"Homo denkt nicht automatisch homogen" oder "Was mich an Elton John ankotzt"

Elton John ist ein großartiger Musiker und ein Vater, der mit seiner Familiengründung nicht gerade hundertprozentigen Zuspruch erfahren hat. Wie viele LGBT Familien hat auch er vom globalen Online-Publikum Meinungen gerieben bekommen, die so geschmerzt haben, dass sie auch jahrzehntealte Pop-Biz-Elefantenhaut durchdrungen und die Seele darunter verletzt haben. Besonders als Person, die in der Öffentlichkeit exponiert leben muss, ist die Familiengründung außerhalb eines heternormativen Schemas auch heute noch ohne Unken- und Zwischenrufe nicht möglich.

Wir erinnern uns nur einmal an Italo-Popstar Gianna Nannini, die mit über 50 sich dazu entschloss ein Kind zu bekommen. Das erzkonservative Italien war mit seinem medialen Getöse rundum diese "Baby-Ereignisses" nicht mehr zu überbieten und steinigte die Sängerin medial. Zudem war die Debatte natürlich mit dem Unterton versehen, dass Nannini unverheiratet UND - gleich oder fast noch schlimmer - bisexuell ist. Das Aussehen Gianninis mutet jetzt auch nicht gerade einem der "Velina" Damen aus dem sexistisch geführten Fernsehklimas Italiens an und hatte somit noch aus der Reihe fallende feminine Minuspunkte im gegenderten Mainstream-Terror des Berlusconi-Planeten auf Lager. Als sie sich auch noch für ein "Vanity Fair" Cover ein T-Shirt mit den Worten "God is a woman" über den Babybauch zog, war es überhaupt vorbei und Italien an der Spitze des Verteidigungskrieges des klassischen "La Mama" Bildes.

Was hat das jedoch mit Elton John zu tun? Nun, Nannini hatte als Person im Zentrum der Meinungsschlacht nicht viel gesagt und die dumpfen, menschenverachtenden Aussagen durch ihr Schweigen sich selbst demaskieren lassen. Anschließend meinte sie rückblickend: "Suddenly everyone had forgotten about what freedom and right we have to do what, when we want." Das war es. Klug, darüber stehend und mit einer Prise Mittelfinger. Perfekt.

Auch Elton John hat (in einem weitaus liberaleren Land) die Möglichkeit und Freiheit genutzt seine Familie zu gründen und in der Öffentlichkeit zu präsentieren wie er es möchte. Was er und ein großer Teil der LGBT Community allerdings nicht verträgt, sind kritische Worte, die aus den eigenen Reihen dazu kommen und die eine Diversifikation der persönlichen Lebensphilosophie innerhalb der Community zeigen. Das wären solche, die beispielsweise vom Designer-Duo Dolce & Gabbana, die sich in etwas rauer Manier äußerten.

Doch genau da fing die Crux mit der Gleichberechtigung und der Toleranz an ...

Elton John, der sich gerade auf eine Kampagne gegen Stefano Dolce und Domenico Gabbana eingeschossen hat, scheint nicht verstehen zu können, dass es auch auch homosexuelle Menschen gibt, die eine andere Ansicht haben, als jene die dem öffentlichen Narrativ zur Egalisierung entsprechen soll. Auch wenn sie gerade in einer heißen Phase des Gleichstellungskampfes in puncto Familienrechten den Gegnern mit ihren Aussagen gehörig in die Hände spielen, muss man diese Meinung aushalten!

John kann natürlich seine Stimme nutzen, um seine Gegenmeinung kundzutun. Das hat er allerdings nicht einmal gemacht, sondern eine regelrechte Schlacht gegen Dolce und Gabbana gestartet, die schlußendlich im Aufruf zum Boykott der Modemarke gipfelten.

Was ist das für eine Manier? Wo ist hier die Toleranz für Andersdenkende und -lebende? Eine Toleranz für die Elton John von HIV angefangen über Homo-Ehe so gekämpft hat? Am Ende scheint die Toleranz bei seiner Nasenspitze zu enden.

Man kann es schon fast Glaubenskrieg nennen in dem die Schlacht John vs. Dolce & Gabbana jetzt mündet, denn die hohe emotionale Intensität (vor allem auf Seiten Elton Johns) ist kaum mehr zu überbieten. Um wie vieles besser wäre es gewesen, wenn sich Elton John einen eloquenten Kommentar zu den nicht gerade sensiblen Äußerungen überlegt und die Sache auf sich beruhen hätte lassen?

Stattdessen hüpft er in einer Kuhflade auf und ab und verteilt diese auf einer ganzen Community, die - auch wenn sie homosexuell liebt - nicht homogen denkt. Diese Erkenntnis muss auch ein Elton John aushalten können.

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Silvia Jelincic

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