Es wird wieder die Sau der sexuellen Belästigung durch die virtuellen Straßen des Internets getrieben. Und es hört und hört nicht auf. Ich muss leider ehrlich sagen, ich finde diese sich entwickelnden Tendenzen in unserer Gesellschaft ziemlich erschreckend, was neben sehr offensichtlichen Fällen unter #metoo ins Internet als sexuelle Belästigung geplaudert wird. Wirklich erschreckend.

Da gab es die Geschichte einer Frau, die mit einem Bekannten/Freund einen gemeinsamen Roadtrip machte. Sie teilten sich ein Hotelzimmer und ein Bett und haben gemeinsam angefangen zu saufen, bis sie meinte, sie hat wohl zuviel gebechert und geht mal jetzt duschen. Was er, der er auch zuviel gesoffen hat, wohl als versteckte Einladung empfunden hat, denn er folgte er in die Dusche. Nun, die Dame meinte das nicht so und hat ihm gesagt er solle sich wieder schleichen, was er getan hat. Und ich mach mir damit keine Freunde, wenn ich ehrlich sage: Nur anhand dessen, was in der geposteten #metoo Nachricht steht, denk ich mir: "Ok, wo ist da jetzt die sexuelle Belästigung?"

Er hat laut dem Text selbst zuviel intus gehabt und hat falsch eingeschätzt, was nun Sache war. Ja, solche Dinge passieren. Aber selbst wenn er das Arschloch ist, als das er offenbar im Internet bekannt ist, hat er sich dann wieder zurückgezogen und weder sie noch sich selbst vor ihr angerührt, noch sie zu überreden versucht oder sonst was. Ich sehe das als ein: "Mann.. Oida... Sauf ned soviel... und versuch nachzudenken, ob die das WIRKLICH wollte. Nein? Dann sauf ned! Geh dich entschuldigen, Scheiße passiert. Weitergehen. Sache erledigt." (Aber dazu weiter unter mehr.) Wenn man schon sehr gehässig sein will, ist das bloß ein Paradebeispiel für Hanlon’s Razor. Damit würde man meinen, wäre die Sache erledigt, aber nein, sie hat sich belästigt und herabgewürdigt und beschämt und sämtliche negativen Gefühle gefühlt und meinte, das jetzt via #metoo, der Welt erzählen zu müssen – und unglaublich viel Zuspruch zu ernten, wie mies sie behandelt wurde.

Ja, ich betreibe hier Relativierung (sprich, ich setze es in Relation zu anderen Dingen, was man eigentlich immer machen sollte bei als absolut bezeichneten Aussagen und schwäche damit ihre Absolutheit ab) - sie hat das als Belästigung empfunden. Offensichtlich, sonst hätte sie sich nicht bemüßigt gefühlt, es ins Internet zu werfen. Aber nicht ein jeder oder eine jede andere sehen das genauso.

Ich habe einen männlichen, wie weiblichen Freundeskreis, in dem sehr offen alle möglichen Dinge angesprochen werden und herumgeblödelt wird, was sehr viel miteinschließt - und das auch von allen Seiten ohne vorherige Absprachen als solches gesehen und gehandhabt wird: Harmloses Herumgeplänkel. Ohne dass sich jemand belästigt, bedrängt, beleidigt oder sonst was fühlt. Und es gibt mittlerweile genug publik gewordene Fälle, in denen der berühmte "Männerwitz" Auslöser der Debatte um Belästigung war. Jetzt kann man natürlich sagen: "Ja, Öffentlichkeit und Freundeskreis ist wieder was anderes." Aber sollte es das sein, wenn wir von dieser Thematik sprechen, der ja eine Allgemeingültigkeit angedichtet wird?

Ich kenne auch weibliche Personen, die eine solche Vorgehensweise als besonders mutig und "Der traut sich wenigstens noch was!" interpretiert hätten und sich dem dann in der Dusche hingegeben hätten. Auch ganz ohne Alkohol. Was ja der nächste Punkt ist. Bei vielen dieser Geschichten, die da aufkommen, ist der Alk ein Mitauslöser, der die betroffenen Frauen dazu brachte, Dinge zu tun, die sie im Nachhinein dann bereut haben und das dann als sexuelle Belästigung oder gar mehr verkaufen wollten. Und dann kommt oftmals das versuchte Totschlagargument: Wenn wer Alk intus hat, ist er nicht zurechnungsfähig. Also ist es egal, was er oder sie macht, Schuld hat prinzipiell der Andere. Das negiert halt leider eine gewisse Eigenverantwortung, die man über sein Handeln hat, auch wenn man sauft und eine gewisse Fremdverantwortung, die man hat, wenn man sich anderen Leuten gegenüber auf bestimmte Weisen verhält. Und zwar nicht nur bei sexuellen Handlungen. Faustregel: Wenn du nicht willst, dass du Scheiße baust, die du im nüchternen Zustand nicht getan hättest und dann bereust - sauf nicht! Siehe oben... Und nur dass bei allen klar ist, was hier gemeint ist: Nicht, wenn ne Freundin sich sturzbesoffen zu dir ausheulen kommt und du dir notgeil denkst, "Höhöhö, die knall ich jetzt durch", nö, sowas wäre einer der "sehr objektiv offensichtlichen Fälle". Eher so Dinge, die in allen Clubs, Discos und sonst wo passieren. Wo tagtäglich sturzbesoffen rudelgebumst wird auf den Scheißheisln oder ähnlich vorstellbare Szenarien. Wir haben alle genug Fantasie. Oder auch gemeinsames Saufen zu zweit als Mann und Frau auf nem Roadtrip in nem gemeinsamen Zimmer. Weil bei Männern und Frauen der Sex in die Freundschaft oder Bekanntschaft funken kann. Das weiß man. Is nicht nur eine Binsenweisheit aus ner 80er Komödie, sondern auch schon in Studien beleuchtet worden. Es ist der Regel- und nicht der Ausnahmefall, dass einer von beiden mal mehr will als der andere, meistens der Mann, aber bei weitem nicht immer. Und für denjenigen, der das dann will, sind solche Szenarien, wie allein auf Roadtrip, Saufen und gemeinsames Zimmer mehr als genug interpretierbare Signale. Und dass dann Alk Hemmungen verschwinden lässt, weiß man auch. Da ist der Fakt, dass er auf einmal hinter ihr in der Dusche auftaucht, nicht mehr so weit hergeholt. Aber diese Tatsachen über zwischenmenschliches Zusammenleben gefallen manchen nicht, und daher liest man solche Szenarien unter #metoo.

