Es zerreißt uns

Was Fracking, Fußballmillionäre und die EZB gemeinsam haben und wieso das auch unsere Parteien zerreißt (und letztlich auch mich)

Das zerreißt unsere Umwelt: Aktuell werden die ersten wissenschaftlichen Beweise dafür abgeliefert, dass Fracking die Erdbebentätigkeit verstärkt. Dass Umweltsünden die Klimaprobleme vorantreiben wird nur mehr von Konzern-Lobbys abgestritten. Vor allem in Asien und Afrika sterben mehr Menschen an den Folgen der von Menschen verursachten Umweltzerstörung denn je. Und auch in Mitteleuropa werden viel zu viele Grünflächen dem Wachstum geopfert.

Das zerreißt unser Verständnis: Wenn Fluggäste sterben müssen, weil sie ein mörderischer Pilot in den selbst eingeleiteten Absturz zwingt. Wenn in Afrika und Asien Menschen entführt, vergewaltigt und getötet werden, weil sie gegnerischen Gruppen zugeordnet werden oder keine Propheten-Texte aufsagen können. Wenn wir zu jeder veröffentlichten Studie eine Gegen-Studie geliefert bekommen. Wenn in den Fußballstadien der großen Klubs zehntausende Mindesteinkommensbezieher 22 Millionären beim Spielen, Jubeln und Weinen zusehen.

Das zerreißt unsere europäische Wirtschaft: Derzeit pumpt die EZB Monat für Monat 60 Mrd. Euro künstliches Geld in „die Märkte“, ein Geld das bisher bei den mittelständischen Betrieben nicht ankommt und eher einer Aufbesserung der Performance der globalen Finanzindustrie dient. Zwischen viel zu wenig Steuern zahlenden Global-Konzernen und den zu vielen keine Steuern zahlenden sozial Schwachen wird der Mittelstand zermalmt.

Das zerreißt Österreich: Das zerreißt die SPÖ: Wenn sie in Einklang mit dem Global-Kapitalismus unverantwortlich hohe Schulden akzeptiert, um dafür Wählerstimmen zu kaufen. Wenn sie mit neuen Bundeshymne-Texten und Binnen-I ihre Gender-Aktivitäten vorantreibt aber andererseits beim patriarchalischen Verhalten vieler der zu ihren Stammwählern zählenden Neu-Österreicher einfach wegschaut, wenn z.B. schon kleine Mädchen auf ihre Rolle als dienende Hausmütter eingestellt werden. Wenn sie in Wien Gemeinde-Bedienstete mit 53 Jahren in Frühpension entlässt, während andere Berufstätige bis 65 und 70 hart arbeitend zum Bruttosozialprodukt beitragen. Ähnliches gilt für die Grünen.

Das zerreißt die ÖVP: Wenn Sie sich kurz nach dem Wirtschaftskammer-Wahlkampf, in dem sie sich geschlossen auf die Unterstützung des unternehmerischen Mittelstandes eingeschworen hat, bei der „Steuerreform“ nicht nur keine Verbesserung erreicht, sondern sogar eine Verschlechterung für diesen mitträgt. Wenn einfach zu wenig für eine stärkere Besteuerung der Super-Reichen und der noch immer Gewinne verschiebenden und in Steueroasen flüchtenden Konzerne getan wird. Für beide Regierungsparteien gilt, dass sie diejenigen Reformen verschlafen haben, die Deutschland gerade in EU und Welt an die Spitze der Wirtschafts- und Lebensqualität gebracht hat. Dass sie zu viel Klientel-Politik betreiben und zu wenig Zukunft gestalten.

Das zerreißt die FPÖ: Wenn sie sich nur mühsam von ihren rechtsextremen und inferioren Teilen befreit aber andererseits mit einer russischen Führung fraternisiert, welche aus dem sowjetischen Kommunismus entstanden ist und jetzt stark auf nationalistische Akzente setzt. Wenn sie zwar auch die Leistungs- und Wirtschaftsinteressen auf ihre Fahnen heftet, aber oft populistisch die SPÖ von links überholt.

Das zerreißt die Kammern: Trotz großer Verdienste um Sozialpartnerschaft und Mitgliederservice führt das lähmende Dominieren der etablierten Bünde und Fraktionen zu einem permanenten Rückgang der Kammerwahlbeteiligung. Bei der WKO verunmöglicht die permanente Grätsche zwischen Kleinst- und Konzern-Unternehmerinteressen eine für uns alle notwendige starke Mittelstandspolitik.

Es ist die weltweite unredliche Partnerschaft zwischen Sozialismus und Kapitalismus, es ist der auf Machterhalt der Etablierten ausgerichtete „Sozio-Kapitalismus“ der die Welt und uns in Umweltzerstörung, Gewaltexzesse, Werte-Grätschen, Innovations-Verhinderung und Ungerechtigkeiten hineintreibt. Fassungslos stehen die unverschämt abkassierten Leistungsträger der Verhinderung von sozial verträglichem Fortschritt gegenüber. Manche flüchten vor dem Schmerz des zerrissen Werdens in Nostalgie, Vergnügung und Drogen. Manche heulen mit den Wölfen und bekommen dennoch kaum was vom Kuchen ab.

Ich lese jetzt das gerade von mir Geschriebene nochmals durch und denke mit Entsetzen: Sowas ist mehr oder weniger gescheit schon unzählige Male geschrieben worden und wird noch unzählige Male geschrieben werden. Fruchtlos? Es zerreißt mich.

Mag. Wolfgang Lusak, Lobby Coach und Unternehmensberater

www.lusak.at, www.lobbydermitte.at

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Herbert Erregger

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Silvia Jelincic

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