Klimawandel und die (nicht) absehbaren Folgen

Ein ganz heißes Thema: Die globale Erwärmung. Seitdem es die unendlichen Weiten des Internets gibt und in jüngerer Vergangenheit die beliebten sozialen Netzwerke sich immer größerer Beliebtheit erfreuen, gibt es das Phänomen, dass man Missverständnisse automatisch verstärkt, indem man sich nur noch mit Leuten in bestimmten sozialen Gruppen über dasselbe Missverständnis unterhält und somit gemeinsam einem noch gewaltigeren Missverständnis unterliegt. Alle glauben dasselbe, und mit der Zeit bekommt man das Gefühl, dass man ja rechthaben muss, weil alle anderen ja das gleiche denken. Eine (aus meiner Sicht) sehr gefährliche Entwicklung, die nicht nur wissenschaftliche Diskurse unmöglich macht, sondern auch aktuelle wichtige gesellschaftliche Diskussionsthemen in deren Ausarbeitung der Probleme verhindert. Aus der Sicht der virtuellen sozialen Echokammern der dort vorherrschenden Meinungen jedoch verständlich. Wer holt sich schon gerne einen Gast ins Haus, der die allgemeine Meinung argumentativ anzweifelt? Das ist doch unverschämt!

Rhacodactylus

In der Wissenschaft ist der Diskurs und der Austausch von Argumenten lebenswichtig und zentral. Der eine sagt etwas, und der andere hört zu, überlegt und versucht auf Basis von Fakten und Erkenntnissen, ein Argument zu widerlegen oder zu ergänzen oder diesem einfach zuzustimmen. Der Diskurs bildet den Anfang. Bevor ich einige spannende (und bedrohliche) Folgen des Klimawandels vorstelle, möchte ich ein Missverständnis ausräumen.

Was ist KLIMA?

Bevor der Streit losgeht, will ich was festhalten: Klima ist nicht gleich Wetter! Das ist wichtig! Übers Wetter können wir uns jeden Tag beklagen und freuen oder meckern. Das Klima ist definiert, als das über 30 Jahre gemittelte Wetter…

Naja, wer weiß schon wie sich das Wetter in den nächsten 30 Jahren verändern wird, wenn die Meteorologen nicht mal wissen, wie das Wetter am nächsten Wochenende sein wird?

Es geht um Trends, es geht um langsame Veränderung in eine gewisse Richtung. Und ein Trend ist, dass die Temperatur (im Mittel) auf der Erde ansteigt, nochmal, im Mittel!

Die Konsequenz daraus?

Bei aller Klimaskepsis sind wir uns einig, dass Wasser bei einer erhöhten Temperatur eher verdunstet (= erhöhte Kinetische Energie von Molekülen ermöglicht es vom flüssigen Aggregatzustand in den gasförmigen überzugehen). Wenn das so ist, dann heißt es das auch, dass die Luftfeuchtigkeit ansteigt – die Verdunstungsrate steigt. Also, hohe Temperatur = hohe Verdunstungsrate = hoher Wassergehalt in der Atmosphäre = weiteres Ansteigen der Temperatur (weil Wasser (im gasförmigen Zustand) ein Treibhausmolekül ist, d.h. Wärmestrahlung von der Sonne im Infrarotbereich absorbieren kann.) Und weiter geht’s: Genau das Gleiche macht Kohlendioxid, das von Meeren abgegeben wird, weil sie sich erwärmen. Wasser kann mehr Kohlendioxid aufnehmen, wenn es kühler ist.

Man sieht schon, alles funktioniert wie riesiger unsichtbarer Motor, der langsam zu höherer Leistung getrieben wird, denn: Nachdem sich die Temperatur erhöht hat, und der Wasserdampf dazu führt, dass die Meere immer weniger Kohlendioxid speichern können, was dazu führt, dass Kohlendioxid die Temperaturerhöhung weiter vorantreibt (siehe oben Bsp. Wasser), was dazu führt, dass der Permafrostboden allmählich auftaut, was dazu führt, dass Methan freigesetzt wird (ein ca. 20mal stärkeres Treibhausmolekül als Kohlendioxid), dann…. Ja, was dann??

Es ist ein Teufelskreis. Kommen wir da noch raus? Es ist völlig unklar, was passieren wird. Gerade, dass unsere Meere dazu fähig sind Kohlendioxid zu speichern, wird allzu oft vergessen und dass das Auftauen des Permafrostbodens in der nördlichen Hemisphäre durch die Erhöhung der mittleren Temperaturen dramatisch voranschreitet und damit Methan (und andere Scheußlichkeiten) freisetzt, wird zu gern unterschlagen. So geht es immer weiter.

