Leider versuchen wir, unsere Kinder in Form zu pressen – kommen wir von der ERziehung zur BEziehung

Im Umgang mit Kindern sollten wir vom Beurteilen und Verurteilen, vom problem-orientierten Denken hin zum Verständnis füreinander kommen.

Als Kinderarzt, als Veranstalter verschiedener Projekte für Schulkinder und letztlich auch als Vater komme ich oftmals an meine Grenzen. Das merke ich jetzt, da meine Kinder älter werden. Was habe ich meinen Kindern zugemutet? Ich habe das nicht immer wahrgenommen – und sie haben es mir auch nicht immer gezeigt. Das wird mir immer bewusster.

Wir haben schließlich alle unsere Vorstellungen davon, wie die Kinder sein sollen. Aber schon kurz nach Geburt, ab der Trotzphase mit etwa zwei Jahren, können Erwartung und Realität auseinander klaffen. Jeder Mensch hat seine eigene Erziehung, seine eigenen Werte. Nach diesen wollen wir erziehen. Aber letztlich geht es darum, sie anzupassen. Zuerst zuhause, dann in der Schule.

Wenn das Baby da ist, wird es von allen Seiten umschwärmt. Werden die Kinder dann älter, beginnt sich die eigene Persönlichkeit, mitunter eben sehr früh, herauszubilden. Dann hört man oft Sätze wie „Ich fürchte mich schon vor der Pubertät“. Aber dagegen verwehre ich mich. Es ist eine wunderbare Herausforderung für Eltern und Mitmenschen, uns auch selbst weiter zu entwickeln. Darum schlage ich einen Paradigmenwechsel vor: Von der Erziehung zur Beziehung. Man muss sich Zeit nehmen und die Kinder, und eigentlich alle anderen, mit all ihren Besonderheiten wahrnehmen. Das ist aber natürlich nicht immer leicht. Auf die Frage „Wie war dein Tag?“ erzählen die meisten Menschen ja nicht die 90 Prozent Normales oder Positives, sondern die paar Prozent Negatives.

Ich glaube, dass diese Einstellung auch aus unserer Kindheit herrührt. Wenn man irgendetwas Spontanes, Ausgefallenes gemacht hat, hieß es oft: Nein, das passt nicht, mach das anders, mach das so und so. Das erlebe ich auch heutzutage bei ganz jungen Eltern. Schon kleine Kinder werden schnell kritisiert, in die Schranken gewiesen – die Grundaussage ist, dass wir das Kind nicht so annehmen, wie es ist.

Das enttäuscht die Kinder, es frustriert. Und diese Behinderung der eigenen Entfaltung kann durchaus auch zu Problemen führen. Ohne jetzt auf körperliche oder seelische Beeinträchtigungen einzugehen, gibt es ja den Satz, dass 98 Hochbegabte mit der Schule anfangen und zwei nachher rauskommen. Weil die Kids eben demotiviert werden. In die Geburtsvorbereitung wird viel investiert, dann wird das alles aber laufen gelassen.

Es fehlt wohl auch einfach das Bewusstsein – man fühlt sich in punkto Erziehung ganz tief im Privaten berührt. Ich wünsche mir da eine bewusstere Herangehensweise, weit über den Geburtsvorbereitungskurs und die Kleinkindphase hinaus. Es gibt beispielsweise die Elternwerkstatt. Da können sich die Eltern in kleinen Gruppen zusammensetzen und sich austauschen. Es gibt immer wieder solche Gruppen, Foren oder Workshops – nur muss es auch angenommen werden.

Damit die Kinder bewusst wahrgenommen werden. Damit eine Beziehung entstehen kann und nicht einfach nur Erziehung geschieht. Glauben Sie mir, es hilft Ihnen – nicht nur gesundheitlich.

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Bernhard Juranek

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Herbert Erregger

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fischundfleisch

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