Wenn du im Zuchthaus einen Aufruf zur Gefangenenbefreiung offen ausgehängt findest, dann wunderst du dich vielleicht schon

Am 20. Dezember 1983 machte ich einen Besuch in der Justizvollzugsanstalt (vulgo: Gefängnis - vulgissime: Zuchthaus) Straubing. Zur Information für Österreicher und andere Ausländer: Straubing ist das Flaggschiff der bayerischen Justiz, dort sitzen die ganz, ganz bösen Buben ein.

In der gläsernen Kanzel der Pforte hing damals ein Abreißkalender. Einer jener Kalender, welche für jeden Tag des Jahres einen sinnreichen Bibelspruch bereithalten. An diesem Tage also lese ich in der Pforte der JVA Straubing folgenden Spruch des Propheten Jesaja:

"Ich, der Herr, habe dich aus Gerechtigkeit gerufen, ich fasse dich an der Hand. Ich habe dich geschaffen und dazu bestimmt, der Bund für mein Volk und das Licht für die Völker zu sein; blinde Augen zu öffnen, Gefangene aus dem Kerker zu holen und alle, die im Dunkel sitzen, aus ihrer Haft zu befreien." (Jes. 42/6 7)

Öha! denke ich und schlucke. Beschließe dann doch, mich nicht angesprochen zu fühlen und jegliche Gefangenenbefreiung mit Nachdruck zu unterlassen.

Nein, diese Geschichte ist kein Scheiß, den ich mir ausgedacht habe. Diese Geschichte habe ich so und genau so eigenhändig erlebt.

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