Keine Zeit für Conchita oder alles Wurscht?

Die 27 teilnehmenden Nationen am Finale des Eurovision Song Contest hatten ihre Auftritte mehr oder weniger gut absolviert. Das Televoting wurde eingeläutet. Und Martin Grubinger lieferte den musikalisch mit Abstand eindrucksvollsten Act der Veranstaltung, bevor es um die Wurscht ging.

A pro pos Wurscht: Andi Knoll kündigte einen Zib Flash an. Danach sollte wieder in die Wiener Stadthalle zur Entscheidung geschaltet werden. Werbung interessiert mich nicht, irgendwelche eingestreuten Nachrichten noch weniger. Also schaltete ich klugerweise zur ARD. Und siehe da. Da wurde Conchita Wurst angekündigt, die zwei Songs aus ihrem aktuellen Album singt. Unstoppable. Bevor sie zum Singen ansetzte, ein kurzes Zappen zum ORF. Aber da war nix. Nur die ach so wichtige Werbung. Also, wieder zurück zur ARD. Nach den zwei Songs von Conchita betrat dann auch noch der Sieger des Eurovision Youth Contest die Bühne und gab eine bemerkenswerte musikalische Kostprobe zum Besten. Zu dieser Zeit lief im ORF schon wieder Werbung. Kurzum: Der Auftritt von Conchita Wurst wurde von der ARD übertragen, während der ORF Werbegelder einkassierte. Und da stellt sich mir die Frage: Warum? Conchita allein ist es zu verdanken, dass der ORF dieses Spektakel durchführen durfte. Klar, vorab gab es ein Porträt zu sehen und sie trat auch da und dort in Talkshows auf und beim Wettbewerb selbst war sie ein fixer Bestandteil. Doch ausgerechnet, wenn sie zum Singen anhebt, hat der ORF kein Interesse daran, dies zu übertragen.

Es wurden Lobeshymnen für die tolle Organisation angestimmt. Tatsächlich gibt es da nichts zu meckern. Doch einen nicht unbedeutenden Teil der Show Millionen von Fernsehzuschauern vorzuenthalten, ist ein arger Fauxpas. Möglicherweise war sich der ORF also nicht mal bewusst, was er da angestellt hat. Conchita ist mittlerweile zu einem fixen Bestandteil österreichischer Kultur geworden. Sie ist so etwas wie ein Kulturträger und eine Integrationsfigur in einem. Niemandem ist wurscht, was die Wurst sagt. Keine Zeit für Conchita einzuplanen, wenn sie ihren großen Auftritt hat ist so wie die Pausenshow der Superbowl mit Werbung für eingelegte Heringe und Chips zu opfern.

Und was ich noch anmerken möchte: In den wenigen Minuten bei der ARD ist mir sehr positiv aufgefallen, wie respektvoll der Moderator über Conchita gesprochen hat. Da war kein Überschwang, keine überbordende Emotion, kein auf ein Denkmal heben, sondern höchster Respekt. Genau das sollte auch vom ORF erwartet werden können. Wer einer Künstlerin die Austragung des größten Musikwettbewerbes in Europa zu verdanken hat, der sollte nicht ausgerechnet ihren musikalischen Beitrag im Rahmen dieses Wettbewerbsnicht übertragen. Da stimmt etwas nicht, zumindest meinem Eindruck nach.

Die Show selbst hat mir sehr behagt. Es war eine Veranstaltung mit einigen überraschend guten musikalischen Leckerbissen. Die Moderatorinnen haben ihren Job sehr konservativ, aber ohne grobe Schnitzer über die Bühne gebracht. Den makemakes habe ich von vornherein keine Chance auf vordere Plätze gegeben. Der Song ist zu bieder, wirkt ein wenig wie die Dauerschleife in einem Supermarkt. Ich bin davon überzeugt, dass Zoe einen Platz im Mittelfeld hätte erobern können. Immerhin hat Deutschland verdientermaßen auch nicht mehr Zuspruch als Österreich erhalten. Damit relativiert sich der Ärger über verpasste Chancen. Nächstes Jahr in Schweden darf ruhig wieder mehr riskiert werden.

Ach ja, ich liebe den norwegischen Beitrag, der ist so herrlich schräg und einfach beeindruckend. Immerhin Platz 8. Ein Quantum Trost, um es mit James Bond zu sagen.

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