Max Neumeyer

Von einem, der die Schnauze voll hatte

Teil 11

Morgen ist es ja dann doch soweit. Am 1. Juni vor 40 Jahren erblickte ich das Licht der Welt – zur Jausenzeit, wie mir gesagt wurde. Die letzten 40 Jahre waren eine Achterbahn. Es ging bergauf und bergab, wobei ich aus meiner jetzigen Perspektive sagen kann: Im Großen und Ganzen ist es immer besser geworden. So zufrieden wie im Moment – und das für einen längeren Zeitraum - war ich noch nie.

Besonders in den letzten Jahren habe ich viel vom Leben und meinen Mitmenschen gelernt. Ich habe versucht den Begriff „Glück“ für meine Familie und mich neu zu definieren und das hat alles geändert. Viele Menschen halten sich für latent unglücklich, weil sie die falschen Erwartungen an ein glückliches Leben stellen. Glück bedeutet eben nicht permanent auf Wolke sieben zu tanzen und sich Ziele zu setzen die nicht oder nur zufällig zu erreichen sind. Das soll nicht heißen, dass man sich nach unten orientieren soll. Es bedeutete für mich, die Störfaktoren des eigenen Daseins ausfindig zu machen und daran zu arbeiten sie hinter mir zu lassen.

Will ich eine Marionette meiner Arbeit sein?

Will ich in einer Gegend leben in der die Natur mehr und mehr zurückgedrängt wird?

Will ich vor lauter Terminstress auf einen Großteil meines Privatlebens verzichten?

Will ich weiter viele Stunden im Internet verbringen, mit virtuellen Freunden, die ich selten oder nie zu Gesicht bekommen?

Will ich mich über Politik und Medien zu Tode ärgern?

Will ich Nahrungsmittel zu mir nehmen, die industriell gefertigt sind und nach nassen (und oft sogar trockenen) Fetzen schmecken?

Diese und ähnliche Fragen konnte ich ohne groß zu überlegen mit NEIN beantworten und inzwischen lebe ich nach neuen Grundsätzen. Seit bald drei Monaten wohnen wir nun in einem älteren Haus auf einem Hügel im Südburgenland (ich glaube, das habe ich bereits erwähnt) und die Fortschritte sind enorm. Unser Sohn besucht den hiesigen Kindergarten, meine Frau arbeitet Teilzeit, um mir in ihrer freien Zeit beim Aufbau unserer „kleinen Farm“ zur Hand zur gehen. Dafür liebe ich sie!

Wer jetzt aber glaubt, ich sei ein klassisches Burn-Out-Opfer, dass sich ab 40 auf die faule Haut legen will der/die irrt. Tatsächlich habe ich noch nie so viel und so anstrengend gearbeitet wie in den letzten Monaten. Der Unterschied ist nur: Die Arbeit auf eigenem Grund und Boden kommt über Umwege unserer kleinen Familie zu Gute. Jeder Handgriff ist für uns und nicht für eine Firma oder einen launigen Chef.

Die Fortschritte sprechen für sich und unser Ziel nachhaltiger zu leben und uns mehr und mehr selbst zu versorgen (auch wenn eine 100-prozentige Selbstversorgung illusorisch ist) rückt näher. Wir machen Tag für Tag neue wichtige Erfahrungen mit und durch die Natur und können erleben, wie sich die harte Arbeit bemerkbar macht.

Inzwischen haben wir eine Fläche von ca. 20 mal 10 Metern für den Gemüseanbau urbar gemacht und uns ein kleines Glashaus für die Anzucht neuer Pflanzen besorgt. Auch wenn wir es noch nicht schaffen alle Samen zum Austreiben zu bringen und so manches Pflänzchen wieder eingeht, so wächst und gedeiht inzwischen doch einiges in unserem Selbstversorgergarten. Die Liste unserer angebauten Lebensmittel kann sich, glaube ich, sehen lassen: Paradeiser, Paprika, Lauch, Zwiebel, Kartoffel, Gurken, Kürbis, Zucchini, Broccoli, Bohnen, Rhabarber, Karotten, Radieschen, Salate, Kräuter, Spinat, Mangold, Rotkraut, Kraut, Uhudlertrauben, Apfelbäume, Kirschbäume, Birnbäume, ein Nuss- und ein Pfirsichbaum, etliche unterschiedliche Beerensträucher und die wild wuchernden Topinambur bevölkern unser Grundstück und wollen versorgt und später gegessen werden.

Inzwischen haben wir uns aus alten Möbeln auch einen Hühnerstall zum (fast) Nulltarif gebaut und haben bereits sechs glückliche Hühner und einen zufriedenen Hahn in unserer Familie aufgenommen, die uns nicht nur unterhalten sondern auch mit ausreichend Bio-Freilandeiern versorgen. Die drei kleinen tollpatschigen Enten, die inzwischen durch den Garten watscheln sollen sich um die gefräßigen Schnecken kümmern.

Auch die schweißtreibende Arbeit am Stall schreitet voran. Am 18. Juni sollen vier freundliche Alpakas auf unserer selbst eingezäunten Weide einziehen, sich als natürliche Rasenmäher verwirklichen und uns einmal im Jahr mit wunderbarer Alpaka-Wolle versorgen. All das soll natürlich, nachhaltig und ohne chemische Keule gedeihen und harmonieren. Mal sehen, wie das kommende Lebensjahrzehnt so wird. Baba, wir lesen uns!

Max Neumeyer

Ein glückliches Huhn.

Max Neumeyer

Unsere "Wach-Enten".

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Minchen

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Herbert Erregger

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