr. Aber es ist gar nicht so leicht, sich das ganze Jahr vernünftig zu verhalten und eigentlich will man es auch gar nicht. Darum kennen viele Kulturen eine Fastenzeit. Sei es die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern im Christentum oder der Ramadan im Islam. Dieser zeitlich beschränkte Verzicht zeigt vor allem aber eines: Ich könnte ja, wenn ich wollte. Während gefastet wird, fühlt man sich auch stark und tapfer, weil man es durchzieht. Aber wenn es so wichtig wäre, wozu dann zu letzten Endes willkürlich festgelegten Zeiten? Und dann belohnt man sich am Ende der Fastenzeit – aber wofür eigentlich?

Es ist schon auch eine kulturelle Sache, dass die Gesellschaft die Hände schützend über Zeiten der Hemmungslosigkeit und – ferner – des Verzicht legt. Ich kann es nicht ganz nachvollziehen, aber es hat sicherlich auch etwas Gutes, wenn man ein bisschen gepusht wird, beides einmal im Jahr zu tun. Man sollte es schon auch kritisch hinterfragen, warum man das tut. Denn die Menschen, die ausgewogen leben, haben meistens kein Bedürfnis nach dem einen oder nach dem anderen. In Wirklichkeit sehnen sich viele nach dem Mittelweg. Aber im Endeffekt ist der Mittelweg auch etwas langweilig, oder?

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Herbert Erregger

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fischundfleisch

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Silvia Jelincic

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