Es ist eine fortlaufende Kettenreaktion. Da kann man nicht einfach auf die STOP-Taste drücken. Nur, wo steht der Mensch in diesem Dauerprozess? Er ist da und beschreibt den Klimawandel. Er stellt fest, dass die Gletscher abschmelzen, er stellt fest, dass die Zugvögel immer früher nach Europa zurückkommen, er stellt fest, dass die Kirschblüte immer früher passiert, er stellt fest, dass der Permafrost auftaut. Als würde es pro Jahr immer wärmer, wärmer und wärmer werden, dazwischen gibt es immer wieder ein paar Ausreißer. Das System wird instabil. Kann der Mensch so eine Entwicklung aufhalten? Momentan ist die einzige Schraube, an der wir drehen können, die Kohlendioxid-Schraube. Eine starke Reduktion des Kohlendioxid-Ausstoßes, damit würde noch die Chance bestehen den mittleren Temperaturanstieg für die nächsten 30-60 Jahre unter 2°C zu halten. Wenn die Temperatur (im Mittel) darüber hinausschießt, wird es eine unbequeme und heiße Party, auf die wir nicht gehen wollen!

Hier noch ein paar Dinge, die höchstwahrscheinlich auf uns zukommen werden:

Atommüll

Unterhalb des grönländischen Eisschildes lagern Tonnen von nuklearen und chemischen Abfällen aus der Zeit des Kalten Krieges. Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich die ersten undichten Stellen bereits zeigen. 1959 wurde dort ein Bereich für Bunker in ungefähr 15 Metern Tiefe unter der Eisschicht ausgehoben um dort Atomtests mit Truppen durchzuführen. 1967 wurde die Anlage in der Annahme verlassen, dass alles von Eis und Schneefall sowieso auf ewig dort begraben bleibt… (leider nicht). Dort unten warten ca. 200.000 Liter Diesel in uralten Behältern, Abfälle von Kernreaktoren, verstrahltes Abwasser, polychlorierte Biphenyle oder PCB. PCB sagt jedem was. Ein berüchtigtes Mitglied des Dreckigen Dutzends. Die Zeit läuft. Es wäre eine nicht auszudenkende Umweltkatastrophe, wenn diese Bereiche vollkommen abschmelzen.

Anthrax

Diesen Sommer kam es zu einem Anthrax-Ausbruch (MilzbrandBacillus anthracis) in Sibirien, dem über 2000 Rentiere und zwei Menschen zum Opfer fielen. Sporen von Anthrax, die über 75 Jahre in Rentier-Kadavern im Permafrost dahinschlummerten wurden durch einen ungewöhnlich warmen Sommer freigesetzt. Diese "russische Seuche" grassierte in Sibirien zwischen 1897 und 1925 und raffte Millionen Rinder, Rentiere und Menschen dahin, welche dort begraben wurden und jetzt wieder auftauen, und die Seuche wieder reaktivieren.

Zeitzeugen

Es sind nicht nur Tierkadaver, die aus dem arktischen Eis hervorkommen, sondern auch Leichen aus längst vergangener und vergessener Zeit. So werden zum Beispiel in Nord-Italien viele Leichen von Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg durch die Gletscherschmelze freigelegt. Das Problem liegt in der kurzen Zeitspanne zwischen dem Freigeben dieser „Artefakte“ und der raschen Zerstörung dieser durch die Erosionskräfte. Somit gehen viele wichtige archäologische Beweise verloren.

Viren

2014 fanden Forscher einen 30.000 Jahre alten Virus-Stamm im arktischen Eis, der noch immer hohes Infektionspotential hatte. Glücklicherweise war es nur ein Virus, der eine bestimmte Art von Amöben befiel. Trotzdem wirft es die Frage auf, was sich noch in dieser Welt befindet, die sich uns Tag für Tag abschmelzenderweise mehr eröffnet.

Methangas

Wie schon oben erwähnt, ist Methan ein überaus starkes Treibhausmolekül (20-25mal stärker als Kohlendioxid) und für diese aktuell instabile Klimalage einer der unwillkommensten Gäste. Und unvorstellbar große Mengen davon schlummern im Permafrost, der heute auftaut… Die aktuellen Klimamodelle können die Auswirkungen noch nicht exakt bestimmen. Sicher ist, dass die Lage zunehmend instabiler und irgendwann einmal irreversibel wird.

Selbst, wenn manche Leser jetzt wieder der Meinung sind, dass der Klimawandel sowieso nur eine Erfindung von Ökoterroristen sei, dann denken wir einmal über die Endlichkeit der Ressourcen unseres Planeten nach. Am Ende kommt man immer zu dem Schluss, dass wir immer mehr werden und immer mehr Rohstoffen verbrauchen. Es muss zu einer Energiewende kommen, die ihren Namen auch verdient. Davor muss es zu einem Zurücknehmen des eigenen Verbrauchs kommen und somit zu einer Vernunft, dass die Erde uns nicht Untertan, sondern unser Herbergsgeber ist. Endlich erwachsen werden und aufhören wie trotzige Kinder zu reagieren: „Nein, den Klimawandel gibt es nicht! Du bist blöd! Ich mach weiter was ich will!“

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