Warum Bashar al-Assad weiterhin an der Macht ist.

Der syrische Präsident sitzt wieder fest im Sattel. Die Syrische Armee hat weite Teile des Landes wieder unter ihre Kontrolle gebracht, vor allem zu Lasten des IS und kleineren, islamistischen Rebellengruppen. Jedoch hat es Assad nicht nur der militärischen Hilfe Rußlands und des Irans zu verdanken, daß er weiterhin seine Autorität von Damaskus aus ausübt. Auch wenn es vielen im Westen nicht gefällt: Signifikante Teile der syrischen Bevölkerung stehen nachwievor hinter dem Regime.

Ein Faktor sind die religiösen Minderheiten. Assad selbst gehört zur Gruppe der "Alawiten", einer geschlossenen Religionsgemeinschaft, die aus der Schia hervorgegangen ist (auch Nusayrer genannt). Sie stellen ungefähr 10-15% der Syrer und ihr Hauptsiedlungsgebiet ist die syrische Mittelmeerküste mit den Provinzen Latakia und Tartous. Die Alawiten profitierten von der Machtübernahme durch einen der ihrigen, nämlich Hafez al-Assad. Durch ihn gelangten sie in die Schlüsselpositionen des syrischen Staates und sind seitdem überproportional im Sicherheitsapparat vertreten. Da der Aufstand bereits von Anfang an auch islamistische Motive umfaßte, scharte sich die in Existenzangst befindliche Minderheit um das Regime. Genauso taten es die Christen, die zwar keine Schlüsselpositionen bekamen, sich aber auf den Schutz Assads stets verlassen konnten, da sie oft Angst vor irakischen Verhältnissen haben.

Die Drusen, die letzte große Minderheit Syriens, die ca. 5-7% der Bevölkerung ausmachen, stellten sich ebenfalls hinter Assad, wenn auch nicht mit großer Überzeugung. Immer wieder kam es im Zentrum der syrischen Drusen, der Provinz As-Suwayda, zu Protesten und Unmutsbezeugungen gegen Damaskus. Trotzdem unterstützen sie weiter Assad.

Was die Minderheiten allesamt eint ist die Angst und Skepsis gegenüber demokratischen Verhältnissen. Da ca. 70% der Syrer sunnitische Muslime sind, fürchten sie von dieser Mehrheit schier überstimmt zu werden und ins Hintertreffen zu geraten. Der Preis eines Schiefgehen eines Demokratie-Experiments in Syrien ist für die Minderheiten so hoch, daß sie, berechtigterweise, davor zurückschrecken.

Ein weiterer Faktor ist recht simpel aber nichtsdestoweniger schlagend: Assad garantiert ein Mindestmaß an Stabilität. Elizabeth Tsurkov, Journalistin und Mitarbeiterin eines israelischen Think-Tanks, publizierte jüngst einen Bericht aus Syrien. Sie sprach mit vielen Zivilisten, die in den Gebieten unter Herrschaft verschiedener Milizen leben. Tsurkov berichtet über die massive Ablehnung der Rebellen durch die Zivilbevölkerung, selbst von jenen, die Assad ablehnend gegenüberstehen. Vor allem leide die Bevölkerung unter einer Willkürherrschaft, kleptokratischer Verwaltung und Islamismus, ausgeübt durch Gruppierungen wie Ahrar al-Sham, Jabhat al-Nusra oder der, ehemals in Ostghouta herrschenden, Jaysh al-Islam (Armee des Islams).

Repräsentative Zahlen oder Umfrage hat sie natürlich nicht, da solch eine Art der Untersuchung schwer bis unmöglich durchzuführen sind. Ihre Ergebnisse basieren auf hunderten Interviews und Gesprächen, die sie geführt hat. Es wurden zwar in den vergangenen Jahren immer wieder Umfragen zur Zustimmung der Syrer zu Assad publiziert, die ihm sogar die Unterstützung einer Mehrheit der Bevölkerung zusicherten, allerdings ist die Aussagekraft dieser Umfragen aufgrund der Lage eingeschränkt. Zusammen mit verschiedenen Untersuchungen, Berichten und der Faktenlage wird das Bild aber schon klarer: Assad genießt weiterhin große Beliebtheit in Syrien. Zum Beispiel halten sich viele syrische Binnenflüchtlinge in den Gebieten der Regierung auf.

Sowohl diese Stabilität, als auch die marktwirtschaftlichen Reformen Bashars, ließen in den Städten auch eine sunnitische Mittelschicht entstehen, die keine überzeugten Anhänger des Regimes sind, aber auch keine ideologischen Gegner. Für sie ist das althergebrachte System weder perfekt noch vorbildhaft, es ist allerdings eine gewohnte und einigermaßen berechenbare Ordnung.

Der Westen und seine ideologischen Protagonisten müssen zur Kenntnis nehmen, daß die Uhren im Orient anders ticken als hier und nicht jeder vor Freude in die Luft springt, wenn er das Wort "Demokratie" hört. Assad wird der wichtigste Machtfaktor in der Nachkriegsordnung Syriens sein, ob es Merkel, Macron oder "Süddeutschen Zeitung" gefällt oder nicht.

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