Und wieder war ein Kurs in München. Um halb zehn Uhr abends erwische ich in Regensburg noch den 8er-Bus und kann mir dadurch das Taxigeld (16,00 €, immerhin) sparen. Ich habe sogar meinen Lieblingsplatz be­kom­men, schräg rechts hinter dem Busfahrer, von wo aus ich die Straße vor uns überblicken und dem Busfahrer telepathische Anweisungen geben kann. Der Bus kommt an eine Haltestelle, eine ältere Dame (vielleicht so alt wie ich, also schon ziemlich alt und nicht mehr so ganz sicher auf den Beinen) kommt von weiter hinten und will vorne aus dem Bus aussteigen.

Ich habe den Kopfhörer auf den Ohren, höre mir gerade irgendeinen Podcast über irgendein Thema an und kann deshalb den Dialog Dame-Busfahrer nur eingeschränkt verfolgen. Was ich mitbekomme ist, daß der Busfahrer der Dame die Tür nicht öffnet. Er deutet mit dem Finger auf den Platz über der Tür, dorthin wo früher mal stand "Kein Ausstieg", heute nicht mehr. Ich schaue hin und glaube es kaum... in diesem Bus klebt das blaue Schild immer noch. Vorne ist tatsächlich kein Ausstieg und der Busfahrer öffnet die Tür nicht. Die alte Dame muß - relativ μsam - durch den halben Bus zurückgehen und in der Mitte aussteigen.

Jetzt platzt mir der Kragen. "So was Engstirniges!" poltere ich los, "So was Kleingeistig-Spießiges! Prinzipienreiterei!" Und dann kommt die ultimative Beleidigung, die man sich nur ausdenken kann: "So was Deutsches!" Der Witz an der Sache ist nämlich, daß der Busfahrer, ein junger Mensch von vielleicht 30 Jahren, arabischer Herkunft zu sein scheint, und zwar ein Bilderbucharaber wie aus den Kara-Ben-Nemsi-Geschichten von Karl May.

Ob nicht, so frage ich mich, unser Bestreben, Ausländer in unsere Leitkultur zu integrieren, fehlgeleiteter Ehrgeiz ist? Irgendwann haben wir dann nämlich aus Arabern Deutsche gemacht und dann haben wir den Salat. Und aus dem durchaus bedenkenswerten Konzept der Umvolkung wird dann natürlich erst recht nichts.

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