In unserer heutigen Welt denken wir, wir müssten immer und überall zu hundertzwanzig Prozent alles geben. Aus medizinischer Sicht ist das Blödsinn.

Es ist wieder einmal Frühling. Wie schon zuletzt angedeutet, entsteht aus dem, was zuvor ziemlich kaputt aussah, etwas Neues. Haben Sie sich etwa Weinstöcke angesehen? Die sehen im Winter ziemlich traurig aus und man mag kaum glauben, dass daraus in ein paar Monaten ein edles Entspannungsachterl werden kann. Aber so ist die Pflanzenwelt. Zumindest in unseren Gefilden macht sie einfach ein paar Monate Pause. Da wird zurück gefahren, Energie gespart, auch nur das Notwendigste gemacht – um dann im Frühling doppelt so stark „zurück“ zu kommen.

Genau so sollte es sich auch bei uns Menschen verhalten. Wir denken, wir müssten 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 52 Wochen im Jahr einfach alles und noch mehr geben. Ich kann als Mediziner und Familientherapeut sagen, dass das so nicht funktioniert. Beziehungsweise auf Dauer nicht funktionieren kann. Und da spreche ich auch nicht von zwei Wochen Italien im Sommer und einer Woche Skifahren im Winter – sofern man sich das überhaupt noch leisten kann.

Der Schlaf eines Dreijährigen war nicht rund, er ist immer wieder aufgewacht. Die Mutter erzählte, dass das dann irgendwann wie weg geblasen war. Sie meinte, es war wohl wohl ein Gespräch mit einer Bekannten, dass sie unglaublich entspannt hat. Seitdem schläft er durch. Fühlt sich die Mutter wohl, spürt das das Kind.

Wir brauchen einfach im Allgemeinen eine bessere Einstellung zur Arbeit. Wir müssen es einfach ruhiger angehen lassen. Auch während der Arbeitszeit muss man nicht immer alles machen. Wir müssen dann auch einmal „Nein!“ sagen und nicht noch zur Überstundenpauschale noch mehr machen. Die Natur macht es doch vor: Manchmal reicht es, das Notwendige zu machen, nicht noch drei Mal über sich hinaus zu wachsen und mehr zu leisten, als man meistens kann.

Wir müssen uns nicht der modernen Logik unterwerfen, welcher folgend der Mensch am wertvollsten ist, wenn er oder sie mehr tut als andere. Beziehungsweise muss das nicht ständig sein. Klarerweise gibt es Tage oder Wochen, in denen man länger im Büro bleiben muss. Wenn wir das aber ständig machen, was wird dann aus uns? Eine Pflanze, die ständig und immer nur am Wachsen ist, wird irgendwann aufgeben müssen, weil sie selbst und die Umgebung ausgelaugt ist.

Hildegard von Bingen hat mich angeregt, auf meinen Tagesplan zu schauen. Die Erholung im Schlaf hängt vom Tagesplan ab. Wie gestalte ich meinen Plan? Wie gestaltet die Familie die Tagesstruktur? Da habe ich erst einmal auf mich geschaut. Ich habe bewusst Pausen in meinen Arbeitstag eingebaut sowie mich auf familiäre Rituale konzentriert. Das hat sofort gewirkt! Seitdem fühle ich mich wohler.

Von medizinischer Seite her kann ich also nur raten, zuweilen ein paar Gänge runter zu schalten, die Arbeit Arbeit sein zu lassen und nicht ständig zu überpowern. Gehen Sie doch lieber einmal in den Wald und nehmen sich Zeit für sich selbst, schauen „den Pflanzen beim Wachsen“ zu. Es ist ja auch mittlerweile wissenschaftlich erwiesen, dass ein Waldspaziergang heilsam ist!

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Lillybella

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Claudia Goepel

Claudia Goepel bewertete diesen Eintrag 14.04.2016 17:37:38

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