Wie Corona die Verharmloser-Märchen a la "Nur eine Grippe" rund um den Globus schredderte.

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"Ist denn x-Land immer noch nicht ausgestorben?" ist ein Standardkommentar der Coronaleugner und -verharmloser, wenn die Rede auf coronabedingte Sterbefälle kommt.

Sie haben zwar insoweit recht, daß SARS-Cov2 hauptsächlich alte und vorerkrankte Menschen trifft, aber es ist bei weitem nicht tödlich genug, um ganze Länder zu entvölkern.

Doch seine Gefährlichkeit liegt in der extremen Infektiösität. So kann es gleichzeitig so viele Menschen erwischen, daß die wöchentlichen Sterbezahlen auf ein Vielfaches der schlimmsten Grippewellen (seit der Spanischen Grippe) steigen. Dann können die Krankenhäuser entsprechend überlastet werden, so daß plötzlich für das übliche Patientenaufkommen mit lebensgefährlichen Komplikationen keine freien Klinikplätze mehr übrig sind - trotz Corona-Lockdowns, wenn die zu spät kommen.

Ein Beispiel für die Zustände trotz Lockdown während der 1.Coronawelle, das noch online zu finden ist: "In Madrid ist die Lage besonders dramatisch . . . Um der Lage Herr zu werden, hat die Verwaltung der Stadt beschlossen, ein Angebot der Eissporthalle Palacio de Hielo („Eispalast“) anzunehmen, sie als Leichenschauhaus einzurichten, berichtet „El Pais“ . . . Anfang der Woche waren schockierende Bilder aus Krankenhäusern der spanischen Hauptstadt publik geworden, wo Patienten auf dem Fußboden lagen. Einige der Patienten husteten stark, einige waren an Sauerstofftanks angeschlossen." Zitat Ende.

Aktuell ist die Coronalage in Europa dank Massenimpfungen und der relativ harmlosen Omikron-Mutanten einigermaßen entspannt. Daher kann man einmal ein weltweites Fazit der letzten beiden gut 2 Jahre ziehen, um im Rückblick zu zeigen, wie etliche Behauptungen der Coronaleugner und -verharmloser sich als Märchen herausgestellt haben.

1. Das Ioannidis-Märchen der globalen Infektionssterblichkeitsrate von ca. 0,15 %

Die entsprechende Studie des Verharmloser-Gurus Prof.Dr.Ioannidis kann man z.B. hier nachlesen, Zitat (übersetzt) aus den Highlights:"Die globale Infektionssterblichkeitsrate (IFR) beträgt ca. 0,15 % bei 1,5-2,0 Milliarden Infektionen (Stand: Februar 2021)".

Die IFR = Infection Fatalitiy Rate beschreibt, welcher Anteil einer Gruppe Inzfizierter (gewöhnlich) an der Infektion sterben wird. 0,15% IFR bedeuten 1.500 Coronatote auf 1 Million Infizierte. Wenn Corona eine komplette Nation infiziert hat, dürften am Ende also laut Ioannidis ca. 1.500 Menschen pro Million Einwohner an Corona gestorben sein.

Die Daten von Worldometer zeigen allerdings haufenweise Länder mit erheblich mehr Coronatoten pro Million Einwohner. Hier ein Screenshot mit nur den "Top 22":

https://www.worldometers.info/coronavirus/#countries

Peru übertrifft die Ioannidis-Behauptung um mehr als das 4-fache; das erste Land mit einer CFR unter 0,15% ist aktuell Irland auf Platz 73!

Allerdings wärmen Teile der Leugnerszene angesichts testbasierter Infektions- und Sterbedaten sofort die altbekannten Behauptungen auf: Herbeigetestete Pandemie, haufenweise falsch-positive Ergebnisse usw. Andererseits gibt es auch Berichte über massenhafte Unter-Erfassungen von Covid-19-Fällen, wie etwa hier für Südafrika.

Diese potentiellen Fehlerquellen lassen sich umgehen, indem man die Übersterblichkeiten (= wöchentliche / monatliche / jährliche Sterbezahlen im Vergleich zu den letzten Jahren vor Corona) seit Frühjahr 2020 betrachtet. In den folgenden Grafiken zeigen die blauen Kurven jeweils die Sterbezahlen laut .csv-Download von Our World in Data, die grünen Kurven zeigen die bis in die Gegenwart fortgeschriebenen mittleren Sterbezahlen der letzten Jahre bis einschl. 2019.

Die kumulierte Differenz beider Kurven seit Frühjahr 2020 entspricht der Über- oder Untersterblichkeit ab dem Beginn der Corona-Ära. Unter den Kurven ist sie als "Bevölkerungsverlust" beziffert - in roter Schrift, wenn sie über den 0,15% von Ioannidis liegt.

Die Bevölkerungsdaten unter den Graphen kommen von populationpyramid.

Beginnen wir mit "unseren" Ländern Österreich und Deutschland:

eigene Auswertung

In beiden Ländern liegt der Bevölkerungsverlust inzwischen deutlich über der Ioannidis-IFR von 0,15% - obwohl vermutlich noch lange nicht die gesamte Bevölkerung infiziert wurde.

Die entsprechenden Grafiken für die beiden traurigen Spitzenreiter aus der Tabelle oben sehen so aus...

...und zeigen mit 0,7% bzw. 0,96% Bevölkerungsverlust eindrucksvoll, wie falsch Ioannidis mit seiner globalen 0,15% IFR liegt (auch für Bulgarien muß analog zu Südafrika von einer erheblichen Unter-Erfassung der Coronafälle ausgegangen werden).

