Ethik Rating Agentur: alle Macht den Konsumenten !

Wenn heutzutage von “Ratingagentur“ die Rede ist, ist meistens eine solche Agentur gemeint, welche die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und auch ganzen Volkswirtschaften bewertet. Doch durch welche Kriterien zeichnet sich diese „Wettbewerbsfähigkeit“ im Falle von Volkswirtschaften aus? An welchem Wettbewerb nehmen wir, die Völker der Erde da teil, und bei wem bewerben wir uns?

Wir werben um finanzielle Investitionen und Kredite bei den „Märkten“ (gemeint sind die Finanzmärkte) sowie um das Geld von Kunden, welche die von uns geschaffenen Produkte konsumieren sollen. Ginge es bloß darum, möglichst gut von unserer eigenen Arbeit Ertrag zu leben, bräuchten wir mit niemandem in Wettbewerb stehen. Wir könnten unseren eigenen Wohlstand genießen, und bräuchten von niemand anderem dessen Produktivität als Konkurrenz oder gar Bedrohung sehen.

Tatsächlich geht es aber im internationalen wirtschaftlichen Wettbewerb darum, wie sicher und mit welcher Rendite Investoren Ihr Kapital dort veranlagen können, bzw. wie gut sich Profit aus den natürlichen Ressourcen und der Arbeit der Menschen generieren lässt. Wir sollten dafür generell einmal ein hohes Potenzial an Ressourcen, Humankapital, und Produktivität aufweisen – also metaphorisch einen großen Kuchen backen. Zusätzlich aber sollen wir auch den Investoren ein möglichst großes Stück dieses Kuchens abgeben.

Hier gibt es folgende Faktoren, welche Investoren hohe und/oder sichere Renditen erhoffen lassen, bzw. die alleine schon aufgrund der erwarteten Reaktion der „Märkte“ die Kurse in die Höhe treiben:

Niedriges Lohnniveau, Lohnkürzungen, wenig Arbeitnehmerrechte, keine Gewerkschaften, eingeschränktes Streikrecht, kein Kündigungsschutz

Freisetzung von Arbeitskräften

Niedrige bis keine Besteuerung von Kapitalerträgen

Wenig Reglementierung von Industrie und Finanzwirtschaft

Wenig Auflagen für Umweltschutz

Gering ausgeprägtes Sozialsystem,

Privatisierung von Volkseigentum

Wenig Sozialleistungen , dafür Einsparungen im Budget

Wachstum

Fusionen und Aufkäufe von Unternehmen ( je Größer desto besser)

Es lässt sich nun im Einzelfall darüber streiten, inwieweit diese Dinge auch gesamtvolkswirtschaftlich sinnvoll sin. Die wesentlichere Frage ist allerdings, wofür Politiker sich so bemühen das Vertrauen „der Märkte“ zu gewinnen?

Wir, (also, die Staaten, Völker, und Unternehmen) sehen uns gezwungen, unsere Produktivität zu erhöhen bzw. den Investoren möglichst gesichert einen beträchtlichen Anteil unserer natürlichen Reichtümer und Arbeitsleitungen als Profit zukommen zu lassen, damit diese im Gegenzug uns ein Gut zukommen lassen, das für uns knapp ist: GELD

Unsere Politik scheint diesen „Märkten“ und dem Urteil der Ratingagenturen ziemlich machtlos gegenüber .

Daher möchte ich nun gerne einen Vorschlag machen, wie auch wir Bürger durch ein eigenes Ratingsystem die Macht hätten, unsere Interessen wahr zu nehmen.

Hierbei möchte ich zuerst einem unter Marktwirtschaftsfetischisten weitverbreiteten Dogma widersprechen:

Die „Unsichtbare Hand des Marktes“ sorgt in der Praxis leider nur recht selten dafür, dass Arbeit und Ressourcen dorthin gehen, wo sie den größten gesellschaftlichen Nutzen stiften, sondern eine Investition geht meistens dorthin, wo sie am meisten Profit verspricht.

Anders wäre es kaum erklärbar, dass z.B. Waffenhandel und Drogenhandel äußerst profitabel sind, das Aufziehen von Kindern (Kinder sind ja das wichtigste Kapital für die Zukunft) oder Tätigkeiten für den Umweltschutz hingegen unterbezahlt bis ehrenamtlich erfolgen müssen.

Wie können wir also Großkonzerne und Investoren zu ethisch und gesellschaftlich verantwortlichem Handeln bewegen?

Über die Politik haben wir leider immer weniger Möglichkeiten der Gestaltung, denn Lobbyisten und finanzielle Zwänge haben weit mehr Einfluss auf Politiker als die Interessen derer Wähler.

