#ViennaMemories#7: die “Robox”-Löschpapierwiege

Wenn Sie sich Historiendramen wie “The Crown” anschauen, in denen die Menschen noch mit Füllfederhaltern Briefe schreiben, entdecken Sie auf dem Schreibtisch vielleicht einen ovalen oder halbrunden Tintenlöscher. Dieser hatte den Zweck, überschüssige Tinte zu absorbieren, vor allem bei Unterschriften, damit sie nicht verwischten, wenn das Papier mit etwas anderem in Berührung kam.

Ich mag Füller. Bei der Arbeit benutze ich einen “Pelikan”, den ich von meinem Vater geerbt habe. Deshalb ist die Löschwiege nützlich. Das Design ist großartig: ein schier endloser Streifen Löschpapier, aufgerollt auf einer Spule aus Pappe mit einer Abdeckung aus Kunststoff (Bakelit?*) und in Form gehalten durch einen Gummiring, der von Zeit zu Zeit ersetzt werden muss.

Wie meine in Wien erstandene Wanduhr habe ich die Löschwiege, auf deren Seite in einer interessanten Schrift “Robox” (möglicherweise auch “Robot”) und “bene” steht, 1985 auf dem Wiener Naschmarkt gekauft. Seit 33 Jahren hat sie nun einen Platz auf meinem Schreibtisch.

Mit Füllhalter und Tinte zu arbeiten, mag altmodisch wirken, regt aber zu Reflexionen an:

i) Ändert sich die Qualität der Kommunikation, wenn man zum Schreiben einen Füller anstelle einer Tastatur benutzt? Eine von Hand geschriebene Notiz kann unter Umständen mehr bewirken als eine E-Mail. Obwohl ich recht gut tippe, finde ich, dass die Zeit, die ich für das Schreiben mit der Hand brauche, verbunden mit der Tatsache, dass ich keinen Fehler machen darf, weil ich sonst noch einmal von vorn anfangen muss, durchaus Einfluss auf mein Schreiben hat.

ii) Das Schreiben mit Füller und Tinte wirft auch die Frage nach der Nachhaltigkeit auf. Der „Pelikan“ wurde vor rund fünfzig Jahren hergestellt und zeigt keine Anzeichen von Verschleiß. Vielleicht darf ich dies als kleinen Beitrag zur Nachhaltigkeit unseres Planeten sehen (vgl. die Likörgläser, über die ich kürzlich schrieb). Über E-Mail, Facebook oder Snapchat zu kommunizieren, spart zwar Papier, aber jeder Computer oder jedes Handy, die ich in den letzten 50 Jahren benutzt hätte, wäre inzwischen zigmal ersetzt worden. Vielleicht ist es auch von Vorteil, wenn einen der Füller in der Hand daran erinnert, dass nicht alles ständig ersetzt oder nach einmaligem Gebrauch weggeworfen werden muss.

iii) Schließlich, ästhetische Überlegungen. Wie wirkt sich das Kratzen einer Schreibfeder auf dem Papier oder das Gefühl eines Füllers in der Hand auf die ästhetische Qualität des Schreibens im Vergleich zur Benutzung einer Tastatur aus? Wäre zu diskutieren.

Über die Firma “Robox” oder “Bene” konnte ich nichts in Erfahrung bringen. Ich bin allerdings auf eine beeindruckende Firma namens “CEL Robox” gestoßen, einen in Großbritannien ansässigen Hersteller von 3D-Druckern. Schauen Sie sich die Webseite an.

P.S. Wenn jemand etwas über die “Robox Bene”-Löschwiege weiß, z.B. wann und wo sie hergestellt wurde, würde mich das sehr interessieren.

*Bei der Recherche für diesen Artikel habe ich gelernt, dass die chemische Bezeichnung für Bakelit Polyoxybenzylmethylenglykolanhydrid lautet. Hätte ich nicht gewusst!

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Isra Keskin

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