Deutlich realistischer läßt sich die coronabedingte Übersterblichkeit bei Infektion der gesamten ungeimpften Bevölkerung einschätzen, wenn man die Table 3 einer altersspezifischen(!) Covid-19-Sterblichkeitsstudie und die Altersstruktur des jeweiligen Landes hernimmt; das Ergebnis ist unter den Grafiken jeweils als "Bevölkerungsverlust bei 100% Infektionsquote" aufgeführt. Zwischen den einzelnen Ländern streuen diese Daten erheblich, denn: Je höher der Anteil alter Menschen in der Bevölkerung, umso mehr Coronatote sind bei kompletter Durchseuchung zu erwarten; in Ö und D wären es 1,71% bzw. 2% entsprechend ca. 151.000 bzw. 1,6 Millionen.

Märchen Nr.2 "Die Toten sterben nicht an dem Virus, sondern an den Regierungsmaßnahmen."

Würde das stimmen, dann müßten Länder mit langen und strengen Lockdowns besonders hohe Übersterblichkeiten bzw. Bevölkerungsverluste haben, und Länder ohne Lockdowns keine oder nur minimale Übersterblichkeiten. Schauen wir also z.B. auf die Daten der Lockdown-Champions Australien und Neuseeland:

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Die Bevölkerungsverluste betragen nur Mini-Bruchteile der Werte in Österreich und Deutschland!

Und hier das eindrucksvollste Gegebeispiel: In Brasilien weigerte sich der Präsident lange hartnäckig, irgendwelche Anordnungen in Richtung Kontaktbeschränkungen, Lockdowns o.ä. zu treffen...

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...und genau deshalb (oder aus Leugnersicht: trotzdem) gab es seit dem Beginn der Coronapandemie einen erheblichen Bevölkerungsverlust. Der wäre ohne die Impfkampagne noch deutlich höher ausgefallen, denn erst die brachte die Sterbezahlen im Laufe des Jahres 2021 wieder zurück in Richtung Normalität.

Märchen Nr.3: Schwedens scheinbares Patentrezept - keine Lockdowns und trotzdem wenig Coronatote

Bei der Begeisterung über Schweden wird regelmäßig "übersehen", daß die großen nordischen Länder ständig in einer Art Bevölkerungsdichte-Lockdown leben. Deutschland und Österreich haben 232 bzw. 107 Einwohner / km², Schweden grade mal 25,2 Einwohner / km². Daher sind Vergleiche der schwedischen Coronataktik mit Norwegen und Finnland (dort gibt es 14,6 bzw. 18,2 Einwohner / km²) viel realistischer als mit vielfach dichter besiedelten Ländern.

Norwegen und Finnland widerlegen mit Lockdowns im üblichen Rahmen und sehr geringen Bevölkerungsverlusten nochmal das Märchen Nr.2...

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... wohingegen 0,17% Bevölkerungsverlust in Schweden genau dem deutschen Wert entsprechen, und ca. 2 bis 3mal so hoch liegen wie in Norwegen bzw. Finnland. Das zeigt, daß Schweden seinen Bevölkerungsdichte-Vorteil grandios vergeigt hat und belegt einmal mehr: Lasche Kontaktbeschränkungen führen zu mehr Coronatoten als konsequente Lockdowns. Würde das o.g. Märchen Nr.2 stimmen, dann müßten Norwegen und Finnland einen höheren Bevölkerungsverlust haben als Schweden.

Märchen Nr.4: Das angebliche Impfversagen in Israel

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Mit 0,12% Bevölkerungsverlust steht Israel deutlich besser da als als z.B. Österreich, Deutschland oder Schweden.

Märchen Nr.5: Corona ist nicht gefährlicher / tödlicher als eine (Sommer)grippe

Würde das stimmen, dann dürften die wöchentlichen Spitzen der Sterbezahlen seit Frühjahr 2020 in keinem Land deutlich über den Spitzen bis Anfang 2020 liegen.

Jedoch: Viele der Grafiken oben zeigen bereits, daß pro Woche / Monat während Coronawellen trotz Lockdowns erheblich mehr Menschen starben als in den heftigsten Grippewellen der letzten Jahre - obwohl in den letzten ~ 100 Jahren nie versucht wurde, Grippewellen per Lockdowns o.ä. zu bremsen.

Hier noch einige Grafiken von Ländern mit besonders heftigen Corona-Todeswellen:

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Für New York City kommen die Sterbedaten vom CDC und die Bevölkerungsdaten von NYC Health. Der Parallelverlauf von blauer und roter Kurve zeigt, daß die mittlere wöchentliche Sterbezahl von 1.034 Fällen nur dann ungewöhnliche Peaks zeigt, wenn es grade eine Covid-19-Welle gibt. Die Corona-Spitze mit 653% Übersterblichkeit ist 46-mal höher als der Gripperekord Anfang 2018 mit 14%! Die scheinbare Diskrepanz zwischen maximal ~ 5.000 Coronatoten und ca. 7.000 Sterbefällen "mehr als normal" läßt sich z.B. mit den eingangs beschriebenen Überlastungseffekten der Kliniken erklären: Wenn (fast) alle Betten mit Corona-Notfällen belegt sind, ist die normale klinische Versorgung der Bevölkerung nicht mehr verfügbar, und dementsprechend können die akuten Non-Covid-Sterbezahlen ansteigen.

So, liebe Coronaleugner und -verharmloser, nun seid wieder Ihr gefragt:

Was außer Covid-19 könnte die hohen Todeswellen z.B. in Peru, Brasilien, Bulgarien und den letzten 3 Grafiken ausgelöst haben? Gab es in 2020 und 2021 irgendwelche Berichte wenigstens aus einem dieser Länder, die so etwas erklären können?

Z.B. über Hungersnöte? Bürgerkriege? Terroranschläge? Atombombenexplosionen? Naturkatastrophen? Massensuizidwellen? Andere Epidemien usw.?

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