Betrachte ich mir die Diskussionskultur der letzten Monate, fällt auf, dass die Schuld für allerhand Ereignisse, die im letzten Jahr über uns hereinbrachen, als Schuld des Establishments verortet wird. Wer ist das?, frage ich mich, weil ich nicht gerne hohle Phrasen nachplappere. Und lande bei den Eliten, die sich in der Regierung, den Medien (Lügenpresse) und der Wirtschaft (ist das nicht sowieso alles eins?) verbergen.
Das Establishment also ist Schuld. Z.B. an der Kölner Silvesternacht.
Weil politische Korrektheit (Keinesfalls und nie werden wir Tätergruppen mehr nach Ethnien benennen!) und Unfähigkeit der Polizei aufeinander trafen.
So die mittlerweile allgemeine Deutung, die solchen Leuten sehr entgegen kommt, die gerne und sehr schnell "der Politik" Schuld an mancherlei Versäumnissen geben. Unklar, wer genau sich hinter "der Politik" verbirgt. Politiker? Wirtschaftsbosse, die ihren Einfluss auf die Politik ausüben? Die gesamte Regierung? (Und, wenn ja: welche? Die deutsche? Die österreichische?)
Wenn alles so einfach wäre, denke ich mir, hätte man die Sache ja schnell vom Tisch.
Die Politiker also, die ja nur zweierlei Dinge wollen: Wieder gewählt werden und aus mancherlei guten und schlechten Gründen ihren Frieden mit der Wirtschaft haben. Achso: Und sparen wollen sie, am Besten an den anderen. An denen, die eh nix zu sagen haben. An denen, die sich nicht wehren können. Aber immer nur gerade so viel, dass man eben wieder gewählt wird, weil es am Ende so aussieht, als hätte doch jemand etwas richtig gemacht. Das Alles zum Nutz und Frommen der Schwarzen Null. (Was wiederum denen mit Kindern oder eben den Jungen genehm sein dürfte, die keine Lust haben, dermaleinst unsere Altlasten wegzuräumen.)
Und während ich also all diese Dinge denke, wird mir klar, dass ich nicht alle Probleme dieser Welt, nicht einmal dieses Landes lösen kann und sehe, dass ich mich beschränken muss.
Bleiben wir also bei der Silvesternacht.
Nach fast einem Jahr sind die Fakten soweit aufgearbeitet, dass sich folgendes sagen lässt:
Die Polizei hatte die Kölner Domplatte schon im Fokus und hat ihre Einsätze nach den vorjährigen Erfahrungen geplant.
Aber: SO ETWAS gab es noch nie in Deutschland. Damit musste man nicht rechnen. (Beinahe o-Ton Polizei.)
Es war also bis 22.00 Uhr nur eine Fahrzeugstreife dort, von der angesichts der vielfachen Hinweise der Bevölkerung der verzweifelte Ruf in die Zentrale abgesetzte wurde: "Das können wir zwei nicht reißen."
Frauen, die bis dahin angegriffen wurden, schickte man zur nahe gelegenen Polizeiwache, in der man mit dem Aufnehmen der Anzeigen nicht nachkam.
Ab 22.00 Uhr kamen dann die geplanten Hundertschaften, die taten, was man üblicherweise tun würde: Sie räumten die Platte, trieben dabei jedoch die Menschen noch mehr zusammen, was den Tätern ihr Tun sehr erleichterte. Dabei geschahen sowohl tragische, als auch heldenhafte Dinge. Freunde, Bekannte, Pärchen wurden getrennt und die Frauen noch sehr viel leichtere Beute. Mädchengruppen hielten sich aneinander fest und konnten sich all der Hände nicht erwehren, die ihnen sowohl an die Brüste, als auch zwischen die Beine grabschten. Männer standen einer Übermacht von Angreifern gegenüber und konnten ihre Frauen nicht beschützen. Und dann gab es noch die Flüchtlinge, die tatsächlich nur zum Feiern gekommen waren, und eine angegriffene Frau wie eine Mauer umstellten, damit die Angriffe endeten.
300 Polizisten standen ca. 1000 hochaggressiven Gewalttätern gegenüber, die zusammen mit allerhand Feiernden in den Bahnhof getrieben worden waren.
Wer sich diesem Zugriff entziehen konnte, flüchtete auf die Hohenzollernbrücke, über die auch die Züge fahren.
Wegen dieser Gefährdungslage wurde schließlich der Zugverkehr eingestellt, was die Situation am Bahnhof noch verschärfte. Die Menschen drängten sich dort und kamen nicht weg. 80 Minuten lang blieb der Zugverkehr eingestellt.
Eine weitere auf Reserve stehende Hundertschaft hätte bis zum Anrücken ca. 1,5 Stunden gebraucht und die Situation vermutlich auch nicht signifikant verändert.
Im Nachhinein werden Fehler eingeräumt, die der Falscheinschätzung einer bis dahin so noch nicht gekannten Lage geschuldet sind.
Auch der Hinweis der Oberbürgermeisterin auf "eine Armlänge Abstand" darf als eklatante Fehleinschätzung angesehen werden. Nicht die Frauen hatten Nähe gesucht.
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Rainer Wendt, der als Chef der Gewerkschaft der Polizei gute Gründe hat, ein paar Dinge klar zu stellen, tut das in seinem Buch "Deutschland in Gefahr", und zwar auch, aber nicht nur im Hinblick auf die Silvesternacht.
Er legt dar, wie es um die Polizeiarbeit bestellt ist bei stetigen Personaleinsparungen.
Wie frustrierend es ist, wenn die gefassten Straftäter fröhlich lachend und - vor allem frei! - aus den Gerichten kommen.
Und er fragt sich, wie es um einen Staat bestellt ist, dem die "Schwarze Null" mehr bedeutet als seine Sicherheit.
Kurzum: Wendt fordert einen starken Staat, der von seinen juristischen Möglichkeiten vollen Gebrauch macht.
Er fordert die Wiedereröffnung all der geschlossenen Abschiebehaftanstalten und noch allerlei mehr.
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Und ich, die ich volles Verständnis dafür habe, dass - verdammt! - kein Flüchtling es verdient hat, pauschal verurteilt und mit diesen Gewalttätern in einen Topf geschmissen zu werden, ertappe mich beim Hören des Buches, wie ich nicke. Immer wieder. Fast pausenlos.
Auch ich möchte nicht, dass Straftäter, die aus einer gewalttätigen Welt kommen, eine Bewährungsstrafe als Freispruch ansehen. Dass eben diese Gewalttäter denken, sie können, aus dem Gerichtsgebäude kommend, so weitermachen.
Ich wünsche mir, dass die Spreu vom Weizen getrennt wird, wenigstens in Sachen Kriminalität und Integrationsbereitschaft.
Je schneller wir diese Leute, die nie mit dem Wunsch hierher kamen, Teil unserer Gesellschaft zu werden, wieder los sind, umso besser können wir uns auf die anderen konzentrieren, die wirklich unsere Hilfe und unseren Schutz wollen statt unserer Geldbörsen, Handys und Mädchen.
Bin ich jetzt rechts?