Wer schützt die Schutzbedürftigen vor Dobrindt?
Alexander Dobrindt fordert verstärkte Grenzkontrollen und will Asylbewerber schon an der Grenze zurückweisen – außer natürlich die „vulnerablen Gruppen“. Klingt erstmal nach einer pragmatischen Lösung, doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, wie unsinnig und realitätsfern dieser Vorschlag ist.
Was sind eigentlich „vulnerable Gruppen“? Die EU-Aufnahmerichtlinie ist da ganz klar: Besonders schutzbedürftig sind unter anderem Minderjährige, Schwangere, Menschen mit Behinderung, Opfer von Folter, Vergewaltigung oder Genitalverstümmelung, Alleinerziehende, Menschen mit schweren Krankheiten. Diese Menschen haben Anspruch auf besonderen Schutz – und das ist auch gut so.
Doch jetzt kommt der Haken: Wer soll das an der Grenze feststellen? Sollen Polizisten künftig erkennen, ob eine Frau vergewaltigt oder genitalverstümmelt wurde? Sollen sie Schwangerschaftstests durchführen oder entscheiden, ob jemand psychisch schwer traumatisiert ist? Müssen künftig Gynäkologen und Psychologen nachts an der Grenze Dienst schieben, um die Schutzbedürftigkeit festzustellen? Das ist nicht nur praktisch unmöglich, sondern auch menschenrechtlich und medizinisch völlig absurd.
Viele dieser Merkmale sind auf den ersten Blick gar nicht erkennbar. Ein Kind mag noch auffallen – aber was ist mit einer Frau, die schwanger ist, es aber nicht sieht? Oder mit jemandem, der schwere seelische Narben trägt? Die EU-Richtlinien sehen deshalb vor, dass die Schutzbedürftigkeit im Asylverfahren geprüft wird – und nicht hektisch und unter Zeitdruck an der Grenze.
Hinzu kommt: Die Polizei ist für solche Aufgaben nicht ausgebildet. Sie kann und darf keine medizinischen Untersuchungen durchführen, keine psychologischen Gutachten erstellen. Und selbst wenn man das wollte – woher soll das Personal kommen? Schon jetzt klagen die Sicherheitsbehörden über Überlastung. 12-Stunden-Schichten sind auf Dauer nicht machbar, und die angekündigten 3.000 zusätzlichen Polizisten sind weder ausgebildet noch kurzfristig verfügbar.
Und was passiert, wenn ein Kind als schutzbedürftig gilt, aber die Eltern nicht? Sollen wir Kinder allein ins Land lassen und die Eltern draußen stehen lassen? Das ist nicht nur unmenschlich, sondern auch rechtlich hochproblematisch.
Fazit: Dobrindts Vorschlag klingt nach harter Hand, ist aber in Wahrheit ein Paradebeispiel für politischen Aktionismus ohne Substanz. Er ignoriert die Realität an den Grenzen, die Vorgaben des EU-Rechts und die menschliche Würde der Betroffenen. Wer so Politik macht, ist vor allem eines: zuverlässig im Versagen.