Ich mache die Probe aufs Exempel: Ist der Begriff Feuilleton allein schon abschreckend, sodass mein Artikel nur bedingt gelesen werden will? Oder sind Sie jetzt vielleicht neugierig geworden, weil ich Sie in die Fragestellung einbeziehe?

Das Feuilleton war Ende des 19. und bis weit in das 20. Jahrhundert hinein auch im deutschsprachigen Raum ein durchaus gerne gelesener Teil einer Zeitung oder Zeitschrift. Das zeigen die zahlreichen Reaktionen darauf. Ich habe das Gefühl, dass der Stellenwert des Feuilleton deutlich kleiner geworden ist. Heutzutage wird weitgehend der Populärkultur Aufmerksamkeit geschenkt. Nicht alles, das populär ist, ist automatisch geringwertig. Aber Massentauglichkeit sollte eher kein Gradmesser für Qualität sein.

Der Kulturteil einer Zeitung ist für mich von immenser Bedeutung. Daran mache ich fest, ob ich diese Zeitung grundsätzlich lesen mag oder nicht. Gibt es keinen Kulturteil oder bedient dieser nur die Populärkultur, ist die Sache gegessen. Verdeutlicht der Kulturteil, wie wichtig der Redaktion Literatur, Film, Theater, bildende Kunst und weitere Aspekte künstlerischer Ausprägung sind, dann besteht die große Chance, dass ich Stammleser dieser Zeitung oder Zeitschrift werde. Immerhin gibt es immer noch einige Zeitungen in Österreich, die einmal wöchentlich dem Feuilleton großzügigen Raum geben. Das erhält das Feuilleton am Leben.

Aber wer liest tatsächlich noch das Feuilleton? Es gibt keine Statistiken darüber, die mir bekannt wären. Und wenn es welche gäbe, wären sie ohnehin nicht aussagekräftig. Schließlich wird auf Nachfrage gerne mehr oder weniger gemogelt. Ich kenne nicht sehr viele Menschen, für die das Feuilleton von Bedeutung ist. Und das, obzwar ich einige Menschen mit künstlerischem Antrieb und/oder starkem Interesse für Literatur, Film und bildende Kunst zu meinem Freundeskreis zähle. Die Anregungen, welche feuilletonistische Artikel bieten, sind möglicherweise intuitiven Entscheidungen gewichen, die von wo anders her beeinflusst werden. Das können soziale Netzwerke, Hinweise im Fernsehen oder aber einfach Werbeplakate sein.

Ich lese das Feuilleton nicht deswegen, weil ich unbedingt Anregung bräuchte. Vielmehr bereitet es mir Vergnügen, ein wenig mehr über künstlerische Dimensionen zu erfahren. Und immer wieder kann es im Zuge dessen passieren, dass mich dieses oder jenes so stark anspricht, mich näher damit beschäftigen zu wollen. Meine Bibliothek, meine DVD-Sammlung, meine Musikalben und auch meine nur bedingt erhaltenen Theater- und Konzertkarten sowie Eintrittskarten für Ausstellungen belegen, welchen Einfluss das Feuilleton auf mich genommen hat. Da ist schon einiges darunter, wenngleich ich keine Prozentzahlen angeben mag, das wäre eine zu grobe Schätzung.

Klarerweise gibt es andere Teile einer Zeitung wie Politik, Wirtschaft oder Chronik, die mit weit stärkerem Interesse gelesen werden als das Feuilleton. Das hängt damit zusammen, dass diese Themenbereiche unser Leben mehr oder weniger beeinflussen, wir also in dieser oder jener Weise davon betroffen sind. Das Feuilleton jedoch ist so etwas wie das Sahnehäubchen einer Zeitung. Kunst und Kultur zeigen andere, in einigen Fällen auch tiefgründige Dimensionen des Lebens. Kunst kann das Leben sublimieren, über sich selbst hinausweisen. Ohne die Ausprägung von Kunst und Kultur hätte sich der Mensch nicht weiter entwickeln können, davon bin ich überzeugt. Der technische Fortschritt ist eine Kulturtechnik, die – leider –  auch negative Auswirkungen hat, weil die Gier als Schattenseite des „modernen“ Menschen immer mehr Besitz und Status anstrebt. Das ändert aber nichts an der eigentlichen Ausrichtung.

An Online-Medien lässt sich anhand der Möglichkeit der Klick-Zählung ermessen, welchen Stellenwert das Feuilleton noch hat. Wenn Sie diesen Artikel komplett gelesen haben, dann freut mich das. Denn mir ist nicht nur das Feuilleton ein Anliegen. Ich bin darüber hinaus bemüht, selbst meinen Teil zum Feuilleton beizutragen.

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