Damals, als wir noch jung und die Kinder klein waren, waren wir in der Bar Mosè in Scario an der Cilento-Küste. Dort hatten sie ein reiches Angebot an Eis (sie haben es wohl immer noch, denke ich doch), unter anderem "Gelato al porno". Ich monierte dies mit strenger Miene und tat angesichts der anwesenden Kinder so, als könnte ich mir unter Gelato al porno nichts vorstellen. Meine Frau meinte schnippisch - wie es Frauenart ist - ich sollte mir dieses Gelato einfach bestellen, dann wüßte ich mehr. Angesichts der anwesenden minderjährigen Kinder sah ich davon ab, was ein Fehler war. Noch heute quälen mich nächtliche Phantasien von zu gigantischen φαλλόί (phallói) getürmten Eiskugeln oder... Ich kann es nicht hinschreiben, es ist zu gräßlich.

Die Sachlage ist inzwischen eher verschärft denn gelindert. Als verantwortungsvoller Mensch kannst du heutigentags keine Kinder mehr in eine Bäckerei lassen.

How also ever: Mir wurde zugetragen, es sei heutzutage Brauch, seine Mahlzeit zu photographieren (1) und anschließend ins Internet zu stellen (2), was man dann Foodporn nenne.

Neulich wollte ich es den Großen Foodpornern gleichtun und ebenfalls 1 Mahlzeit ins Internet stellen. Spiegeleier mit Kartoffelpüree (3) und Spinat, das sollte es sein, eins meiner Lieblingsgerichte.

Aber, wie es manchmal so ist, das Ei samt Spinat und Kartoffelpüree ist williger als das Fleisch. Das Mahl war bereitet, aber noch ehe ich den Photoapparat richtig eingestellt hatte, war die Köstlichkeit bereits aufgegessen. It's the gear, it's the very gear! Gier, sabber, lechz!

Ich krieg es 1fach nicht hin. Damit's nicht ganz umsonst war stelle ich hiermit das Stilleben "Teller mit Resten von Eigelb, Spinat und Kartoffelpüree" ein, zur gefälligen Betrachtung im Internet.

Apropos "Stilleben": Infolge meiner Resch-Ärschen im Internet bin ich draufgekommen, daß auch in früheren Jahrhunderten schon Foodporner ihre Mahlzeiten abgebildet und zur allgemeinen Betrachtung freigegeben haben.

Hier etwa hat der Straubinger Malermeister Jacob van Hulsdonck sein "Frühstück mit Fisch, Schinken und Kirschen" festgehalten.

Und der Österreicher Giuseppe Arcimboldo (4) hat anno Seinerzeit ein Topferl Gemüse, das ihm seine Frau auf dem Markt von Prag oder wo gekauft hatte, gemalt.

Viele Jahrhunderte später erst hat ein Forscher-Team der Università Federico II. in Napoli (5) das Bild auf den Kopf gestellt und erstaunt herausgefunden, daß es sich in Wirklichkeit um das Porträt eines Vegetariers handelt.

--------------------------------

(1) Jeder Narr kann heutzutage mit seinem Smartphone photographieren und jeder, wirklich jeder Narr tut es.

(2) Jeder Narr kann heutzutage jeden Scheisendreck ins Internet stellen und fast jeder Narr tut es. Früher, als ich noch klein und die Welt noch in Ordnung war, mußten wir mit dem Gänsekiel Buchstaben und Graphiken ins Pergament meißeln, um uns im Klosternetz bemerkbar zu machen. Das hat viele Monate gedauert, bis so ein Posting fertig war und anschließend bekamen wir einen Rüffel vom Vater Abt, weil wir die uns von GOtt geschenkte Zeit nicht sinnvoller genützt hätten. Einerseits. Andererseits wüßte die Welt ohne unsere Trödeleien bis heute nicht, daß es jenseits von Calais eine Insel namens Engelland gibt. Andererseits gibt es Gelehrte die meinen, das Nichtwissen um Engelland wäre das Beste gewesen, was uns je hätte passieren können, wenn es uns denn passiert wäre.

(3) Nur Flockenpüree nehmen, Loitz, hausgemachte Stampfkartoffeln kriegst du nie - mals so zart und flockig hin wie Pfanni-Dingsbums und dergleichen.

(4) Arcimboldo wurde 1526, vielleicht auch erst 1527 in Mailand geboren. 1525 war Mailand habsburgisch geworden und blieb dies jahrhundertelang, bis 1866 ein gewisser Giuseppe Garibaldi erst den Schnellkochtopf und wenig später Italien erfunden hat.

(5) Die Langobarden - Langbärte, Lombardei, eh schon wissen - waren seinerzeit bis ins heutige Kampanien vorgedrungen. Rocca Cilento, 150 km südlich von Neapel gelegen, ist die südlichste, nachgewiesen langobardische Siedlung. Den Einwohnern des Cilento sieht man es heute noch an, daß ihre Vorfahren Niederbayern waren.

1
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

rahab

rahab bewertete diesen Eintrag 03.06.2018 20:29:16

2 Kommentare

Mehr von Theodor Rieh