Wahlfreiheit und Macht hat der Bürger hingegen vor allem als Konsument. Indem wir selbst entscheiden, was wir kaufen, können wir ethisch verantwortungsbewusst handelnde Unternehmen belohnen und andere durch Konsumverweigerung bestrafen. Doch leider sind die meisten Bürger beim Konsum nicht ausreichend informiert bzw. machen sich nicht die Mühe einer genauen Recherche, wodurch meistens nur in Hinblick auf den günstigsten Preis gekauft wird. Daher wäre es sinnvoll eine neutrale staatliche Rating Agentur ins Leben zu rufen mit dem Ziel sämtliche relevanten Produkte und Dienstleistungen zu überprüfen, und diese Produkte dann entsprechend zu kennzeichnen.

Als Prüfkriterien schlage ich folgende vor:

.    Energie und Ressourcenverbrauch bei der Herstellung, Transport und im Betrieb

.    Müllaufkommen durch Verpackungsmaterial bzw. Entsorgung nach Lebensdauer des Produkts

.    Eventuell auftretende Kontaminierungen bei Herstellung und Entsorgung

.    Faire Entlohnung und Arbeitsbedingungen bei Produktion bzw. Durchführung der Dienstleistung (Kinderarbeit?)

.    Artgerechte Tierhaltung, Tierquälerei, Tierversuche

.    Produktion im Einklang mit der Natur, Rodung von Waldflächen für Monokulturen

.    Gesundheitliche Auswirkungen bei Anwendung: also z.B. gesunde oder weniger gesunde Lebensmittel

.    Angemessene oder überzogene Vorstandsgehälter

.    Involvierung in Krieg ( Investitionen in Waffengeschäfte) und Diktaturen

.    Steuerhinterziehung bzw. Auslagerung der Firmengewinne in Steueroasen

.    Sonstiges soziales und kulturelles Engagement und Sponsoring von Unternehmen

Ein paar einfache Grundinformationen sollten dabei gleich auf der Verpackung angebracht werden, genauere Informationen könnten via Internet abgerufen werden.

So könnte zwar aufgrund des gesetzlich garantierten freien Güterverkehrs innerhalb der EU nicht verhindert werden, dass z.B. Schweinefleisch aus Kastenstallhaltung in unseren Regalen landet, aber man könnte hier nach dem Vorbild der Zigarettenpackungen vorgehen mit deutlicher Kennzeichnungspflicht auf der Verpackung. Statt einem Logo mit fröhlichem Schwein auf der grünen Almwiese müsste in diesem Beispielfall dann ein realistisches Schwein aus einem Massenbetrieb, im engen Kastenstall und in den eigenen Exkrementen liegend, dargestellt werden.

Schokolade könnte z.B. den Hinweis auf der Packung haben, dass Kinderarbeit bei der Kakaoernte nicht ausgeschlossen werden kann, oder gar nachweislich gegeben ist. Auch Restaurants hätten die Möglichkeit auf der Speisekarte die Herkunft der Lebensmittel zu kennzeichnen bzw. würden die Kunden dann zunehmend eine solche Kennzeichnung erwarten.

Wenn den Kunden diese Informationen leicht und deutlich zugänglich gemacht werden, würden viele bestimmt nicht nur nach dem Kriterium des Preises entscheiden. Es wäre dabei wünschenswert, wenn Konsumenten über Vernetzung in Foren sich zu akkordierten Aktionen zusammenschließen.

Angenommen ein Bankenvorstand genehmigt sich einen besonders unverschämt hohen Bonus, so könnten Kunden dieser Bank gezielt ihr Geld in bar abheben, und bei anderen Banken einzahlen. Wenn selbst bloß ein paar wenige Prozent der Kunden dies täten, wäre die Bank in ernsthaften Schwierigkeiten, da sie nur einen äußerst kleinenTeil aller Einlagen überhaupt durch Bargeld gedeckt hat. Wenn also der betreffende Vorstand aus Angst vor einem Banken-Run einlenkt, könnte man sich in weiterer Folge gezielt die nächste Bank vornehmen.

Wenn nun die Konsumenten informiert, organisiert und vereint aktiv sind, könnten sie somit auf ethischer Grundlage die wirtschaftlichen Vorgänge auf der Welt quasi demokratisch mit entscheiden und beeinflussen.

„Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will“ – dieser Sinnspruch für Gewerkschaft und Streikrecht ist heutzutage recht zahnlos geworden, weil die Arbeit weniger wird, und das internationale Angebot an austauschbaren Arbeitskräften so hoch wie noch nie. Daher ist es wichtig die Organisation der Arbeitenden, durch die Organisation der Konsumenten zu ergänzen.

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Herbert Erregger

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Bernhard Juranek

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fischundfleisch

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