Das Wählerparadoxon - wie sich AfD-Wähler ins eigenen Fleisch schneiden

Laut Umfragen würden 20 Prozent der Befragten aktuell ihr Kreuz bei der AfD setzen. Eine Studie hat nun die Agenda der Partei mit den Bedürfnissen der Unterstützer verglichen – und eine große Kluft ausgemacht.

Die Hauptleidtragenden der AfD-Politik wären ihre eigenen Wählerinnen und Wähler.

https://www.diw.de/de/diw_01.c.879742.de/publikationen/diw_aktuell/2023_0088/das_afd-paradox__die_hauptleidtragenden_der_afd-politik_waeren_ihre_eigenen_waehler_innen.html

AfD-Wählerschaft: Häufig männlich, arbeitslos und aus strukturschwachen Regionen

Die Analyse zeigt, für welche Politik die AfD steht: zum Beispiel für eine extrem neoliberale Wirtschafts- und Finanzpolitik. Sie setzt sich in fast allen Bereichen für Steuersenkungen, wie neuerdings bei der Erbschaftsteuer, und gegen Steuererhöhungen ein, wie gegen die Besteuerung großer Vermögen. Den Solidaritätszuschlag für die Spitzenverdiener*innen will sie komplett abschaffen. Das Gleiche gilt für die Wirtschaftspolitik, bei der die AfD generell die Rolle des Staates beschneiden und die Macht des Marktes vergrößern will.

In der Kategorie Sozialpolitik wünscht sich keine Partei im Bundestag stärkere Einschnitte bei den Sozialleistungen als die AfD. So spricht sie sich beispielsweise gegen eine Stärkung der Rechte von Mieter*innen aus. Auch hat sie sich 2021 gegen die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro ausgesprochen. Laut aktuellen Forderungen – die somit nicht im Wahl-O-Mat enthalten sind – will die AfD das Bürgergeld beschneiden und auf sechs Monate begrenzen. Zudem will sie Langzeitarbeitslose zu Bürgerarbeit zwangsverpflichten. Bemerkenswert ist, dass die AfD sich noch stärker und umfassender für eine marktorientierte Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik ausspricht als die FDP.

Es käme zu einer Umverteilung von Einkommen und sozialen Leistungen von AfD-Wähler*innen hin zu den Wähler*innen anderer Parteien.

Die Widersprüche zwischen den Interessen der AfD-Wähler*innen und den Positionen der AfD könnten kaum größer sein. Steuersenkungen für die Spitzenverdiener*innen, niedrigere Löhne für Geringverdiener*innen und eine Beschneidung der Sozialsysteme würden AfD-Wähler*innen viel stärker negativ treffen als die Wähler*innen der meisten anderen Parteien. Würde sich die AfD-Politik durchsetzen, käme es zu einer Umverteilung von Einkommen und sozialen Leistungen von AfD-Wähler*innen hin zu den Wähler*innen anderer Parteien.

Kaum eine im Bundestag vertretene Partei in Deutschland hat in den letzten 70 Jahren so hart nach unten getreten und verletzliche Gruppen so stark ausgegrenzt und diskriminiert wie die AfD. Durch die Hetze und Diskriminierung gegen Ausländer*innen und Menschen mit Migrationsgeschichte – was auf fast jede*n vierte*n Deutsche*n zutrifft – schafft es die AfD, den eigenen Unterstützer*innen einzureden, sie würden wirtschaftlich, sozial und politisch gewinnen, wenn soziale Leistungen oder Grundrechte für diese Gruppen eingeschränkt würden.

Die individuelle Fehleinschätzung liegt darin, dass viele AfD-Wähler*innen nicht realisieren, dass eine Politik der Diskriminierung und Ausgrenzung sie selbst stark negativ betreffen würde. Denn sie selbst gehören häufig zum unteren Rand der Einkommensverteilung, genießen seltener Privilegien und haben weniger Chancen als andere und sind stärker auf finanzielle Leistungen des Staates angewiesen. So wären vor allem AfD-Wähler*innen von Arbeitsplatzverlusten, einer schlechteren Infrastruktur und weniger Leistungen, einer Schwächung der Europäischen Union oder Steuersenkungen für Spitzenverdiener*innen stark negativ betroffen.

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