Das geht dann soweit, dass es Frauen gibt, die es schon als sexuell belästigend ansehen, wenn ein Mann sie zu lange ansieht - und zwar nicht irgendwie lüstern - sondern einfach nur ansieht. Und ja auch sowas liest man unter #metoo. Und ich muss dann bei solchen Fällen schwer an mich halten, um nicht zu sagen: Sei nicht so unfassbar butthurt und nimm den Stock aus dem Arsch! Dennoch fühlen sich auch solche Frauen ja subjektiv trotz allem unwohl und belästigt. Nur wird es da dann schön langsam kritisch, was ohne Gefahr machbar ist. Ich fühle mich nicht sonderlich wohl, wenn ich mir denke, ich könnte das nächste Mal, wenn ich auf der Straße eine Frau ansehe, ein Knie in die Eier oder eine Anzeige kassieren – Dafür, dass ich eine angesehen habe, die glaubt, jeder will sie ins nächste Eck verzahen und vergewaltigen.

Mir wurde als Mann dank dieser Thematiken und der dauernden Sensibilisierungsbeschallung recht gut eingebläut, lieber fünfmal nachzufragen, ob sie das jetzt auch wirklich will – rummachen, Sex haben, oder irgendwas in der Richtung – bevor ich Gefahr laufe, an eine zu geraten, die das auf einmal als sexuelle Belästigung oder gar Vergewaltigung ausgeben will. Mir wurde diese Haltung als furchtbar großartig bestätigt. Während die, die sich nix scheißen und denken "Was soll schon passieren?" und im Zweifel das Mädel küssen (oder sonstiges) die "Gewinner" sind. Und da passen die Erfahrungswerte nicht zusammen mit dem, was mir #metoo Postings sagen wollen und erschaffen eine gewisse kognitive Dissonanz. Was jetzt? Der Kerl, der die Eier hat, dich ranzunehmen oder der, der lieber noch einmal nachfragt, ob er dich jetzt küssen und anfassen darf? Beides gleichzeitig geht nicht. Hier könnte man jetzt noch Triggerwords wie Friendzone, Pick-Up-Artists und deren Alpha- und Betamänner und dergleichen reinleiern, aber das wäre zuviel des Guten. Dazu ein ander Mal. Jedenfalls gibt es dann Frauen, die darauf antworten: "Ach du weißt nicht mehr, was du darfst und was nicht, weil du Angst hast, dir könnt was passieren? Buhuu! Jetzt weißt du endlich, wie es uns geht, wenn wir Angst haben müssen, wenn wir auf der Straße im kurzen Rock herumgehen und ihr das als Einladung seht." Und das dann mit einer gewissen Häme als ausgleichende Retaliation verkaufen wollen. „Wir waren jahrhundertelang arm, verfolgt und ausgenützt, jetzt ist es nur gerecht, wenn ihr das auch zu spüren kriegt.“ Was natürlich Bullshit ist. Umgekehrtes Tu quoque und so…

Besonders amüsant wird es ja schlussendlich bei denjenigen, die es dann davon abhängig machen, ob ein Verhalten Belästigung oder geil ist, ob der Typ ihnen zu Gesicht steht. So eine bigotte, scheinheilige Doppelmoral... Solange es ernsthaft Frauen gibt, die sich an 50 Shades of Grey aufgeilen und sich fragen, wann sie ihr persönlicher Christian endlich auspeitschen kommen wird und ich denen nonchalant mitteilen muss, dass der Film keine Romanze wäre, wenn der Typ nicht reich, smart und subjektiv sexy wäre, sondern eine Episode von Criminal Minds, solange kann ich nicht alle Geschichten, die so unter #metoo gepostet werden, wirklich vollends ernst nehmen.

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